Es sind zwei schlimme Dinge, die uns von Hugh Hefners Playboy Mansion, seinem Lustschloss in L.A., in Erinnerung bleiben werden: Daniela Katzenberger und die Legionärskrankheit. Die Katze begann 2009 ihren ruhmreichen Ritt quer durchs Trash-TV damit, dass sie vergeblich versuchte, in den Häschen-Palast reinzukommen. Sie war halt blond und wollte berühmt werden und fand Hugh Hefner geiler als Mallorca.
Die Legionärskrankheit verbreitete sich 2011 im Wasser der berühmten Badegrotte, gut hundert Sex Suchende steckten sich damit an und gingen mit einer Lungenentzündung nach Hause. Es glich einer fast biblischen Heimsuchung des Mannes, der beschlossen hatte, sein Leben in der Horizontalen zu verbringen. Beim Sex und bei der Arbeit. Die natürlich auch immer mit Sex zu tun hatte.
Begonnen hatte jedoch alles ganz anders: Hugh Hefner war ein körperlich nicht gerade robuster Buchhaltersohn aus Chicago, in seiner Familie wurde Zuneigung jeglicher Art vermieden, es herrschte ein Putz- und Waschzwang. Hugh arbeitete während des Kriegsendes als Fährtenschreiber in der Armee, studierte danach Psychologie, wurde Werber und hatte einen Traum. Beziehungsweise einen Alptraum.
Er hasste nichts so sehr wie das Nachkriegsfamilienmodell mit Vorstadt-Häuschen und dem Vater als Alleinernährer. Er hatte Angst vor der Hausfrau an sich, er betrachtete sie als eine Art Vampirin, die in ihrer plüschig weiblichen Häuschenhöhle sitzt, Kinder macht und den Mann finanziell aussaugt.
Er liebte die Frauen, er liebte Sex, aber er fantasierte sich seine Gespielinnen ganz anders zurecht. Sexy, süss, allzeit bereit, viel Frau, ein bisschen Tierchen, ganz wenig Mann. Ein «Playmate» eben, jemand, mit dem man spielen («to play») und sich paaren («to mate») kann, der aber zugleich ein guter Kumpel («the mate») ist.
Er zog die Frauen aus bis auf einen glänzenden Body, setze ihnen Hasenohren und einen Stummelschwanz auf und zog ihnen Herrenmanschetten über die Handgelenke. Eine surreale Konstruktion. Sein seltsam kindliches Märchenreich steuerte er von einem Bett aus. Es war rund, drehte sich, hatte allerlei Funktionen, Knöpfe und Hebel, es war Hugh Hefners Erde als Scheibe.
Der bettlägerige Sexprotz, den er sich vorstellte, widersprach den Männerbildern seiner Zeit komplett. Er verachtete den Cowboy, den siegreichen Soldaten, den Holz fällenden Naturburschen, seine Helden waren urban, liebten Jazz, Avantgarde-Architektur und Literatur. Sex diente einzig dem Vergnügen, nicht der Fortpflanzung (okay, vier Kinder hat Hefner am Ende trotzdem gezeugt).
Und dafür brauchte er ein Magazin und eine Architektur. Er designte den «Playboy» und die ideale Junggesellen-Absteige, aus der schliesslich die Playboy Mansions wurden. Die Mansions waren Schlösser, perverse Varianten von Disneys Kinderschlössern, und es erstaunt nicht, dass Michael Jackson seine Neverland-Ranch nach dem Vorbild von Hefners Mansion in Los Angeles errichten liess.
Neben dem Bett war Hightech das Wichtigste, alles sollte neu, cool und glänzend sein, er wollte Maschinen statt Hausfrauen, und da sich eine Küche doch nicht ganz vermeiden liess, nannte er sie «Kitchenless Kitchen», eine Art Schrankküche, die elegant hinter asiatischen Schiebetüren verschwand. Und mittendrin der Mann als Voyeur, als Spion. Die neue Paraderolle des heimgekehrten Soldaten im Kalten Krieg gewissermassen.
Aber das war später. Als er den «Playboy», das Lifestyle-Magazin für den heterosexuellen Erotomanen, 1953 gründete, war es ausgerechnet seine Mutter, die ihm das nötige Geld zusteckte.
«Derzeit spielen sich alle Männermagazine im Freien ab, zwischen Gestrüpp und Dornen oder in den wilden Gewässern der Stromschnellen. Auch wir werden diese Gegenden von Zeit zu Zeit aufsuchen, aber wir kündigen gleich an, dass wir die meiste Zeit in unseren vier Wänden verbringen werden. Wir lieben es, daheim zu sein.» Dies schrieb er 1953 in der zweiten Ausgabe des «Playboys». Aber wenn er Hausfrauen so sehr hasste, wieso definierte er sich dann plötzlich als Hausmann?
Seine Visionen zeigten irrsinnig schnell Wirkung: Populäre Filme wie «Bettgeflüster» mit Rock Hudson und Doris Day drehten sich um Hefners Liebeshöhlen, jeder «James Bond»-Film war eine pure Liebeserklärung an Hefners Philosophie und Ästhetik.
Dass es sich bei all seinen Clubs und Mansions am Ende um ganz normale Sextempel mit schlecht bezahlten weiblichen Angestellten in albernen Kostümen handelte, das ist eine andere Geschichte, an der am Ende nicht einmal Daniela Katzenberger hätte mitwirken wollen.
Alles zu Hugh Hefners Pornoarchitektur gibt es im Band «Pornotopia – Architektur, Sexualität und Multimedia im ‹Playboy›» von Beatriz Preciado zu lesen. Erschienen im Wagenbach-Verlag.