Er ist der neue starke Mann in Europas einflussreichster Partei: Armin Laschet übernimmt den Vorsitz der CDU in Deutschland. Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident setzte sich in einer Stichwahl durch und wurde nun nach einer brieflichen Abstimmung bestätigt. Offen ist noch, ob Laschet im Herbst der Kanzlerkandidat der Union sein wird.
Auch im Berner Politbetrieb wartet man gespannt darauf, wie es beim grossen Nachbarn und wichtigsten Handelspartner weitergehen wird nach der Ära Angela Merkel. Mit der Schweiz hatte Laschet in seiner bisherigen politischen Karriere nur wenig zu tun. Allerdings gibt es ein geradezu prototypisches Thema, zu dem er sich immer wieder pointiert äussert – nicht besonders wohlwollend freilich: Laschet hat Mühe mit der direkten Demokratie in der Schweiz. Mehrfach brachte er in der deutschen Debatte über eine stärkere Volksbeteiligung seine Bedenken ein.
Dabei verwies er gerne auf die Schweiz. Zum Beispiel 2009 nach dem Ja zur Minarettinitiative: In einem Fernsehinterview sprach Laschet – damals noch Landesminister in Nordrhein-Westfalen – von «einem Problem» mit Volksabstimmungen. Er zeigte sich froh darüber, dass Deutschland eine «viel klügere Verfassung» besitze als die Schweiz.
In Zeitungen warnte er vor Abstimmungen über Grundrechte wie die Religionsfreiheit. «Glücklicherweise» lasse das deutsche Grundgesetz keine solchen zu. «Bei der Entscheidung in der Schweiz haben sich Sorgen vor Fundamentalismus, vor Zwangsehen und vor Arbeitsplatzverlust gemischt», meinte Laschet weiter. «Dies zeigt, warum Volksabstimmungen zu derart komplexen Themen falsch sind.» Er sei dagegen, dass in Deutschland über den Bau von Kirchen oder über Glockengeläut am Sonntagmorgen abgestimmt werde.
Diese Haltung kam bei den Kommentatoren nicht nur gut an. Damit das Volk nicht einen Unfall verursache, wolle Laschet am liebsten selbst hinter dem Steuer bleiben, bemerkte der Berliner «Tagesspiegel».
Gestützt auf das Schweizer Minarettvotum, versuche er, die direkte Demokratie zu diskreditieren, konstatierte die Zeitung:
Von solchen Kommentaren liess sich Armin Laschet nicht beeindrucken. In den folgenden Jahren erteilte er den Volksentscheiden, die auch in seinem Bundesland regelmässig gefordert werden, abermals eine Absage. Einmal angesprochen auf die Schweiz, stellte er in einem Tweet fest: Komplexe Sachverhalte liessen sich nicht in einer Volksabstimmung beantworten. Aus seiner Sicht geht es nicht an, wenn solche in einer emotionalen Stimmung auf ein Ja oder Nein reduziert würden.
In seinem Misstrauen bestätigt sah sich Laschet auch nach der Annahme der SVP-Zuwanderungsinitiative im Winter 2014. Er verlangte deswegen Konsequenzen gegenüber der Schweiz – und ging in der «Rheinischen Post» aufs Ganze: «Wer gegen Deutsche und andere EU-Bürger Stimmung macht, kann nicht von Geschäften in Deutschland profitieren.»