International
Spanien

Artikel 155 – der «Atomknopf» der spanischen Verfassung

Artikel 155 – der «Atomknopf» der spanischen Verfassung

Er gilt als der «Atomknopf» der spanischen Verfassung und war als maximale Abschreckung gedacht: Artikel 155 der Verfassung ermöglicht es, Regionen ihre Autonomierechte zu entziehen, was seit dem Ende der Franco-Diktatur in den 70er Jahren noch nie passiert ist.
27.10.2017, 19:2227.10.2017, 19:28
Mehr «International»

Nun hat Madrid Ernst gemacht: Erstmals seit Inkrafttreten der spanischen Verfassung wird Artikel 155, «nukleare Option» nennt die spanische Presse den Artikel, oder eben «Atomknopf». Die Regionalregierung von Katalonien wird demnach entmachtet – als Reaktion auf die andauernden Unabhängigkeitsbestrebungen der autonomen Region im Nordosten Spaniens. Ziel der Zentralregierung in Madrid ist es nach eigenem Bekunden, die «verfassungsmässige Ordnung» in Katalonien wieder herzustellen.

Artikel 155 kann angewendet werden, wenn eine autonome Region die ihr von der Verfassung oder anderen Gesetzen auferlegten Verpflichtungen nicht erfüllt «oder so handelt, dass ihr Verhalten einen schweren Verstoss gegen die allgemeinen Interessen Spaniens darstellt». Die Zentralregierung kann dann die «erforderlichen Massnahmen» zum Schutz der Allgemeinheit ergreifen.

Keine konkreten Massnahmen festgelegt

In der Verfassung ist nicht konkret festgelegt, wie eine Region wieder zur Räson gebracht werden soll. Über die Massnahmen entschied der spanische Senat am Freitag auf Vorschlag der Zentralregierung.

epa06292172 Spanish Prime Minister, Mariano Rajoy, looks on during the Senate's extraordinary plenary session on the application of Article 155 of the Spanish Constitution, in Madrid, Spain, 27 O ...
Ministerpräsident Rajoy will die katalanische Regierung entmachten.Bild: EPA/EFE

Das Ziel von Spaniens Ministerpräsident Mariano Rajoy ist vor allem die Entmachtung der katalanischen Regionalregierung. Er will die Absetzung von Regionalpräsident Carles Puigdemont und seinen Regierungsmitgliedern.

Das katalanische Parlament soll zudem unter Vormundschaft Madrids gestellt und binnen sechs Monaten sollen Neuwahlen angesetzt werden. Auch die Regionalpolizei Mossos d'Esquadra, die Verwaltung sowie die öffentlich-rechtlichen Medien sollen der Zentralregierung unterstellt werden.

Hoheit über Finanzen übernommen

Die Oberhoheit über die Finanzen Kataloniens hatte Madrid bereits im September übernommen – in einem gescheiterten Versuch, das umstrittene Unabhängigkeitsreferendum vom 1. Oktober zu verhindern.

Nach einer Entmachtung der Regionalregierung übernehmen «zu diesem Zweck geschaffene Organe der Nationalregierung» die Kontrolle, im Prinzip sind dies die nationalen Ministerien. Die Kontrolle durch Madrid soll so lange erfolgen, «wie diese aussergewöhnliche Situation dauert». (dwi/sda/afp)

1. Oktober 2017: Katalonien in Aufruhr.

1 / 20
Katalonien in Aufruhr
Katalanen feierten am Sonntagabend auf dem Placa de Catalunya in Barcelona das '1-O Referendum'.
quelle: epa/efe / santi donaire
Auf Facebook teilenAuf X teilen
Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
2 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
2
Kim Jong-un probt jetzt den Atomkrieg
Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hat nach Angaben staatlicher Medien eine Übung zur Simulation eines «nuklearen Gegenangriffs» überwacht.

Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un hat nach Angaben staatlicher Medien eine Übung zur Simulation eines «nuklearen Gegenangriffs» überwacht. Kim habe eine «kombinierte taktische Übung» geleitet, bei der «ein nuklearer Gegenangriff mit supergrossen Mehrfachraketen-Artilleristen simuliert» worden sei, berichtete die staatliche nordkoreanische Nachrichtenagentur KCNA am Dienstag. Die Übung habe am Vortag stattgefunden. Das Militär in Südkorea hatte mitgeteilt, Nordkorea habe mehrere ballistische Kurzstreckenraketen abgefeuert. Japan bestätigte den Start.

Zur Story