International
USA

Schiesserei in Las Vegas: Augenzeugenbericht eines AZ-Sportredaktors

So erlebten meine Töchter und ich die Schiesserei: «Nina ist da draussen!»

02.10.2017, 13:4902.10.2017, 16:05
Rainer Sommerhalder / Nordwestschweiz
Mehr «International»

Rainer Sommerhalder, Sportredaktor der «Aargauer Zeitung» ist zurzeit mit seinen jungen Töchtern Samira und Nina und deren amerikanischem Freund Cooper auf einem zweiwöchigen Roadtrip. Derzeit weilen sie in Las Vegas im Luxor-Casino vis-à-vis des Mandalay Bay. 

Jetzt auf
Rainer Sommerhalder AZ Las Vegas
AZ-Sportredaktor Rainer Sommerhalder befindet sich in Las Vegas, als es zur Schiesserei mit Dutzenden von Toten kommt.Bild: Keystone/AZ

Aus dem Hotelzimmer blicken sie genau auf den Tatort. Was sie gerade erlebt haben und wie sie sich fühlen, schildert er in einer Audio-Nachricht, die er uns aus dem Zimmer über Whatsapp geschickt hat. Nachfolgend eine leicht zusammengefasste Abschrift der Nachricht.

«Ich bin mit meinen Töchtern Samira und Nina und ihrem amerikanischen Freund Cooper auf einem zweiwöchigen Roadtrip durch den Westen der USA. Es ist Sonntagnachmittag, als wir in Las Vegas ankommen, es ist heiss. Wir wohnen im Luxor-Casino, gerade gegenüber vom Mandala Bay Casino.
Police officers stand at the scene of a shooting near the Mandalay Bay resort and casino on the Las Vegas Strip, Sunday, Oct. 1, 2017, in Las Vegas. Multiple victims were being transported to hospital ...
Bild: AP/AP
Am Abend laufen wir dem Strip entlang und gehen Abendessen. Cooper wohnt eigentlich in Florida und musste wegen dem Tropensturm Irma nach Little Rock (Arkansas) zu Verwandten fliehen. Direkt von dort aus hat er sich uns in Las Vegas angeschlossen.
Nach dem Abendessen haben wir uns aufgeteilt. Ich und Samira haben uns auf den Weg ins Hotel gemacht. Nina und Cooper flanieren weiter.
Kurz nach 22 Uhr kommen Samira und ich bei der Bushaltestelle zwischen ‹Mandalay Bay› und ‹Luxor› an. Auf dem Weg fallen uns zwei Polizeiautos auf, die mit Blaulicht zum Country-Festival beim ‹Mandalay Bay› fahren. Ich denke bei mir: Eigentlich würde ich jetzt gerne auf das Festival Musik hören gehen. Doch Samira will ins Hotelzimmer, also gehen wir.
epa06239552 A handout photo made available by the Las Vegas News Bureau on 02 October showing the scene at the Route 91 Harvest festival on Las Vegas Boulevard South in Las Vegas 30 September, 2017. R ...
Bild: EPA/Las Vegas News Bureau
Kaum sind Samira und ich im Hotelzimmer, hören wir eigenartige Geräusche von draussen. Es rattert seltsam. Als wir aus dem Fenster schauen, sehen wir viel Polizei. Im Abstand von 30 Sekunden hören wir wiederholt das ratternde Geräusch.
Ich sage noch zur Tochter: Das tönt wie Maschinengewehr. Es klingt extrem nahe. Es klingt extrem laut. Langsam wird uns bewusst: Das sind Schusssalven!
Und im gleichen Moment fragen wir uns: Wo ist Nina?! Wir können sie nicht erreichen.
Ich informiere mich über Internet und TV. Erste Meldungen und Informationen werden bekannt: Es ist von einer Schiesserei die Rede. Samira und ich schauen raus und sehen immer mehr Polizei, dann Rettungswagen, die Feuerwehr.

Nina ist da draussen!

Es ist ein eigenartiges Gefühl, das mich befällt: Die Angst, Nina ist irgendwo da draussen! Die Frage: Wer schiesst? Warum? Terrorismus? Ein Fehlalarm?
A wounded woman is moved outside the Tropicana during an active shooter situation on the Las Vegas Strip in Las Vegas Sunday, Oct. 1, 2017. Multiple victims were being transported to hospitals after a ...
Bild: AP/Las Vegas Review-Journal
Die Angst bleibt: Wo ist Tochter Nina? Zehn Minuten später meldet sie sich. Sie habe mit Cooper im Casino Excalibur nebenan Schutz suchen müssen. Dort würden Leute weinend eintreffen, vermutlich vom Festivalgelände.
Ich bin etwas beruhigt: Nina und Coop scheinen in Sicherheit.
Dann kommt mir von früheren Vegas-Aufenthalten in den Sinn, dass es zwischen dem Excalibur und dem Luxor einen etwas verstecken Verbindungsweg gibt. Ich lotse Nina und Cooper per Whatsapp ins Luxor. Es klappt. Sie kommen noch rein, können auf ihr eigenes Zimmer, dürfen es aber wie alle Gäste nicht mehr verlassen.

Wir verriegeln unsere Türen

Ich spüre Hektik im Luxor, als bekannt wird, dass ein Täter flüchtig sei. Wir verriegeln unsere Zimmertüren zum Hotelgang hin.
Dann hören wir Schüsse, wahrscheinlich Pistolenschüsse. Etwas später erfahren wir, dass dies wahrscheinlich die Schüsse sind, mit denen der Täter von der Polizei erschossen worden ist.
Plötzlich werden wir von einem Hotel-Alarm aufgeschreckt. Über Zimmerlautsprecher ist von einer Schiesserei die Rede. Das scheint sich nicht zu bestätigen. Ein Fehlalarm?
A police officer stands at the scene of a shooting along the Las Vegas Strip, Monday, Oct. 2, 2017, in Las Vegas. Multiple victims were being transported to hospitals after a shooting late Sunday at a ...
Bild: AP/AP
Samira hat viele Fragen. Wir reden, versuchen das Geschehene einzuordnen.
Es ist 2 Uhr morgens, als ich diese Sätze in mein Handy spreche. Nach wie vor sehen wir viel Polizei am Tatort. Mit Taschenlampen suche sie die Umgebung ab. Aus den Medien erfahre ich, dass die Lebenspartnerin des Schützen gesucht wird. Mehr kann ich zurzeit nicht sagen.
Ich melde mich...»

Anmerkung der Redaktion: Mittlerweile ist die Identität des Schützen bekannt. Es handle sich um den 64-jährigen Amerikaner Stephen Paddock. Er wurde von der Polizei erschossen. Seine Begleiterin wurde gefunden. 

Video: srf
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
1 Kommentar
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
1
Brückeneinsturz mit Folgen – so wichtig ist der Hafen von Baltimore

Riesige Brückenteile versperren seit Dienstag die Zufahrt zum Hafen Baltimore an der Ostküste der USA. Die mehr als 2,5 Kilometer lange Francis Scott Key Bridge war in der Nacht eingestürzt, nachdem das rund 290 Meter lange Containerschiff «Dali» steuerlos einen Stützpfeiler der vierspurigen Brücke gerammt hatte. Zwei Tote wurden inzwischen aus dem Wasser geborgen, vier weitere Opfer wurden noch nicht gefunden.

Zur Story