Syrische Regierungstruppen haben im belagerten Ost-Ghuta mit strategischen Geländegewinnen die entscheidende Phase im Kampf um das Gebiet eingeleitet: Die Einheiten von Präsident Baschar al-Assad schnitten am Wochenende die beiden wichtigen Städte Duma und Harasta voneinander und vom Rest der Region ab.
Dies berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte (SOHR). Die weiter vorrückenden Regierungstruppen nahmen auch Strassen und Nachschubwege ein, sodass der Druck auf die vorwiegend islamistischen Rebellen dort noch grösser wird.
Die staatliche syrische Nachrichtenagentur Sana berichtete, dass die Regierungstruppen tief in das Gebiet vorgerückt seien, um eine Hauptstrasse zwischen dem Süden und dem Norden Ost-Ghutas zu blockieren. Sie flogen zudem Dutzende schwere Luftangriffe und beschossen die Region mit Artillerie und Raketen. Mehr als 20 Menschen seien allein am Sonntag gestorben.
Vertreter der Rebellen teilten mit, weiterkämpfen zu wollen. Am späten Freitagabend hatte eine kleine Gruppe aufständischer Kämpfer mit ihren Familien die eingeschlossene Region verlassen und sich auf den Weg in eine von der Opposition gehaltene Gegend im Nordwesten des Landes gemacht. Die beiden grössten Rebellengruppen gaben aber an, in Ost-Ghuta bleiben und für sich und ihre Familien keine entsprechende Vereinbarung aushandeln zu wollen.
Ost-Ghuta östlich der Hauptstadt Damaskus gehört zu den letzten Gebieten in Syrien, die noch von Rebellen kontrolliert werden. Es erlebt seit Mitte Februar die schwerste Angriffswelle der Regierung seit Beginn des Bürgerkriegs vor fast sieben Jahren.
Die Rückeroberung von Ost-Ghuta wäre für Präsident Assad der grösste Erfolg gegen die Aufständischen seit der Einnahme der Metropole Aleppo im Dezember 2016. Assad und sein Hauptverbündeter Russland wollen nach eigenen Angaben mit dem Vorstoss den Beschuss der Hauptstadt Damaskus durch Aufständische unterbinden.
Wie bei früheren Angriffen setzen die Regierungstruppen dabei vor allem auf massive Luftschläge sowie eine Belagerung der Rebellengebiete. Die Regierungstruppen hatten zuletzt mehr als 50 Prozent des Gebietes erobert.
Rund 400'000 Menschen sind in Ost-Ghuta seit 2013 von der Regierung eingeschlossen. Die humanitäre Lage dort ist katastrophal. Es fehlt an Nahrung, Trinkwasser, Medikamenten, medizinischen Gütern und Strom. Seit Beginn der Offensive vor gut drei Wochen wurden der Beobachtungsstelle zufolge mehr als 1100 Menschen im Gebiet getötet.
Im Nordwesten des Landes sind derweil die türkische Armee und verbündete protürkische Rebellen nach mehr als 50 Tagen ihrer Militäroperation «Olivenzweig» bis kurz vor die Stadt Afrin vorgerückt. Türkische Streitkräfte seien nur mehr wenige hundert Meter von der Stadtgrenze entfernt, teilte SOHR in der Nacht zum Sonntag mit.
Erst am Freitag hatte Präsident Recep Tayyip Erdogan gesagt, die türkischen Truppen bereiteten sich auf die Belagerung Afrins vor: «Wir beseitigen die letzten Hindernisse, die einer Belagerung des Zentrums von Afrin im Wege stehen.»
In der Stadt leben viele Flüchtlinge, die vor den Kämpfen in der gleichnamigen Region geflüchtet waren. Die türkischen Streitkräfte hatten die Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG am 20. Januar gestartet. Ankara sieht die YPG als syrischen Ableger der in der Türkei verbotenen türkischen Arbeiterpartei PKK. (wst/sda/dpa/reu)