Da ich mit einer gewissen Regelmässigkeit über den israelisch-palästinensischen Konflikt berichte, weiss ich, was dies unweigerlich mit sich bringt: Hass-Kommentare. Angesichts des Themas eigentlich nicht verwunderlich, wären da nicht die leidigen persönlichen Attacken. So auch wieder dieser Tage im Zusammenhang mit der Ausstellung «Breaking The Silence» in Zürich:
@watson_news Und das von @kianram der Hamas-Mörder + Terroristen, als Kämpfer, Aktivisten oder Militante bezeichnet.. Na ja.
— Gerardo Raffa (@gerardo_raffa) 3. Juni 2015
Oder folgendes E-Mail nach dem Interview über die Ausstellung:
Der Verweis auf meine vermeintliche Haltung und Motivation (und Herkunft?) sowie meine berufliche Zukunft erinnern mich an das E-Mail, eines Zürcher Lokalpolitikers vor einigen Jahren. Darin legte er meinem Chef nah, er solle doch endlich diesen «im Antizionimsus verkleideten Antisemiten» (gemeint war ich) entlassen.
Die Gehässigkeit kommt meistens von fanatischen Anhängern «Eretz Israels» – aber nicht immer: Als ich einmal den Grünen Nationalrat Daniel Vischer, Präsident der Gesellschaft Schweiz-Palästina, anrief, schleuderte er mir wütend entgegen: «Sie berichten doch immer pro-israelisch!»
Egal, was man schreibt, eine Seite wird damit ein Problem haben. Der Vorwurf ist stets derselbe und selten inhaltlich begründet: Warum kritisieren Sie immer nur die eine, und nie die andere Seite? Eine simple Archivsuche zeigt, dass durchaus beide Seiten kritisiert werden. In den vergangenen Tagen berichtete watson über eine Israel-kritische Ausstellung. Zuvor gab es Hamas-kritische Artikel zum Beispiel hier, hier und hier.
Wahrscheinlicher ist, dass fanatische Israel-Anhänger nur Israel-kritische Artikel wahrnehmen und die anderen ausblenden. Der Autor des obenstehenden E-Mails warf mir vor, man könnte ja auch einmal ein Interview mit dem israelischen Botschafter machen. Das haben wir getan. Aber es bringt nichts, denn in den Augen jenes Lesers ist jeder Israel-kritische Beitrag einer zuviel. Und kein Israel-freundlicher wird ihn jemals aufwiegen.
Möglich ist, dass Israel-kritische Beiträge bei den Lesern generell mehr Beachtung finden. Vielleicht weil an Israel die Massstäbe einer Demokratie angelegt und Verfehlungen darum strenger beurteilt werden. Die Palästinenserbehörde ist keine Demokratie, von der Hamas ganz zu schweigen. Oder vielleicht haben die Palästinenser den Underdog-Bonus, wie die ehemalige Zentralpräsidentin der Gesellschaft Schweiz-Israel, Vreni Müller-Hemmi, einmal mutmasste.
Es gibt nur einen Weg, den Anfeindungen für immer zu entkommen: Gar nichts mehr zu schreiben. Das geht aber nicht.
Der jüdische US-Komiker Jon Stewart kam zu ähnlichen Erkenntnissen:
@kianram @watson_news dazu gibt's einen treffenden Beitrag von Jon Stewart ; ) http://t.co/fJqVOoZgkQ
— Shirin (@shirinamrad) 8. Juni 2015
Nicht unterkriegen lassen - ich würde mich sogar freuen, wenn die Schandtaten der IDF hier etwas näher beleuchtet würden.