Das US-Repräsentantenhaus muss die Abstimmung über die von US-Präsident Donald Trump vorangetriebene Steuerreform wiederholen. Es gibt Verfahrensfehler.
Nachdem das Repräsentantenhaus die Reform am Dienstag gegen die Stimmen der Demokraten verabschiedet hatte, kritisierten demokratische Senatoren die Abstimmung. Sie monierten, dass mehrere Abschnitte des Gesetzestextes gegen Verfahrensregeln des Senats verstässen.
Damit aber ein Gesetz in den USA in Kraft treten kann, muss es vom Repräsentantenhaus und vom Senat in identischer Fassung verabschiedet werden. Die Demokraten forderten daher, dass vor der für Dienstagabend (Ortszeit) geplanten Abstimmung im Senat diejenigen Passagen gestrichen werden, die gegen die Verfahrensvorschriften verstossen.
Anschliessend soll das Repräsentantenhaus am Mittwochmorgen (Ortszeit) ein zweites Mal über die Reform abstimmen, diesmal ebenfalls ohne die monierten Passagen. Die Demokratischen Senatoren Bernie Sanders und Ron Wyden erklärten, die Verfahrensfehler seien ein Beleg dafür, wie überstürzt Trumps Republikanische Partei die Reform durchgeboxt habe: «In ihrer wilden Hast, Steuererleichterungen für ihre milliardenschweren Wahlkampf-Geldgeber durchzusetzen, haben unsere republikanischen Kollegen vergessen, sich an die Regeln des Senats zu halten», monierten sie.
Zuvor hatte das US-Repräsentantenhaus die umstrittene Steuerreform der Republikaner verabschiedet. 227 Abgeordnete stimmten am Dienstag für den Entwurf, 203 waren dagegen.
Der republikanische Vorsitzende der Kammer, Paul Ryan, sprach vom wichtigsten Gesetzesvorhaben seit Jahrzehnten. Die Republikaner hätten ein Versprechen gemacht und es eingelöst. Die Steuerreform war ein zentrales Wahlversprechen von US-Präsident Donald Trump.
In den Reihen der Konservativen gab es zwölf Abweichler, die Demokraten votierten geschlossen dagegen. Sie kritisieren das Paket als zutiefst ungerecht und werfen den Republikanern vor, damit vor allem Unternehmen und Reiche zu bevorzugen.
"On this vote, the Yeas are 227, and the Nays are 203, the conference report is adopted." - Speaker of the House Paul Ryan announces that the House of Representatives has approved the tax reform bill. Next, it heads to the Senate. https://t.co/TWlQBnBYPK pic.twitter.com/hcmEjwg4mL
— CNN Newsroom (@CNNnewsroom) 19. Dezember 2017
Als nächste Hürde steht nun die Abstimmung im Senat an. Die zweite Kammer des Kongresses wollte noch am Dienstagnachmittag mit der Debatte beginnen, einen genauen Zeitpunkt für die Abstimmung gab es nicht.
Im Senat sind die Dinge komplizierter. Die Republikaner haben dort eine deutlich knappere Mehrheit als im Abgeordnetenhaus. US-Vizepräsident Mike Pence verschob wegen der Abstimmung eigens seine Reise in den Nahen Osten. Bei einem Gleichstand von 50 zu 50 Stimmen käme ihm als Präsident des Senats die entscheidende Stimme zu.
Es ist die erste Steuerreform in den USA seit drei Jahrzehnten. Im Mittelpunkt des 500 Seiten starken Entwurfes steht eine massive Senkung der Ertragssteuer für Unternehmen von bisher 35 auf 21 Prozent.
Congratulations to Paul Ryan, Kevin McCarthy, Kevin Brady, Steve Scalise, Cathy McMorris Rodgers and all great House Republicans who voted in favor of cutting your taxes!
— Donald J. Trump (@realDonaldTrump) 19. Dezember 2017
Auch die meisten übrigen Steuerzahler können davon ausgehen, dass sie zumindest vorübergehend weniger Geld an den Fiskus abführen müssen. Allerdings profitieren die Reichen entgegen den Erklärungen Trumps deutlich stärker als die Ärmeren und die Mittelschicht.
Nach der Abstimmung im Senat könnte Trump das Gesetzespaket, das er historisch nennt, noch vor Weihnachten unterschreiben. Für ihn wäre es die grösste Errungenschaft seiner bisherigen Amtszeit. Das Paket hat einen Umfang von knapp 1,5 Billionen Dollar.
Dafür nehmen die Republikaner im Widerspruch zu ihrem Wahlprogramm 2016 eine starke Aufblähung des Haushaltsdefizits in Kauf: Der überparteiliche Steuerausschuss des Kongresses geht von einem Anstieg in Höhe von einer Billion Dollar im Zeitraum von zehn Jahren aus.
Die Republikaner erwarten, dass sich die Reform durch eine gesteigerte Wirtschaftsleistung selber finanziert. Unabhängige Experten ziehen das in Zweifel.
Höchst umstritten ist auch die Argumentation der Konservativen, dass sich die Steuererleichterungen für Unternehmen in höheren Löhnen niederschlagen würden. (sda/dpa)