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Am 8. November 2016 wählen die Bürger der USA ihren neuen Präsidenten. Oder ist es eine Präsidentin? Selten war die Ausgangslage vor dem ersten TV-Duell der beiden Präsidentschaftskandidaten spannender. Wie würde sich der republikanische Kandidat Donald Trump präsentieren? Staatsmännisch? Vulgär? Oder würde Trump versuchen dort weiter zu machen, wo die beachtenswerte Kampagne von Bernie Sanders geendet hatte? Mit Parolen gegen das Establishment?
Doch auch Trumps Gegenüber sorgte vor der Debatte für einige Fragezeichen: Wie würde sich die demokratische Kandidatin Hillary Clinton nach ihrem Schwächeanfall halten? Würde sie Trumps Provokationen kontern können? Ihn gar aus der Reserve locken können?
Das erste TV-Duell live aus der Hofstra Universität in Hempstead, New York, in der Nacht auf Dienstag gab die Antworten:
Ja.
Hillary Clinton begann frisch, fit und fokussiert. Gleich zu Beginn liess sie keine Zweifel offen, dass sie bereit ist, Donald Trump in die Enge zu treiben.
Jein. Auf Angriffe tief unter der Gürtellinie verzichtete Trump, von seinem hemdsärmligen Stil konnte er sich während der gesamten Debatte aber nie lösen und dementsprechend verfehlte er sein Ziel, staatsmännisch zu wirken. In Zeiten, in denen das Attribut «staatsmännisch» in den USA beinahe als Beleidigung gilt, muss dies aber kein Nachteil sein. Vor allem bei Trumps Wählerschaft.
Clinton hatte einen harten Stand, nicht die gesamte Debatte von Trump niedergeschrien zu werden. Die Demokratin agierte dabei geduldig – vielleicht etwas zu geduldig, was ihr als kleine Unsicherheit ausgelegt werden kann. Persönliche Angriffe konterte sie indes souverän, wirkte dabei allerdings wie gewohnt etwas steif.
Clinton lancierte immer wieder Attacken, mit denen sie Trump in Erklärungsnot brachte. Zum Beispiel, als sie Trumps Anklage wegen Rassendiskriminierung aufwärmte, ihn subtil als Söhnchen mit einem reichen Vater darstellte oder auch auf seinen Umgang mit Frauen verwies.
So richtig in Verlegenheit geriet Hillary Clinton nie. Ihr eigentliches Problem ist altbekannt – es ist ihr bescheidenes Charisma. Und sie wurde in dieser ersten TV-Debatte ihrem Ruf gerecht.
Gleich nach der Debatte beklagte ein CNN-Analyst, er habe phasenweise Probleme gehabt, den Gedankengängen von Trump zu folgen. Und tatsächlich wirkte der Milliardär alles andere als dossiersicher. Manchmal geriet er arg ins Schwimmen. Doch hat ihm dies bisher geschadet?
Der Einstieg auf die Frage, wie Clinton den Rassenfragen und den Problemen der Diskriminierung begegnen möchte, wirkte seltsam unengagiert und untypisch unsicher. Mit ihren weiteren Vetos, befeuert durch einen fahrigen Trump, gewann die Demokratin dann aber wieder Tritt.
Donald Trump hatte mehrere heikle Momente zu überstehen. Gleich zu Beginn, als Moderator Lester Holt von ihm wissen wollte, wie er Jobs kreieren wolle, verrannte sich Trump komplett.
Später stand Trump definitiv mit dem Rücken zur Wand, als er seinen Meinungswandel hinsichtlich des Irakkriegs erklären musste. Für Minuten fabulierte er, wo er was und mit wem am Telefon gesagt haben wollte. Trump wirkte dabei wie ein angeschossenes Tier. Sichtlich enerviert verwies er dann auf sein Temperament, das das Temperament von Siegern sei. Seine Fans werden diesen Moment in der Diskussion als einen Aufstieg wie Phönix aus der Asche interpretieren, für neutrale Beobachter wirkte dieses Ablenkungsmanöver eher bizarr.
Richtig schwere Fehler beging keiner der beiden Kandidaten.
Der beste Spruch des Abends gehörte erstaunlicherweise Hillary Clinton – und er war gleichzeitig auch der beste Konter des Abends. Trump versuchte auf Hillary Clintons Gesundheit anzuspielen und sagte:
Nein. Trump spielte zwar immer wieder darauf an, dass Hillary in den 30 Jahren seit sie in der Politik ist, nichts zustande gebracht habe, auf Reizwörter wie «Revolution», «Superpacks» und andere Kampfbegriffe verzichtete er allerdings komplett.
Beiden wirkten mehr oder weniger souverän. Phasenweise zeigte Donald Trump seine typische unkontrollierte Mimik und auch sein Leck-mich-Gesicht. Hillary Clinton auf der anderen Seite zeigte zwei Mal Unsicherheiten, als sie bei Voten zu oft hilfesuchend auf ihr Rednerpult blickte.
Beide Kandidaten werden in ihren Reihen gepunktet haben: Clinton mit ihrer Kompetenz, Trump mit seinem Gepolter. Sollte der Republikaner an diesem Abend allerdings versucht haben, Latinos und Frauen für sich zu gewinnen, dann ist ihm das nicht gelungen.
Es war keine langweilige, aber auch keine herausragende Show. Die gelegentlichen Scharmützel boten zwar einiges an Unterhaltungswert, Trump hatte aber schon bessere, sprich bissigere Tage. Er schaffte es nicht, Hillary Clinton aus der Reserve zu locken. Auf der anderen Seite eignet sich Clintons Auftreten auch nicht für das ganz grosse Feuerwerk.
Trump ging nicht K.O., man kann aber ohne schlechtem Gewissen von einem Punktsieg von Clinton reden.
In dieser ersten Debatte waren beide Parteien bemüht, ihre Positionen und ihr Auftreten zu konsolidieren. Man kann davon ausgehen, dass in der nächsten Debatte die Angriffe intensiviert werden – weil vor allem Trump versuchen muss, neue Wählerschichten für sich zu gewinnen. Und das tut er in der Regel mit schamlosen Attacken.