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Als die türkische Regierung sich jüngst mit den Kollegen aus Österreich zankte, konnte man das mit einem Streit von beleidigten Kindern vergleichen. Um im Bild zu bleiben: Im Sandkasten brennt inzwischen der Baum.
Was ist passiert? Zum einen hat Ankara den schwedischen Botschafter einbestellt, was einer diplomatischen Rüge gleichkommt. Zum anderen gibt es ein neues Zerwürfnis zwischen der Türkei und Deutschland.
Zu den Dissonanzen mit den Schweden kam es wegen einer Gesetzesänderung in der Türkei, die die Definition des Missbrauchs von Minderjährigen betrifft. Im Juli hatte das Verfassungsgericht eine Klausel gekippt, nach der Sex mit einem Kind unter 15 Jahren grundsätzlich als Missbrauch gewertet wird.
Kinder seien ab zwölf Jahren in der Lage, die Bedeutung des sexuellen Aktes zu verstehen, was berücksichtigt werden müsse, argumentierten die Richter. Die Annullierung tritt im Januar 2017 in Kraft, wenn das Parlament bis dahin das Gesetz nicht nachbessert.
Schwedens Aussenministerin Margot Wallström kann das nicht nachvollziehen. Sie twitterte: «Die türkische Entscheidung, Sex mit Kindern unter 15 Jahren zu erlauben, muss rückgängig gemacht werden. Kinder brauchen mehr Schutz, nicht weniger, gegen Gewalt, sexuellen Missbrauch». Premierminister Stefan Löfven nannte das Urteil «beunruhigend».
Turkish decision to allow sex with children under 15 must be reversed. Children need more protection, not less, against violence, sex abuse.
— Margot Wallström (@margotwallstrom) 14. August 2016
Finanzminister Mehmet Simsek schoss via Twitter zurück: «So etwas Dummes gibt es in der Türkei nicht. Informieren sie sich bitte richtig.»
You are clearly misinformed. There is no such stupid thing in Turkey. Please get your facts right. https://t.co/vrg9ybdsY0
— Mehmet Simsek (@memetsimsek) 15. August 2016
Aussenminister Mevlüt Cavusoglu wurde laut «Spiegel» deutlicher: Die Kritik aus Stockholm sei ein «Skandal» und Wallström verbreite Lügen. Ankara kämpfe entschieden gegen den Missbrauch von Kindern unter 15 Jahren. Bis Januar hat das Parlament ja noch Zeit, das Gesetz über Kindesmissbrauch zu präzisieren.
Der österreichische Botschafter musste ebenfalls zum Rapport antreten, um sich für die Medien seines Landes zu rechtfertigen. Ein Nachrichtenticker am Wiener Flughafen hatte die Meldung verbreitet, die Türkei erlaube Sex mit unter 15-Jährigen. Der Botschafter verwies auf die Pressefreiheit in seinem Land.
Wien wurde von türkischen Politikern zuvor gar Rassismus unterstellt – und diesen Vorwurf muss sich nun auch Schweden gefallen lassen. Aussenminister Cavusoglu machte aus seinem Herzen (wieder einmal) keine Mördergrube. «Es ist alarmierend, dass die Schmierkampagne aus Österreich – der Hauptstadt des Rassismus und der Islamophobie – nach Schweden überschwappt, wo Menschenrechte mehr geachtet werden», zitiert ihn der «Guardian».
Mit Berlin hat Ankara für einmal keinen Streit wegen der Pressefreiheit, sondern wegen einer Lage-Einschätzung des Bundesinnenministeriums. Das hatte in einer parlamentarischen Anfrage verraten, dass die Türkei als Terrorismus-Unterstützer eingestuft wird – wegen der engen Bande Erdogans zur Hamas. Ausserdem fördere die AKP-Regierung Islamisten jedweder Couleur.
Das Aussenministerium in Ankara hat nun darauf reagiert: «Die Vorwürfe sind eine neue Manifestation der verdrehten Mentalität, mit der seit einiger Zeit versucht wird, unser Land zu zermürben, indem sie auf unseren Präsidenten und unsere Regierung zielt», heisst es wörtlich. Sprich: Die Regierung von Angela Merkel will bloss Präsident Recep Tayyip Erdogan schlecht machen.
Auch im Inneren bevorzugt die Erdogan-Regierung ja bekanntlich deutliche Massnahmen. Rund 35'000 Personen sind nach dem Putschversuch verhaftet worden, von denen ein Drittel wieder frei ist. Um für die anderen in den Gefängnissen Platz zu schaffen, kommen nun einige Verbrecher in den Genuss einer vorzeitigen Entlassung.
Justizminister Bekir Bozdag kündigte an, dass vorerst 38'000 Gefangene auf Bewährung entlassen werden, die vor dem 1. Juli verhaftet worden sind. Mörder, Drogenhändler und wegen «Terrorismus» verurteilte Häftlinge werden nicht freigelassen.