Es ist still geworden um Silvio Berlusconi. Die Zeit der wilden Bunga-Bunga-Partys mit blutjungen Callgirls, die prunkvollen Diners mit Hauptakteuren der internationalen Politik und die Privilegien als Ministerpräsident sind vorbei. Der Medienkönig, der 20 Jahre lang Italiens politische Szene prägte, kämpft nach einer Herzoperation mit Gesundheitsproblemen. Am Donnerstag wird Berlusconi 80 Jahre alt.
Seinen runden Geburtstag feiert Berlusconi in gedämpfter Atmosphäre im Kreise seiner Grossfamilie. In seiner Luxusresidenz unweit von Mailand scharen sich seine fünf Kinder und neun Enkelkinder um ihn, sowie die 31-jährige Freundin Francesca Pascale, die den TV-Patriarchen fürsorglich betreut.
Seit dem Ende seiner politischen Laufbahn 2013 kümmert sich Berlusconi kaum noch um seine konservative Partei Forza Italia, die eine Talfahrt ohnegleichen erlebt. Der angeschlagene Industriekapitän beschäftigt sich mehr mit Pascales weissem Malteser-Terrier Dudu als mit politischen Strategien zum Neustart seiner Partei.
Der langlebigste und umstrittenste italienische Politiker der Nachkriegszeit war zwei Jahrzehnte der unangefochtene Protagonist der italienischen Politik. Seit den siebziger Jahren monopolisierte er mit seinem TV- und Verlagsimperium die Medienlandschaft Italiens.
Doch die goldenen Zeiten liegen für Berlusconi schon eine ganze Weile zurück. Vom strahlenden Milliardär, der 1994 als «Retter der Nation» Italiens politische Arena betreten und sie wie kein anderer aufgewirbelt hatte, ist wenig übrig geblieben.
Seit seinem Ausschluss aus dem Parlament im November 2013 infolge seiner rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerbetrugs hat sich Berlusconi in seine Residenz zurückgezogen. Seine Partei Forza Italia dümpelt dahin und musste auch bei den letzten Kommunalwahlen im Juni klare Stimmenverluste hinnehmen.
Das Wirtschaftsimperium Berlusconis hat die Krisenjahre in Italien schmerzhaft zu spüren bekommen. Selbst das Sportgeschäft läuft nicht mehr. Der fussballversessene Berlusconi musste sich vor wenigen Wochen von seinem Klub AC Milan trennen, den er 30 Jahre lang geführt hatte. Neuer Eigentümer ist ein chinesisches Konsortium.
Der 1936 in Mailand als Sohn eines Bankangestellten geborene Berlusconi begann seine Laufbahn als Staubsaugervertreter und Conferencier auf Kreuzfahrtschiffen. Im Jahr 1961 stieg er in die Baubranche ein. Er erwarb mit teils undurchsichtigen Bankkrediten in der Peripherie der expandierenden lombardischen Wirtschaftsmetropole Grundstücke, auf denen er Wohnsiedlungen und in der Folgezeit ganze Stadtviertel errichtete.
Parallel dazu wurde Berlusconi in den 70er-Jahren in der Medienbranche aktiv. Nach und nach baute er sich ein Netz von privaten TV-Sendern auf, das bald mit Abstand zum grössten seiner Art in Europa wurde.
Im Herbst 1993 begann der TV-Magnat schliesslich seine politische Karriere mit der Gründung der konservativen Partei Forza Italia. Der Begriff stammt – bei Berlusconi kaum anders zu erwarten – aus dem Fussballjargon und bedeutet sinngemäss «Hopp auf Italien».
1994 gewann er die Parlaments- und Europawahlen an der Spitze einer Mitte-Rechts-Allianz. Zwischen 1994 und 2011 führte Berlusconi drei Regierungen. Als einzigem Ministerpräsidenten in der republikanischen Geschichte des politisch instabilen Italiens ist es Berlusconi gelungen, während einer ganzen fünfjährigen Legislaturperiode fest im Sattel zu bleiben.
Justizfragen überschatteten Berlusconis politische Karriere seit seinem Einstieg in die Politik. 2013 wurde er wegen Steuerbetrugs zu vier Jahren Haft verurteilt. Daraufhin musste er aus dem Parlament ausscheiden. Die Strafe wurde wegen einer Amnestie auf ein Jahr reduziert. Aufgrund seines hohen Alters leistete Berlusconi zehn Monate Sozialdienst in einem Altersheim als alternative Strafe zur Haft.
Am Ende eines langwierigen Verfahrens wurde der TV-Tycoon im vergangenen Jahr in letzter Instanz von den Vorwürfen der Förderung von Prostitution Minderjähriger und des Amtsmissbrauchs freigesprochen. Allerdings erhärtete sich später der Verdacht, dass er dem marokkanischen Callgirl Ruby ein Schweigegeld in Höhe von sieben Millionen Euro gezahlt hatte. Ein Prozess läuft gegen Berlusconi noch wegen des Verdachts der Bestechung eines Senators.
Auch privat hat Berlusconi hart zu kämpfen. Die Unterhaltszahlungen in Höhe von 1,4 Millionen Euro, die er seiner ehemaligen Frau Veronica Lario monatlich zahlen muss, sind auch für den reichen Medienmogul zu hoch.
Der Grossunternehmen zieht daher vor Italiens Oberstes Gericht. Der Unterhalt für die 59-Jährige Lario sei «abnorm» und wesentlich höher als sein Einkommen, schimpfte Berlusconi. (sda/apa)