International
Russland

Fall Skripal: Diplomatische Krise zwischen Moskau und London spitzt sich zu

Ex-Doppelagent Skripal geht es besser – aber die diplomatische Krise spitzt sich zu

Im Konflikt zwischen Russland und Grossbritannien wegen des Giftanschlags auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergej Skripal wird der Ton immer schärfer. Unterdessen geht es Skripal laut den Ärzten deutlich besser.
06.04.2018, 15:3806.04.2018, 16:01
Mehr «International»

Der russische UNO-Botschafter Wassili Nebensia warf London bei einer Sitzung des UNO-Sicherheitsrats am Donnerstag (Ortszeit mit Blick auf den Propagandaminister im nationalsozialistischen Deutschland «Goebbels-Methoden» vor. Der britische Botschafter in Deutschland, Sebastian Wood, hielt Moskau wiederum im Deutschlandfunk vor, mit Nowitschok-Nervengiften experimentiert zu haben.

Nebensia drohte in New York, die Briten spielten mit dem Feuer und würden ihr Vorgehen noch bereuen. Der russische UNO-Botschafter sprach von einem «absurden Theater». «Hätten Sie nicht eine bessere erfundene Geschichte präsentieren können?» Er sprach von einem «Propaganda-Krieg», der gegen sein Land angezettelt werde. Ziel sei es, Russland «zu diskreditieren und zu delegitimieren».

epa06623842 Army officers remove the bench, where Sergei Skripal and his daughter were found, in Salisbury, Wiltshire, Britain, 23 March 2018. Former Russian spy Sergei Skripal, who lived in Salisbury ...
Experten entfernen die Bank in Salisbury, auf welcher Skripal und seine Tochter gefunden wurden.Bild: EPA/EPA

Die britische UNO-Botschafterin Karen Pierce sagte, London habe vollkommen im Einklang mit internationalen Konventionen gehandelt. Ihr Land lasse «sich nicht in Sachen Moral oder hinsichtlich unserer Verantwortung von einem Land belehren, das so viel getan hat, um die angemessene Aufklärung von Chemiewaffen-Einsätzen in Syrien zu verhindern».

Skripal und seine Tochter Julia waren am 4. März im englischen Salisbury vergiftet worden. Die britische Regierung macht Moskau für den Giftanschlag verantwortlich. Russland weist jede Verantwortung zurück.

Geheimes Programm

Es sei bekannt, dass der Typ des Nervengiftes ursprünglich in Russland entwickelt worden sei, sagte Botschafter Wood dem Deutschlandfunk am Freitag. Der britische Nachrichtendienst habe Belege dafür, dass der Kreml ein geheimes Programm des Nowitschok-Nervengiftes beibehalten habe. Russland habe sogar Experimente durchgeführt, wie kleine Mengen verabreicht werden könnten, um Menschen zu töten, sagte der Botschafter weiter.

Moskau wies unterdessen einen Medienbericht zurück, wonach das beim Anschlag verwendete Nervengift aus einer Forschungseinrichtung in Zentralrussland stammte. «Dieses Labor war nie Teil unserer Arbeit», erklärte ein Kremlvertreter. «The Times» hatte unter Verweis auf Sicherheitskreise berichtet, dass das Nervengift aus der Nowitschok-Reihe in der Ortschaft Schichani hergestellt worden sei.

epaselect epa06603131 Britain's Prime Minister Theresa May leaves No. 10 Downing Street to attend the Prime Minister's Questions in the Houses of Commons, in London, Britain, 14 March 2018.  ...
Die britische Premierministerin Theresa May verdächtigt Russland für den Giftanschlag.Bild: EPA/EPA

Die Standorte, an denen chemische Waffen gelagert wurden, seien «wohlbekannt», erklärte der Kremlvertreter. Schichani gehöre nicht dazu. Mehrere russische Wissenschaftler haben erklärt, Nowitschok sei in Schichani entwickelt worden.

Russland ist «höchstwahrscheinlich» verantwortlich

Video: srf

Der Fall hat zu der schwersten diplomatischen Krise zwischen Russland und Grossbritannien sowie zahlreichen weiteren westlichen Staaten seit dem Kalten Krieg geführt. Viele westliche Staaten wiesen russische Diplomaten aus, worauf Russland ebenfalls mit Ausweisungen reagierte.

Sergej Skripal geht es besser

Mehr als einen Monat nach dem Giftanschlag geht es dem ehemaligen russischen Doppelagenten Sergej Skripal deutlich besser. Das berichteten seine Ärzte am Freitag in der südenglischen Kleinstadt Salisbury. «Er spricht gut auf die Behandlung an, seine Gesundheit verbessert sich schnell, und er ist nicht mehr in kritischem Zustand», teilten die Mediziner mit.

Die 33-jährige Tochter hatte sich am Donnerstag erstmals seit dem Attentat öffentlich zu Wort gemeldet und von Fortschritten bei ihrer Genesung berichtet. Sie äusserte sich in ihrem von Scotland Yard verbreiteten Schreiben aber nicht zu eventuellen Motiven oder Beobachtungen kurz vor der Tat. (sda/afp/dpa)

Wahlen in Russland: eine Bilderreise

1 / 14
Wahlen in Russland: eine Bilderreise
Andere Länder, andere Wahlbilder: Hier geben die Stimmberechtigten in Dedukino ihre Wahlzettel ab, rund 110 Kilometer ausserhalb Moskaus.
quelle: epa/epa / yuri kochetkov
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
9 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
Interessierter
06.04.2018 15:51registriert Juni 2016
Interessiert sich irgendwer für den Polizisten, welcher erste Hilfe geleistet und ebenfalls vergiftet wurde? Er wird mit keiner Silbe erwähnt. Er ist schliesslich das tragische unschuldige Opfer neben der Tochter des Spions.....
277
Melden
Zum Kommentar
9
Nach Jahren des Zwists: EU macht Schritt auf Erdogan zu
Nach jahrelangem Stillstand möchte die EU die Beziehungen zur Türkei wieder aufleben lassen.

Die Europäische Union habe ein strategisches Interesse an einem stabilen Umfeld im östlichen Mittelmeer und einer für beide Seiten vorteilhaften Beziehung, heisst es in einer in der Nacht zu Donnerstag in Brüssel verabschiedeten Erklärung der Staats- und Regierungschefs. Entscheidend sei aber, inwiefern sich Ankara konstruktiv beteilige.

Zur Story