Der krebskranke, einst im Vietnamkrieg gefolterte US-Senator John McCain kennt keinen Schmerz. Vor wenigen Tagen haben ihm Ärzte einen Gehirntumor entfernt. Am Dienstag liess er sich nach Washington einfliegen, um im Senat bei der Abstimmung über die mögliche Abschaffung von Obamacare teilnehmen zu können.
Trotz einer klaffenden Narbe über dem Auge begab sich McCain nach einer Standing Ovation der Ratskollegen zum Rednerpult. Und setzte nach seiner heroischen Rückkehr in einer leidenschaftlichen Rede zu einer kleinen Tirade gegen die Elite an. «Hört auf, auf die Grossmäuler im Radio, Fernsehen und Internet zu hören. Zur Hölle mit ihnen», so McCain.
Er meinte damit wohl nicht nur einflussreiche Talkmaster, sondern indirekt auch US-Präsident Trump, den er zuletzt immer wieder hart kritisiert hat.
Sen. McCain tells you to ignore “bombastic loudmouths on...the internet” — like, uh, the president? pic.twitter.com/Uxf7p0Pd16
— Dominic Holden (@dominicholden) July 25, 2017
Dann knöpfte er sich seine Ratskollegen vor: «Freunde – wir bekommen überhaupt nichts geregelt», sagte der 80-Jährige. Seine eigene Partei warnte er vor Mauscheleien hinter verschlossenen Türen.
Der Senat stimmte hauchdünn für das Eintreten auf die Vorlage (siehe Infobox). Wie andere Senatoren betonte McCain, es gehe ihm mit seinem Ja lediglich um eine Debatte. Inhaltlich könne er der bislang vorgelegten Gesetzgebung nicht zustimmen.
Die Abstimmung wurde von Protesten und Rufen wie «Schande» oder «Don't kill us, kill that Bill» (etwa: «Tötet nicht uns, sondern schafft dieses Gesetz ab») von den Zuschauerrängen des Senats begleitet. Die Führung der Republikaner und Trump selbst hatten über Tage eine Art Alles-oder-Nichts-Szenario aufgebaut: Wer dagegen stimme, die Abschaffung von «Obamacare» in Gang zu setzen, stimme für das Werk von Trumps Amtsvorgänger. Gegen sie laufen die Republikaner seit Jahren Sturm: Sie halten sie für einen Übergriff des Staates und für Sozialismus, ausserdem trägt das Gesetzeswerk Barack Obamas Namen.
(amü)