Der mutmassliche Bombenbauer bei den Attentaten von Paris und Brüssel, Najim Lachouri, hat Elektrotechnik studiert. Mohammed Atta, einer der 11.-September-Terroristen, war Ingenieur, genauso wie Osama Bin Laden. Von den radikalen Islamisten mit Hochschulabschluss aus der muslimischen Welt haben fast die Hälfte, genauer 44,9 Prozent, Ingenieurwissenschaften studiert, in westlichen Ländern sind es sogar 45,1. Von den 25 Hauptakteuren von 9/11 waren 8 Ingenieure.
Zufall? Das glaubt Diego Gambetta nicht. Der Soziologieprofessor hat an der Universität Oxford die Bildungsprofile von über 4000 Personen mit Terrorverbindung untersucht. Im Interview mit der NZZ am Sonntag erklärt er, warum Ingenieure die besten Dschihadisten sind. Hier sind die 4 Hauptgründe.
Das macht sie zu guten Dschihadisten. Ingenieure sind tendenziell intelligent, wissbegierig und denken analytisch. Gleichzeitig können sie aber auch Autoritäten und Hierarchien respektieren. Sie schätzen individuelle Leistung und glauben, dass im Leben jeder in der Position ist, die er verdient. So wird Hierarchie gerechtfertigt.
Diese Eigenschaften fallen gemäss Gambetta nicht oft zusammen und sind bei Terror-Organisationen beliebt.
Diese Strukturen bieten Dschihad-Organisationen: Die Hierarchie ist klar, die Ideologie starr.
Ingenieure mögen keine Vieldeutigkeit, sondern klare Zusammenhänge und Strukturen. Sie schätzen komplexe Kausalitäten gering und haben einen Hang zum Schwarz-Weiss-Denken. Religöse Dogmen sind dafür genau richtig. Die Religion bietet Ordnung, Eindeutigkeit und ganz klare Regeln.
Terroristen wie Ingenieure fürchten sich vor Dreck und Unordnung. Gambetta nennt das Beispiel des Times-Square-Bombers Faisal Shazad, der die Herdplatten in seiner Küche mit Alufolie vor Flecken schützte.
Der Begriff der Reinheit ist bei Salafisten zentral, Terrororganisationen glauben, die Gesellschaft von den Ungläubigen und den «schlechten» Muslimen zu reinigen. Genau wie bei rechtsextremen Gruppen – in denen sich ebenfalls viele Ingenieure finden – geht es den Terroristen um den Schutz ihres kulturellen Umfeldes und das Abwehren von fremden Einflüssen.
Passend dazu nennt Gambetta die Aversion gegen Homosexuelle. Studien belegen, dass sie bei angehenden Ingenieuren ausgeprägter ist, als beispielsweise bei Psychologen oder Sozialwissenschaftlern.
Ingenieure haben das Bedürfnis nach Abgrenzung und geschlossenen Systemen. Sie mögen die kognitive Geschlossenheit. Gemäss Gambetta bedeutet ihnen beispielsweise auch familiärer Zusammenhalt mehr als Psychologen oder Naturwissenschaftlern.
Diese Gemeinschaft bieten Terrororganisationen. Die Denkmuster sind in sich geschlossen und die Mitstreiter bilden eine familiäre Gemeinschaft.
(rar)