Nach der UNO-Konferenz in Marrakesch sehen Umweltschützer und Politiker den Kampf gegen die Erderwärmung auf einem guten Weg. «Die Bedrohung durch den Klimawandel ist echt – aber unsere Antwort auf die Bedrohung ist es auch», sagte UNO-Klimachefin Patricia Espinosa.
«Lasst uns am Montag wieder mit der Arbeit beginnen! Es ist wirklich viel zu tun», rief die Mexikanerin bei der Abschlusssitzung am frühen Samstagmorgen die Delegierten auf. Die Konferenz in Marokko war die erste, auf der fast 200 Länder an der Umsetzung des historischen Klimapakts arbeiteten, auf den sie sich vor einem Jahr in Paris geeinigt hatten. Das Ziel, die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad zu begrenzen, muss nun ausbuchstabiert werden.
Wie viele Klimatreffen ging auch die Konferenz in Marokko erst mit mehrstündiger Verspätung ihrem Ende am frühen Samstagmorgen entgegen, weil bis zuletzt noch um Details gerungen wurde. «Man hätte sich bestimmt drei bis vier Stunden sparen können», merkte die deutsche Umweltministerin Barbara Hendricks an.
«Das vorgelegte Tempo war langsam», hielt auch das Bundesamt für Umwelt (BAFU) in einer Mitteilung zum Abschluss der Konferenz fest. Die Schweizer Delegation zog eine zwiespältige Bilanz. Bei den Verhandlungen in Marrakesch sollte unter anderem ein Regelwerk aufgegleist werden, mit dem Fortschritte einzelner Länder im Bereich der Klimapolitik gemessen und überprüft werden können. Doch nicht alle Länder würden dieselben Prioritäten verfolgen. Das gelte sowohl für die Ziele in den einzelnen Bereichen als auch für die Geschwindigkeit der Lösungsfindung.
Bereits zuvor hatte die Delegation bedauert, dass Länder wie China, Indien und Saudi-Arabien versuchten, bei der Reduktion von Treibhausgasen wieder wie vor der Pariser Konferenz an unterschiedlichen Verpflichtungen der Industrie- und der Entwicklungs- beziehungsweise Schwellenländern festzuhalten.
Die Schweizer Delegation listet auch Teilerfolge auf. So seien die nächsten Schritte der Verhandlungsstränge aufgegleist. 2018 sollen die Verhandlungen zum Regelwerk «Paris Rules Books» abgeschlossen sein. Positiv sei zudem die «Roadmap» der Geberländer, die ab 2020 jährlich 100 Mrd. Dollar zur Unterstützung der Klimapolitik in den Entwicklungsländern bereitstellen wollen. Schliesslich würdigte die Delegation den «Climat Action Day», der «das grosse Engagement nichtstaatlicher Akteure» sichtbar mache.
Positives wussten auch andere Beobachter zu berichten. «In den vergangenen beiden Wochen gab es eine neue Entschlossenheit, das Abkommen von Paris umzusetzen», erklärte Greenpeace-Chefin Jennifer Morgan. Die Staaten seien während der Verhandlungen zusammengerückt, bilanzierte Regine Günther vom WWF. Dass bereits 111 Länder das Paris-Abkommen ratifiziert hätten, zeige, dass es ernst genommen werde.
Christoph Bals von Germanwatch erklärte, der Klimaschutz nehme international weiter Fahrt auf – «auch nach der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten.» Mit Trump zieht bald jemand ins Weisse Haus ein, der nicht an den vom Menschen verursachten Treibhauseffekt glaubt und die Klimaschutzpolitik seines Vorgängers Barack Obama kassieren will.
Der künftige US-Präsident müsse seine Überzeugung aufgeben, dass der Treibhauseffekt ein «Jux» sei, verlangte der Regierungschef der Fidschi-Inseln, die im kommenden Jahr die Präsidentschaft der Konferenz übernehmen. Frank Bainimarama lud Trump zu sich ein. Im Südpazifik könne er sich ein eigenes Bild machen. Manche Inselgruppen drohen wegen steigender Meeresspiegel zu versinken.
Doch auch wenn die Zeit drängt im Kampf gegen den Klimawandel, die konkrete Ausarbeitung der in Paris vereinbarten Ziele will Weile haben. «Enttäuschend ist, dass sich die reichen Länder bis zuletzt dagegen gewehrt haben, die finanzielle Unterstützung für die armen Länder im Kampf gegen den Klimawandel stärker anzuheben», sagte Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig.
In einem Jahr treffen die Unterhändler und Politiker sich in Deutschland: Bonn als Sitz des UNO-Klimasekretariats ist Gastgeber, weil Fidschi die Konferenz nicht ausrichten kann.
«Handeln» steht auf grossen Bannern in Marokko rund um das Gelände der Weltklimakonferenz. Anders als vor einem Jahr in Paris musste diesmal kein Abkommen ausgehandelt werden, sondern seine Umsetzung. Die wichtigsten Ergebnisse:
48 Länder, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, wollen «so schnell wie möglich» komplett auf erneuerbare Energien setzen – bis spätestens 2050. Sie bekennen sich noch mal ausdrücklich zu dem Ziel, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Es ist im Pariser Abkommen auch erwähnt, gilt aber als schwer erreichbar.
Ein Partnerschaftsprogramm bringt Länder, die im Klimaschutz noch kaum oder keine Erfahrung haben, mit anderen zusammen. Dafür gibt es ein kleines Büro in Washington. Etwa 150 Länder hätten noch nie einen Klimaschutzplan erstellt. Die Partnerschaft ist eine Initiative aus Deutschland, in Marrakesch fiel der Startschuss.
Deutschland hat den Klimaschutzplan 2050 gerade so zur Konferenz fertig bekommen. Auch andere Länder sind schon soweit, zum Beispiel die USA, Kanada und Mexiko. Diese langfristigen Pläne bewerten Klimadiplomaten als sehr wichtig. Eine neue Plattform soll dem Erfahrungsaustausch und der gegenseitigen Motivation dienen. Auch Unternehmen oder Städte können und sollen mitmachen.
Die Konferenz bekennt sich ausdrücklich zum Klimaabkommen von Paris und fordert schnelles und entschiedenes Handeln. Die allgemein formulierte Erklärung wurde nicht verabschiedet, sondern durch Applaus gutgeheissen – als Signal ist sie trotzdem wichtig. Die Staatengemeinschaft setzt damit ein Zeichen für die Staaten, die besonders vom Klimawandel betroffen sind. Ihnen soll mit Geld und Know-how besser geholfen werden. Das Papier heisst «Marrakesch-Aufruf zum Handeln für unser Klima und nachhaltige Entwicklung».
Das Thema der Konferenz war die Umsetzung des historischen Paris-Abkommens, da gibt es unzählige Fragen zu klären. Zeit dafür ist bis 2020, dann wird das Abkommen wirksam. Ein Beispiel: Die Staaten müssen es schaffen, dass alle ihre Klimaschutz-Ziele vergleichbar darstellen und keiner mogelt, damit man ausrechnen kann, wie weit die Welt in der Summe schon ist beim CO2-Sparen. In Marrakesch wurde eine Struktur für die Arbeitsprozesse festgelegt, damit klar ist, welches Thema wie besprochen wird. Also eine Art Fahrplan für die eigentlichen Verhandlungen über die Regeln.
Schon vor der Konferenz in Marrakesch haben die Industriestaaten einen Fahrplan vorgelegt, wie sie ab 2020 pro Jahr 100 Milliarden US-Dollar an staatlichen und privaten Mitteln für den Klimaschutz in aller Welt geben wollen. Die anderen Länder haben diesen Fahrplan nun begrüsst. Er soll erst mal bis 2025 gelten, allerdings wird über Details noch Streit erwartet.
Der Anpassungs-Fonds ist einer der grösseren Streitpunkte in der Klimadiplomatie. Die Länder, die besonders vom Klimawandel betroffen sind, hätten gern mehr Geld und sichere Zusagen. Deutschland ist der grösste Geber des Fonds. Wie er nach 2020 genau organisiert werden soll ist offen – auch weiterhin. (sda/dpa)