In der Nacht auf heute trafen sich in Las Vegas die US-Präsidentschaftskandidaten Hillary Clinton und Donald Trump zum dritten und letzten Mal vor den Wahlen im November.
In sechs Blöcken zu je 15 Minuten «debattierten» Clinton und Trump im Spielerparadies zu den Themen Verschuldung, Immigration, Wirtschaft, Supreme Court, aussenpolitische Brandherde und «Fitness» der Kandidaten. Die vorangegangene Debatte wurde von Beobachtern unter anderem als «die mieseste TV-Debatte aller Zeiten» betitelt. Die Erwartungen ans Niveau waren dementsprechend tief...
Ja, phasenweise. Zu Beginn hielt sich Donald Trump zurück, nach 15 Minuten fiel aber seine Maske und zum Vorschein kam sein bekanntes Gesicht. Doch auch Clinton zeigte Krallen, liess sich nicht niederschreien und sprach stoisch weiter, wann immer Trump oder auch Moderator Chris Wallace sie unterbrachen. Daraus resultierte eine «Diskussion», die in ihren Spitzen schlicht nicht erträglich war.
Nein. So richtig brachte Trump Clinton nicht in Bedrängnis. Allerdings gelang es ihm besser als in den ersten beiden Debatten – vor allem bei der Einwanderung und im Zusammenhang mit ihrer Clinton Foundation. Ausser in einem Fall konterte Clinton jeweils geschickt.
Trump rang Clinton ein Teilgeständnis ab, dass sie in der Vergangenheit eine Mauer zwischen Mexiko und den USA befürwortete. Clintons Antwort, vor allem aber ihre Mimik, zeigten Anzeichen von Verunsicherung.
Einen. Clinton stotterte sehr untypisch, sichtlich genervt von ihrem Gegenüber, als sie zu erklären versuchte, wie sich der sogenannte «IS» endgültig vernichten lässt.
Nein. Zu Beginn der Debatte sah es allerdings kurz danach aus. Trump wirkte müde und sprach mit heiserer Stimme. Beide Kandidaten konzentrierten sich auf Inhalte. In diesem Spiel kann Donald Trump Hillary Clinton nicht gefährlich werden.
Spätestens beim Thema Einwanderung drehte the Donald allerdings auf. Die Debatte nahm den erwartet lauten und wütenden Verlauf. Trump zeigte sich dabei in Höchstform und schlug sich deutlich besser als in den Debatten zuvor. Nein, Trump wurde nicht vernichtet.
Trump liess offen, ob er das Wahlergebnis am 8. November akzeptieren wird oder nicht. Das ist einerseits ein riesiger Affront gegenüber der amerikanischen Demokratie, andererseits aber auch der Versuch, die verschiedenen politischen Lager gegeneinander aufzuwiegeln und das Land damit zu destabilisieren. Destabilisierung ist – da ist man sich in den USA unter Experten einig – das letzte, was die USA im Moment gebrauchen kann.
Während Clinton jahrelang exponiert in der politischen Öffentlichkeit stand, hat Trump keinen politischen Leistungsausweis vorzuweisen und deshalb auch nichts zu verteidigen. Diesen Umstand macht er sich zu Nutze. Er weiss genau, dass er Hillary Clinton auf inhaltlicher Ebene weit unterlegen ist. Deswegen versuchte er auch in der dritten Debatte, inhaltliche Diskussionen bereits im Keim zu ersticken.
Trump vs. Clinton, das ist wie der ungehobelte Fussballprolet, der von weit oben in den Rängen den gestandenen Schiedsrichter auf dem Platz anpöbelt. Der Prolet erhält zwar Zustimmung, aber eigentlich will niemand, dass er hinunter steigt und das Spiel leitet.
Die Schwierigkeit dieser Frage liegt in den unterschiedlichen Stilen: Clinton versuchte, wann immer möglich, politische Lösungsansätze zu besprechen. Trump hingegen zog mit Vorliebe sein beliebtes Spiel auf, sämtliche Errungenschaften der Obama-Administration schlecht zu reden oder sein Gegenüber zu diffamieren. Man muss also Birnen und Äpfel vergleichen – und an diesem Abend sahen wir zwei reife Früchte.
Unsere Einschätzung von Clintons Performance:
Unsere Einschätzung von Trumps Performance:
Ja. Wie gesagt. Hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.
Nein. Trump braucht die Stimmen der Unentschlossenen. Und wenn es ihm mit seinem Stil bisher nicht gelungen ist, diese auf seine Seite zu ziehen, dann wird ihm das auch heute Abend nicht gelungen sein.
Ja. Beim Thema Einwanderung zitierte Moderator Chris Wallace eine Rede, die Clinton in Brasilien hielt. Sie sprach damals vom «Traum einer Welt ohne Grenzen». Clinton verteidigte sich vor allem damit, indem sie darauf verwies, dass russische Spionageaktivitäten hinter der Beschaffung dieser Informationen stehen.
Beide bewiesen Schlagfertigkeit. Trump hatte einen Lacher auf seiner Seite, als er witzelte, er hätte für seine Show einen dritten Emmy verdient. Damit nahm er einer in Fahrt gekommenen Clinton den Wind etwas aus den Segeln.
Clinton punktete, als sie klarstellte, weshalb Putin einen Präsidenten namens Trump bevorzugt: «Weil er lieber eine Marionette hätte.»
Trump reagierte, als ihn der Moderator darauf ansprach. Und seine Antwort steht exemplarisch dafür, wie er sich durch diese drei Debatten ruderte: «Die Manipulation liegt darin, dass meine Gegenkandidatin gar nicht erst hätte zu diesen Wahlen zugelassen werden dürfen ...»
Trump nannte Clinton eine «nasty woman». «Nasty» kann von «widerlich» bis «unartig» so ziemlich alles bedeuten. Trump hat sich im Verlaufe dieses Wahlkampfs bereits einige Entgleisungen geleistet, diese schafft es aber mit Sicherheit in seine persönliche Top 10.
Donald Trump zitierte, wie schon bei den vorangegangenen Debatten, immer wieder Bernie Sanders Satz, Clinton habe ein schlechtes Urteilsvermögen. Clinton antwortete ebenfalls mit einem Sanders-Zitat: «Trump ist als Präsidentschaftskandidat die grösste Gefahr der Moderne.»
Nein. Chris Wallace kann keine Parteiergreifung unterstellt werden. Ausserdem meisterte er die schwierige Aufgabe, die Diskussion einigermassen zivilisiert über die Runden zu bringen mehrheitlich souverän und ohne sich selbst in den Vordergrund zu spielen.
Es war der letzte gemeinsame Termin der beiden Kandidaten vor laufenden TV-Kameras. Sie werden nun ihre Kampagnen alleine weiter führen, bis zum offiziellen Wahltermin am 8. November. In vielen Staaten sind die Wahlbüros für die sogenannten Early Voters bereits geöffnet – die immer wichtiger werden. Denn mittlerweile geben über 30 Prozent aller Amerikaner ihre Stimme vor dem offiziellen Wahltermin ab.
Watson berichtet am 8. November selbstverständlich live von diesem Grossanlass. Wegen der Zeitverschiebung werden erste Zwischenresultate gegen Mitternacht und das Endergebnis am Morgen des 9. Novembers erwartet.