Im Fall des vergifteten Ex-Doppelagenten Sergej Skripal hat Russland den Grossbritannien und den USA jeden Anstand abgesprochen. Während des Kalten Krieges habe es zumindest einige Regeln gegeben, sagte Aussenminister Sergej Lawrow in Moskau. Zurzeit aber hätten die USA und Grossbritannien jeglichen Anstand fahren lassen.
Lawrow sprach von «Kinderspielchen» und implizierte, dass der Anschlag auch durchaus im Interesse von Grossbritannien selbst gewesen sein könnte. Eine Begründung dafür legte er nicht vor. London macht Moskau für den Anschlag vom 4. März auf Skripal und dessen Tochter Julia verantwortlich.
Kurz zuvor hatte die russische Botschaft in London auf Twitter erneu kritisiert, dass London keine Beweise für seine Anschuldigungen vorlege und keinen Zugang zu den Opfern gewähre. Auch 28 Tage nach dem Anschlag sei London seinen Verpflichtungen Moskau gegenüber nicht nachgekommen.
28 days passed since the poisoning of Sergei & Yulia Skripal. UK hasn’t complied with its obligation under the consular convention to provide access to the 🇷🇺 citizens and the course of investigation pic.twitter.com/0OKsilJvs2
— Russian Embassy, UK (@RussianEmbassy) 1. April 2018
In ihrem Tweet verwendete die Botschaft für ihren Protest das Logo des Zombie-Films «28 Days Later» (28 Tage später) in Anspielung auf den Anschlag im englischen Salisbury. In dem Film geht es um den Zusammenbruch der Gesellschaft durch die Verbreitung eines tödlichen Virus aus einem britischen Forschungslabor und die dramatische Flucht einiger Überlebender.
Reputation matters. After declining Russia access to Russian nationals in UK, why should @foreignoffice expect other countries to satisfy similar British requests? pic.twitter.com/athwace480
— Russian Embassy, UK (@RussianEmbassy) 1. April 2018
Ein anderer Tweet zeigt einen goldenen Schlüssel mit einem Satz, der im Deutschen der Goldenen Regel entspricht: «Was du nicht willst, das man dir tu', das füg' auch keinem andern zu.»
Zuvor hatte Russland einen Fragenkatalog zum Anschlag veröffentlicht und gefordert, Zugang zu Julia Skripal zu bekommen. Der 33-Jährigen geht es inzwischen deutlich besser. Ihr Vater befindet sich nach Angaben der Ärzte in einem kritischen Zustand.
Beide waren bewusstlos auf einer Parkbank entdeckt worden. Sie wurden London zufolge durch einen Kampfstoff vergiftet, der zu Sowjetzeiten produziert wurde.
Kritik übte die russische Botschaft per Twitter auch daran, dass sie im Mordfall des Kreml-Kritikers Nikolai Gluschkow keine Informationen bekomme. Der Geschäftsmann war Mitte März tot in seinem Londoner Haus entdeckt worden.
Gluschkow hatte für die russischen Grosskonzerne Avtovaz und Aeroflot gearbeitet. Er kam nach Vorwürfen von Betrug und Geldwäscherei ins Gefängnis und erhielt 2010 Asyl in Grossbritannien. (sda/dpa)