Bei den massiven Protesten an der Grenze des Gazastreifens zu Israel sind nach palästinensischen Angaben neun Menschen getötet und 1354 weitere verletzt worden.
Ein Sprecher der Gesundheitsbehörde in Gaza teilte am Samstag weiter mit, unter den Toten vom Vortag seien auch ein palästinensischer Journalist und ein 16-Jähriger. 491 Menschen hätten Schussverletzungen erlitten.
Die Opferzahlen seit Karfreitag:
Unter grosser Anteilnahme wurde am Samstag der palästinensische Journalist Jassir Murtadscha in Gaza beigesetzt. Der 30-Jährige war am Freitag bei Filmaufnahmen der Proteste nahe der Grenze zu Israel erschossen worden.
Der Geschäftsführer der Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) twitterte am Samstag, es sei schwer vorstellbar, wie ein palästinensischer Journalist, der die Gaza-Proteste gefilmt und eine Schutzweste mit der Aufschrift «Press» (Presse) getragen habe, eine drohende Lebensgefahr darstellt, die erfordert habe, dass israelische Scharfschützen ihn töten.
Nach Angaben der israelischen Armee beteiligten sich am Freitag rund 20'000 Palästinenser an den Protesten und Ausschreitungen entlang der Grenze. Sie zündeten an vielen Orten Autoreifen an, um eine «Rauchwand» zu schaffen. Es habe zahlreiche Versuche gegeben, im Schutz der Rauchschwaden den Grenzzaun zu beschädigen und Sprengsätze zu legen, teilte die Armee mit.
Die im Gazastreifen herrschende radikal-islamische Hamas hatte vor einer Woche den «Marsch der Rückkehr» gestartet, insgesamt sollen die Proteste sechs Wochen lang andauern. Anlass der massiven Palästinenser-Proteste ist der 70. Jahrestag der Gründung Israels.
Die Palästinenser sehen die Staatsgründung als Katastrophe an, weil 1948 Hunderttausende Palästinenser fliehen mussten oder vertrieben wurden. Sie pochen auf ein «Recht auf Rückkehr». Israel lehnt dies ab.
Israelische Soldaten schossen nach Angaben der Armee gezielt auf Palästinenser, die versuchten, den Grenzzaun zu beschädigen. Viele der Getöteten waren nach israelischen Angaben militante Palästinenser. Israel will ein Vordringen von Menschenmassen auf sein Gebiet um jeden Preis verhindern, unter anderem, weil es Anschläge in Ortschaften an der Gaza-Grenze befürchtet.
Ein Sprecher der israelischen Armee sagte, Scharfschützen seien angewiesen, im Notfall auf die Beine von Aktivisten zu schiessen, die den Grenzzaun attackierten. Es habe auch Fälle gegeben, bei denen auf Aktivisten geschossen worden sei, die andere massiv zur Gewalt angestiftet hätten, sagte Jonathan Conricus. Es werde jedoch nicht gezielt geschossen, um zu töten, betonte er. «Jeder Tote dient den Zielen der Hamas.»
Wie die palästinensische Gesundheitsbehörde in Gaza weiter mitteilte, sind bei den Protesten am Freitag auch Frauen und Kinder verletzt worden. Viele Menschen klagten über die Folgen von Schussverletzungen sowie Beschwerden nach dem Einsatz von Tränengas. Auch unter den Verletzten sollen palästinensische Journalisten sein.
Der Gazastreifen mit seinen rund zwei Millionen Einwohnern gehört zu den ärmsten Gebieten weltweit. Nach Angaben der Weltbank lag die Arbeitslosigkeit Ende 2017 bei 44 Prozent. Der Unternehmerverband in Gaza spricht von 46 Prozent. Ausserdem würden rund zwei Drittel (65 Prozent) der Bewohner als arm gelten.
Menschenrechtsorganisationen haben immer wieder gewarnt, die Lebensbedingungen im seit mehr als einem Jahrzehnt blockierten Gazastreifen seien unerträglich. Unter anderem sind auch sauberes Trinkwasser und Strom knapp.
Die Hamas wird von den USA, der EU und Israel als Terrororganisation eingestuft. Sie bestreitet das Existenzrecht Israels und fordert die gewaltsame Errichtung eines islamischen Palästinas vom Mittelmeer bis zum Jordan. (sda/afp/dpa)