Am ersten Oktober ist das Anti-Gesichtsverhüllungsgesetz, kurz AGesVH, in Österreich in Kraft getreten. Wer in der Öffentlichkeit seine Gesichtszüge verhüllt, muss mit einer saftigen Geldstrafe von 150 Euro rechnen. Es kann aber auch zur Festnahme kommen.
Das neue Gesetz ist zwar verfassungskonform, die Umsetzung gestaltet sich aber, wie die folgenden fünf Fälle zeigen, etwas schwierig. Es scheint, als herrsche auch bei der Polizei Ratlosigkeit, wie strikt das Gesetz denn nun umzusetzen sei.
Vergangenen Samstag kam es in der Wiener Innenstadt zum ersten Polizeieinsatz aufgrund des Verhüllungsgesetzes. Grund dafür: ein als weisser Hai verkleideter Mann.
Als die Behörden den Mann, verkleidet als Hai-Maskottchen, vor dem neu eröffneten Elektroladen McShark erspähten, forderten sie ihn auf, sofort seine Maske abzunehmen. Sonst müsse er mit einer Festnahme rechnen.
Der Angestellte weigerte sich. Er mache hier nur seinen Job, entgegnete er dem Polizisten. Schlussendlich lenkte er aber doch ein und nahm seine Maske ab. Zu spät, wie sich herausstellte. Der Angestellte kassierte eine Anzeige, weil er sich zuerst dem Polizisten widersetzte.
Nicht nur Männer, deren Köpfe in plüschigen Hai-Masken stecken, müssen mit einer Abmahnung rechnen. Das Verhüllungs-Verbot trifft auch jene, die sich nur vor der Kälte schützen wollen.
So wurde eine Radfahrerin, die ihr Gesicht mit einem Schal vor dem eisigen Fahrtwind bewahren wollte, von der Polizei abgemahnt. Sich derart vor der Kälte zu schützen, sei wohl erst bei «Frost und Minusgraden erlaubt», sagte ein Polizeisprecher gegenüber dem Standard.
Ski- und Motorradfahrer dürfen aber aufatmen. Sie werden nicht abgemahnt. Denn wer Sport treibt, darf laut Polizei Kopf und Gesicht schützen.
Neben konservativ-islamischen Gesichtsschleiern dürfen auch keine Staubschutzmasken, Sturmhauben oder Clownmasken getragen werden. Ausser sie sind beruflich bedingt.
So hatten einige als Clowns verkleidete Demonstranten wenig zu lachen. Sie demonstrierten zwar gegen das Verhüllungsverbot. Wurden aber dennoch von der Polizei angezeigt.
Pferde-Zieharmoniker wurden belehrt und müssen ohne ihre Masken spielen. OIDA pic.twitter.com/DaBEUfaxLk
— Florian Boschek (@FBoschek) 4. Oktober 2017
Auch Musikanten in Wien ging es an den Kragen. Drei mit Pferdemasken verkleidete Musiker wurden vergangenen Mittwochabend von der Polizei auf das Verhüllungsverbot aufmerksam gemacht. Sie gehören seit Jahren zum fixen Bestandteil der Wiener Strassenmusik-Szene.
Zwar erhielten die Musiker weder Busse noch Anzeige. Der Spass am Musizieren dürfte ihnen aber ziemlich sicher vergangen sein.
Wieso die Polizei die Musiker überhaupt ansprach, ist unklar. Denn eigentlich ist eine «Verhüllung im Rahmen künstlerischer Veranstaltungen» erlaubt.
Unter künstlerische Darstellung fällt auch Tommy, das Maskottchen der österreichischen Polizei. Zum Glück – sonst müssten sich die Behörden nämlich selbst büssen.
Bei öffentlichen Veranstaltungen schlüpft jeweils ein Polizist in das Kostüm eines riesigen Plüschbären und spielt den Schülerlotsen, um Kinder auf die Gefahren des Verkehrs aufmerksam zu machen. Laut dem Sprecher der Polizei, David Furtner, wird es Tommy aber noch weiterhin geben. «Tommy fällt unter den Ausnahmefall künstlerische Darstellung», so Furtner.
Grosse Aufregung gab es in Österreich auch wegen dem 31. Oktober. Dann ist Halloween – und viele fürchten sich vor Bussen, wenn sie als Hexe verkleidet auf die Strasse gehen. Das österreichische Innenministerium gab aber Entwarnung. Man werde die Verhältnismässigkeit walten lassen und die Polizei werde das Gesetz sehr weit auslegen, hiess es.