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Türkei greift Stellungen in Syrien an – und tötet dabei mehrere Zivilisten

epa06457666 A handout photo made available by the Turkish President Press office shows Turkish President Recep Tayyip Erdogan speaking to his supporters in Usak city, Turkey, 20 January 2018. EPA/TURK ...
Sieht das Erstarken der kurdischen Kräfte in Syrien nicht gerne: Recep Tayyip Erdogan.Bild: EPA/TURKISH PRESIDENT PRESS OFFICE

Türkische Armee dringt in Syrien ein – Kurden melden zivile Opfer

21.01.2018, 08:1821.01.2018, 13:25
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Nach Luftschlägen gegen kurdische Verbände im Nordwesten Syriens sind nach türkischen Angaben auch Bodentruppen nach Syrien eingerückt.

Der türkische Ministerpräsident Binali Yildirim sagte nach Angaben der Nachrichtenagentur DHA und dem Sender NTV am Sonntag vor türkischen Journalisten, die Armee habe die Grenze bei Kilis um 11.05 Uhr überschritten.

Nach Angaben der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu rückten die Soldaten mit Unterstützung der Freien Syrischen Armee (FSA) vor. Der Strasse zwischen Kilis und der syrischen Stadt Asas ist auf syrischer Seite in der Hand protürkischer Rebellen.

Die Türkei hatte am Samstag mit Luftschlägen eine gross angelegte Offensive gegen kurdische Truppen im Nordwesten Syriens begonnen. Die «Operation Olivenzweig» zielt auf die mit den USA verbündeten syrischen Volksschutzeinheiten YPG. Türkische Kampfflugzeuge bombardierten Stellungen der YPG.

Plumes of smoke and dirt rise on the air from inside Syria, as seen from the outskirts of the border town of Kilis, Turkey, Saturday, Jan. 20, 2018. Turkish jets have begun an aerial offensive, codena ...
Detonation nahe der türkisch-syrischen Grenze.Bild: AP/AP

Ministerpräsident Yildirim hatte den Einsatz von Bodentruppen am Samstag angekündigt. Er sagte nach Angaben des Senders NTV, zunächst sei das Ziel, eine Deeskalationszone zu schaffen.

Widerspruch

Am Morgen hatte Anadolu gemeldet, Kämpfer der FSA seien in das von den YPG kontrollierte Gebiet Afrin vorgerückt. Die Kurden bestritten die Darstellung. Sprecher Suleiman Dschafar sagte der Nachrichtenagantur dpa: «Ich kann versichern, dass niemand auch nur einen Zoll in die Region Afrin eingedrungen ist.» Dies sei nichts als Propaganda von türkischer Seite.

Die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte bestätigte das Eindringen der FSA zunächst nicht. Sie berichtete zwar von heftigen Kämpfen zwischen «türkischen Truppen» und Einheiten der Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF), einer Allianz unter Führung der YPG. Die Kämpfer versuchten nach Afrin vorzurücken, zunächst hätten die Kurden sie aber davon abgehalten.

epa06459996 Turkish soldiers prepare their tanks near the Syrian-Turkish border, at Reyhanli district in Hatay, Turkey, 21 January 2018. Reports state that the Turkish army is on an operation (named & ...
Türkische Truppen überquerten heute die Grenze nach Syrien.Bild: EPA/EPA

Sechs tote Zivilisten

Beide Seiten belegten sich demnach mit Artilleriefeuer. Zu möglichen Opfern gab es zunächst keine Angaben. Auch die türkischen Luftangriffe gingen den Menschenrechtlern zufolge am Sonntag weiter.

Am Vortag seien durch die Bombardements sechs Zivilisten gestorben, darunter ein Kind. In der türkischen Grenzprovinz Kilis schlugen nach Angaben von Anadolu am Morgen drei Raketen aus Syrien ein. Eine Person sei leicht verletzt worden.

Die Türkei sieht die YPG als syrischen Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK, die sie im eigenen Land bekämpft. Von ihrer starken Präsenz an der türkischen Grenze fühlt sich Ankara bedroht.

Das Vorgehen der Türkei ist auch deswegen riskant, weil in der Region um Afrin russische Soldaten stationiert waren. Moskau hatte sie nach Beginn der Offensive verlegt und betont, man beobachte das Vorgehen mit Sorge. Russland und die Türkei treten bei den Syrien-Gesprächen in Astana und den geplanten Friedensgesprächen in Sotschi als Schutzmächte der Regierung und der Rebellen auf. (cma/sda/dpa)

Weitere Informationen folgen

Brüssel gedenkt der im Syrienkrieg verstorbenen Kinder

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59 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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N. Y. P. D.
21.01.2018 09:27registriert Oktober 2015
Erdogan hasst die Kurden bis aufs Blut.

Ein Kurdistan wäre die Lösung. Und die Türkei sollte den neuen Staat dann anerkennen. Grenze überwacht von der UNO.
Die Kurden kommen in der Türkei nicht mehr auf einen grünen Zweig. Sie sassen friedlich im türkischen Parlament, ehe sich Erdogan aufmachte, die Kurden rauszuwerfen und sich als neuer Führer am Bosporus einzurichten.
Noch immer hocken 250 Journalisten im Gefängnis.
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ardan
21.01.2018 09:17registriert November 2016
Als der IS an der ihrer Grenze war hat es die Türkei kein bisschen gestört... Aber sobald die Kurden an der Grenze sind muss man natürlich intervenieren und sie vertreiben...
Soll der Faschistische Staat nur kommen. Afrin wird für die Türkei die Hölle sein. Die YPG ist nicht mehr eine Organisation die mit alten Maschinengewehren auf Panzer schiesst, nein der Türkei wird bald Bekanntschaf mit MILAN und TOW machen.
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rodolofo
21.01.2018 10:03registriert Februar 2016
Wäre das Schnäuzchen von Erdogan noch etwas schmaler, dann...
Aber auch so sind die Ähnlichkeiten zum "Grässlichsten Menschen aller Zeiten" immer frappierender!
Nachdem er mit seinem Putsch auf den (wohl als Verzweiflungstat und dilettantisch ausgeführten) Putschversuch die Türkei auf stramme Einheits-Linie mit der AKP gezwungen hat, beginnt Erdogan damit, seine militärische Kampfmaschinerie (die 2.grösste der NATO!) in Bewegung zu setzen!
Insbesondere in Griechenland und Armenien dürfte das traumatische Erlebnisse aus der Vergangenheit wachrufen.
Und die Kurden sind auch traumatisiert.
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