Die Türkei will die Offensive gegen die Kurdenmiliz YPG im Norden Syriens trotz internationaler Kritik weiter vorantreiben. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan liess am Montag in Ankara verlauten, er habe die Rückendeckung Russlands für den Militäreinsatz.
«Wir werden keinen Schritt zurück weichen», sagte Erdogan. Die türkische Armee werde die Provinz Afrin ebenso unter ihre Kontrolle bringen wie zuvor schon Dscharablus, al-Rai und al-Bab. Das Vorgehen sei mit Moskau abgesprochen. Auch mit den USA habe seine Regierung gesprochen, habe sie aber «bei einigen Fragen nicht überzeugen» können.
US-Aussenminister Rex Tillerson mahnte in London alle Konfliktparteien in Afrin zur «Zurückhaltung». Zugleich erkannte er «das legitime Recht der Türkei, seine Bürger zu schützen vor Terrorelementen», an.
Die türkische Offensive in Afrin ist brisant für die USA, da sie die YPG im Kampf gegen die Terrormiliz «Islamischer Staat» (IS) unterstützen. Die Türkei dagegen betrachtet die YPG als syrischen Zweig der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) und damit als Terrororganisation. Sie fordert von Washington schon lange vergeblich die Einstellung der Militärhilfe für die YPG.
Mit der am Samstag gestarteten Operation «Olivenzweig» in Afrin will die Türkei eine 30 Kilometer tiefe Pufferzone entlang ihrer Grenze schaffen. Die USA streben dagegen mit der YPG auf eine Pufferzone in Syrien an der Grenze zur Türkei und dem Irak an.
Die türkische Artillerie nahm unterdessen weiter kurdische Stellungen in Afrin unter Beschuss. Dabei wurden laut der amtlichen Nachrichtenagentur Anadolu in der Nacht zu Montag auch zwei YPG-Stellungen zerstört, von denen aus Raketen auf die türkische Grenzstadt Reyhanli abgeschossen worden seien. Bei dem Raketenangriff waren ein Mensch getötet und 46 weitere verletzt worden.
Laut Anadolu besetzten die türkischen Einheiten elf Stellungen, die zuvor von YPG-Kämpfern geräumt worden waren. Zudem startete die Armee mit verbündeten protürkischen Rebellen eine neue Offensive von der syrischen Region Asas aus auf Afrin. Wie ein Korrespondent der Nachrichtenagentur AFP in der Region berichtete, überquerten zehn Panzer und bis zu 500 Soldaten und Rebellen die Grenze.
Ein YPG-Sprecher sprach von «heftigen Kämpfen». Laut der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte eroberten YPG-Kämpfer zwei Dörfer zurück, die zuvor von protürkischen Rebellen besetzt worden waren. Laut der oppositionsnahen Organisation wurden seit Beginn der Operation in Afrin 21 Zivilisten getötet, darunter sechs Kinder.
Berichte über zivile Opfer bezeichnet die Türkei als «Propaganda und Lügen» und geht mit Härte gegen Kritiker vor. Laut Medienberichten wurden am Montag 24 Verdächtige in den südöstlichen Provinzen Diyarbakir und Mardin wegen «Terrorpropaganda» zugunsten der YPG festgenommen. Sie sollen in den sozialen Medien die YPG unterstützt haben.
Auf Initiative Frankreichs wollte der Uno-Sicherheitsrat am Montag in New York in einer Dringlichkeitssitzung über Syrien beraten. Moskau kündigte unterdessen an, auch Vertreter der Kurden zu den Ende Januar geplanten Syrien-Friedensgesprächen in Sotschi einzuladen.
#Turkey's Foreign Minister Mevlut Cavusoglu warns if #France or any other country takes #Afrin offensive to the UN, they will be siding with a terror group and be treated as such by Turkish gov't. pic.twitter.com/TE9jvueX32
— Abdullah Bozkurt (@abdbozkurt) 21. Januar 2018
Die Rolle der Kurden im Friedensprozess müsse garantiert sein, sagte Aussenminister Sergej Lawrow. Aus dem türkischen Aussenministerium hiess es daraufhin, die YPG dürfe nicht zum Kongress des nationalen Dialogs geladen werden. (cma/sda/afp/dpa/reu)