International
Syrien

Schuften statt Schule: Immer mehr syrische Flüchtlingskinder werden zu Arbeit gezwungen

Kinder im jordanischen Flüchtlingslager Saatari.
Kinder im jordanischen Flüchtlingslager Saatari.Bild: © Muhammad Hamed / Reuters/REUTERS

Schuften statt Schule: Immer mehr syrische Flüchtlingskinder werden zu Arbeit gezwungen

02.07.2015, 05:1902.07.2015, 09:32
Mehr «International»

Immer mehr Kinder unter den syrischen Flüchtlingen sind gezwungen zu arbeiten, um zum Lebensunterhalt ihrer Familien beizutragen. Kinder sind für Unternehmer billiger. Oft erhalten Erwachsene aber auch keine Arbeitsbewilligung.

Im Libanon müssten oft schon Sechsjährige schuften, heisst es im ersten umfassenden Bericht über Kinderarbeit unter syrischen Flüchtlingen in der Region. Die Kinderhilfsorganisationen UNICEF und Save the Children veröffentlichten das Dokument am Donnerstag.

Die Kinder sind oft jünger als 12 Jahre. Ein geregelter Schulbesuch, wie hier im Flüchtlingslager Saatari, ist kaum möglich.
Die Kinder sind oft jünger als 12 Jahre. Ein geregelter Schulbesuch, wie hier im Flüchtlingslager Saatari, ist kaum möglich.Bild: © Muhammad Hamed / Reuters/REUTERS

In Jordanien, wohin 440'000 Syrer vor dem seit vier Jahren dauernden Bürgerkrieg geflohen sind, sind demnach in der Hälfte der befragten Haushalte die Kinder wichtige oder gar die einzigen Geldverdiener.

«Auf Grundlage all dieser Befragungen ist klar, dass Kinderarbeit massiv zugenommen hat, seit der Konflikt in Syrien begonnen hat», sagte die Sprecherin des UNO-Kinderhilfswerkes UNICEF, Juliette Touma.

Schulbesuch kaum möglich

Dem Bericht zufolge werden Kinder als Soldaten rekrutiert, sexuell ausgebeutet und regelrecht verschachert. Im Libanon arbeiten sie auf Feldern. In Jordanien schuften sie in Geschäften und Restaurants. In der Türkei backen sie Brot und fertigen Schuhe. Kinder arbeiten in Steinbrüchen und auf Baustellen und sind erheblichen Risiken ausgesetzt.

Drei von vier arbeitenden Kindern, die im jordanischen Flüchtlingslager Saatari befragt wurden, klagten über gesundheitliche Probleme, heisst es in dem Bericht. Meist müssten sie sechs oder gar sieben Tage pro Woche schuften. Sie erhielten vier bis sieben Dollar pro Tag.

Syrische Flüchtlingskinder im jordanischen Flüchtlingslager Saatari.
Syrische Flüchtlingskinder im jordanischen Flüchtlingslager Saatari.Bild: © Muhammad Hamed / Reuters/REUTERS

Viele Kinder seien jünger als zwölf Jahre, wenn sie mit der Arbeit beginnen. Einige seien gerade einmal sechs Jahre alt. Ein geregelter Schulbesuch sei kaum möglich.

Lage könnte sich noch verschlechtern

Ein 13-Jähriger, der in Jordanien Kartoffeln erntete, berichtete, wenn seine Tasche voll sei, wiege sie mehr als zehn Kilogramm. Und wenn er Kartoffeln liegen lasse, werde er mit einem Plastikschlauch geschlagen.

Das Flüchtlingslager Saatari.
Das Flüchtlingslager Saatari.Bild: © POOL New / Reuters/REUTERS

Einige Arbeitgeber stellen dem Bericht zufolge lieber Kinder an, weil sie billiger sind als Erwachsene. Zudem erhalten Erwachsene meist keine Arbeitserlaubnis in ihrem Zufluchtsland.

Die Lage werde sich vermutlich noch verschlechtern, heisst es in dem Bericht von UNICEF und Save the Children. Denn die Hilfsorganisationen müssten ihre Programme kürzen, weil ihnen die Mittel fehlten.

Syrien: Der vergessene Krieg

1 / 13
Syrien: Der vergessene Krieg
Belagertes Homs: Die drittgrösste Stadt Syriens liegt in Trümmern.
quelle: x03126 / yazan homsy
Auf Facebook teilenAuf X teilen

(sda/reu)

DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
0 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Das (vermeintlich) Unmögliche geschafft: Jury für Prozess gegen Trump steht

Die Jury für das Schweigegeld-Verfahren gegen Donald Trump steht: Nach rund dreitägigen Befragungen im ersten Strafprozess gegen einen früheren US-Präsidenten einigten sich Staatsanwaltschaft, Verteidigung und der Vorsitzende Richter am Donnerstag auf zwölf Geschworene, wie im Gerichtssaal anwesende Journalisten und Journalistinnen übereinstimmend berichteten. Auch ein Ersatzjuror wurde schon gefunden.

Zur Story