International
Migration

Die Bausteine der «Nicht-Willkommens-Kultur» für Flüchtlinge

Fluechtlinge auf dem Weg in das Sammelzentrum an der Slowenisch-Oesterreichischen Grenze im Gebiet von Spielfeld am Samstag, 21. November 2015. Regenwetter und sinkende Temperaturen stellen auch die E ...
Letztes Jahr im November sah es an der Grenze bei Spielfeld so aus. Es war nass und kalt.Bild: APA

Keine Gnade: Mit diesen 5 Punkten zementiert Österreich seine «Nicht-Willkommens-Kultur» für Flüchtlinge

23.08.2016, 14:5423.08.2016, 16:04
Mehr «International»

Vor einem Jahr strömten bis zu 10'000 Flüchtlinge täglich allein über den Grenzübergang Spielfeld nach Österreich. Heute herrscht dort Ruhe. Aber die Alpenrepublik bereitet sich dennoch im ersten Jahr ihrer «Nicht-Willkommens-Kultur» auf alle Eventualitäten vor. Wenn der «Notstand» eintritt, werden die Grenzen für Asylbewerber praktisch dicht gemacht. Die Lage im Einzelnen, gegliedert nach fünf Punkten:

Strenge Kontrollen an den Grenzen

Migrants line up to board buses in Nickelsdorf near the Austrian-Hungarian border in Nickelsdorf, Austria, September 21, 2015. Roughly 10,700 migrants walked into Austria from Hungary on Sunday, more  ...
Nickelsdorf ist kein guter Platz für Flüchtlinge.Bild: DAVID W CERNY/REUTERS

Der Hotspot ist derzeit der österreichisch-ungarische Grenzübergang Nickelsdorf. Seit Juli kontrollieren hier die Österreicher die Fahrzeuge auf der Suche nach Flüchtlingen und Schleppern. In der Region wurden im ersten Halbjahr 4500 illegal Eingereiste aufgegriffen sowie 117 Schlepper festgenommen. An den Grenzen zu Italien und Slowenien werden kaum Flüchtlinge gezählt.

Obergrenze durch das Ausrufen des Notstands 

Austrian Interior Minister Wolfgang Sobotka talks to the the media before a cabinet meeting in Vienna, Austria, July 12, 2016. REUTERS/Heinz-Peter Bader
Wolfgang Sobotka von der ÖVP.Bild: HEINZ-PETER BADER/REUTERS

Die rot-schwarze Koalition in Österreich hat das Ziel, dass 2016 nicht mehr als 37'500 Menschen zum Asylverfahren zugelassen werden – rund 50'000 weniger als 2015. Um das zu erreichen, kann der «Notstand» ausgerufen werden. Aktuell wird angepeilt, dass das entsprechende Gesetz Anfang September in die Begutachtung geschickt wird. Diese kann zwei bis sechs Wochen dauern. Sobald es in Kraft ist, werden praktisch alle Asylbewerber an der Grenze zurückgeschickt. 2017 sinkt die Obergrenze auf 35'000.

Aufbauen von Zäunen 

A sleeping bag hangs on a fence after the evacuation of refugees and migrants from a makeshift camp at the Greek-Macedonian border near the village of Idomeni, Greece, August 10, 2016. REUTERS/Alexand ...
Der Zaun in der Nähe des Flüchtlingslagers Idomeni an der Grenze zwischen Griechenland und Mazedonien. Bild: ALEXANDROS AVRAMIDIS/REUTERS

Das rechtlich umstrittene Gesetz des «Notstands» macht nur Sinn, wenn ein striktes Grenzmanagement den illegalen Übertritt erschwert. So kann an der ungarischen Grenze ein mindestens 30 Kilometer langer Zaun binnen kurzer Zeit aufgebaut werden. Das gilt im Prinzip auch für den Brenner an der Grenze zu Italien. Ausserdem werden Registrierzentren direkt an der Grenze errichtet. Eine bessere Zusammenarbeit speziell mit Ungarn wird wegen der zu erwartenden Abweisung von Flüchtlingen angestrebt.

Der Druck der ÖVP

Austrian Chancellor Christian Kern attends a news conference in Budapest, Hungary, July 26, 2016. REUTERS/Lazslo Balogh
Christian Kern.Bild: LAZSLO BALOGH/REUTERS

Die konservative ÖVP sieht in der Asyl-Obergrenze ein Kernelement der rot-schwarzen Koalition – und möchte die Notverordnung so bald wie möglich. Kanzler Christian Kern von der sozialdemokratischen SPÖ hat sich nun dazu bekannt, das Gesetz Anfang September in dessen letzte Umsetzungsphase zu schicken. Beide Parteien handeln im Zeichen des grossen politischen Zuspruchs für die ausländer- und europakritische FPÖ, die in Umfragen mit rund 35 Prozent deutlich vor SPÖ und ÖVP liegt. 

Rigoroses Zählen

epa05007361 A Syrian father and his one-year-old son Abel wait to cross the border into Germany at emergency accommodation near the border town of Hanging, Austria, 02 November 2015. German Chancellor ...
Flüchtlinge im österreichischen Hanging. Sie wollen nach Deutschland.Bild: EPA/DPA

Aktuell sind etwa 25'000 Flüchtlinge zum Asylverfahren zugelassen. Ausserdem befinden sich 11'000 Menschen, die über einen sicheren Nachbarstaat eingereist sind, in der Grundversorgung. Diese sogenannten «Dublin-Fälle» müssen – wenn sie nicht zurück geschoben werden können – nach einer Frist von sechs Monaten zu den Asylverfahrens-Berechtigten gezählt werden. Darunter sind 6000 Flüchtlinge, die via Ungarn nach Österreich gekommen sind. (sda/dpa/feb)

Hunderte Flüchtlinge stranden am Bahnhof von Como: 

1 / 16
Hunderte Flüchtlinge stranden am Bahnhof von Como (I)
Touristen passieren am Boden schlafende Flüchtlinge, welche sich am Bahnhof von Como niedergelassen haben und auf eine Weiterreise in die Schweiz warten.
quelle: keystone/ti-press / francesca agosta
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Idomeni: Was bleibt, wenn die Flüchtlinge weg sind.

1 / 27
Idomeni: Was bleibt, wenn die Flüchtlinge weg sind.
Idomeni, Ende Mai 2016: Von den Tausenden Flüchtlingen ist nichts mehr zu sehen. Was bleibt, ist das:
quelle: x01390 / marko djurica
Auf Facebook teilenAuf X teilen

Ein Tag in einem Asylzentrum in der Schweiz:

1 / 14
Ein Tag im Asylzentrum
Die Jugendherberge in St.Gallen wurde vorübergehend zu einem Asylzentrum umfunktioniert.
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
202 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Angelo C.
23.08.2016 16:01registriert Oktober 2014
Im Gegensatz zu Deutschland, teilweise auch der Schweiz, kann man Oesterreich zu seiner ebenso umsichtigen wie vorausblickenden Politik nur uneingeschränkt gratulieren!

Austria ist nicht bereit, Abertausende die grossteils kaum Integrationschancen haben, irgendwo "aufzubewahren" und ihre Sozialwerke dabei finanziell vor die Hunde gehen zu lassen. Ein Musterbeispiel für die Schweiz, wo die Linken noch immer gegen die eigenen Bedürftigen und Armen entscheiden und die halbe Welt hier lebenslänglich durch die ausblutende Sozialhilfe alimentieren lassen möchten 🙄!


Es ist ERWACHEN angesagt!
15895
Melden
Zum Kommentar
avatar
atomschlaf
23.08.2016 17:58registriert Juli 2015
Mal eine Frage an alle, die immer wieder schreiben, westliche Nationen dürften eben nicht mit korrupten Regimes zusammenarbeiten. Wie stellt Ihr Euch das vor?

- Wirtschaftssanktionen bzw. kein Handel mehr? (Treffen erfahrungsgemäss vor allem das Volk und kaum die Elite)

- Militärisch eingreifen und das korrupte Regiem absetzen? (Wie toll das funktioniert, haben wir ja im Irak und in Libyen gesehen)

- ???

Bin gespannt auf kreative und realistische Vorschläge. Merci!
5510
Melden
Zum Kommentar
avatar
John Smith
23.08.2016 15:11registriert März 2014
In keinem Nachbarsland Österreichs ist momentan Krieg. Somit machen diese Massnahmen durchaus Sinn.
9957
Melden
Zum Kommentar
202
Prager Spital führt Abtreibung bei falscher Patientin durch

Infolge einer Verwechslung hat ein Prager Krankenhaus an einer schwangeren Frau eine Abtreibung durchgeführt. Wie tschechische Medien am Donnerstag berichteten, wollte die Frau nur zu einer Routinekontrolle im Rahmen ihrer Schwangerschaft in die Gynäkologie-Abteilung der Klinik. Sie wurde aber mit einer Patientin verwechselt, die zu einer sogenannten Kürettage (Gebärmutter-Ausschabung) gekommen war.

Zur Story