Nach dem Ausstieg der USA aus dem Atom-Abkommen wollen die Europäer die Vereinbarung gemeinsam mit dem Iran retten. Wie Deutschland, Frankreich und Grossbritannien versicherten auch China und Russland, an dem Vertrag festzuhalten. Der deutsche Aussenminister Heiko Maas rief den Iran am Mittwoch auf, sich ebenso daran zu halten. «Dieses Abkommen ist nicht tot», sagte der französische Aussenminister Jean-Yves Le Drian im RTL-Radio.
"At the heart of the Iran deal was a giant fiction: that a murderous regime desired only a peaceful nuclear energy program. Today, we have definitive proof that this Iranian promise was a lie." pic.twitter.com/9m4VBjnHj7
— The White House (@WhiteHouse) 8. Mai 2018
Präsident Emmanuel Macron hat im Laufe des Tages mit seinem iranischen Amtskollegen Hassan Ruhani gesprochen. Nächste Woche, womöglich am Montag in Paris, werde es ein Treffen von Vertretern Frankreichs, Deutschlands und Grossbritanniens mit iranischen Kollegen geben.
«Es gibt einen amerikanischen Rückzug aus dem Vertrag, aber der Vertrag besteht fort», sagte Le Drian. Frankreich sei sich der Sorgen etwa über das iranische Raketenprogramm bewusst. Doch damit könne man sich befassen, auch ohne das Atomabkommen aufzukündigen.
US-Präsident Donald Trump hatte am Dienstag das Abkommen von 2015 aufgekündigt, neue, sogar verschärfte Iran-Sanktionen beschlossen und damit weltweit Furcht vor einer atomaren Aufrüstung im Nahen Osten ausgelöst. Der Ölpreis stieg, die Börsen in Asien und zum Teil in Europa gaben nach. Deutschland, Grossbritannien und Frankreich riefen die USA auf, nichts zu tun, was eine Umsetzung des Abkommens durch andere verhindere.
Für den Fall, dass Iran sein Atomprogramm wiederaufnehmen sollte, drohte der US-Präsident "sehr ernsthafte Konsequenzen" an. Trump verkündete die Regierung in Teheran "wird verhandeln, sonst wird etwas passieren". Genauere Details nannte der US-Präsident bisher nicht.
Die EU erklärte, ihre Sanktionen blieben ausgesetzt, solange der Iran seine Verpflichtungen erfülle. Die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) bekräftigte erneut, dass der Iran allen Auflagen aus dem Atomabkommen nachkomme.
Irans oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei nannte Trumps Aussagen albern und oberflächlich, zeigte sich aber auch den Versicherungen der Europäer gegenüber misstrauisch. Er traue Deutschland, Frankreich und Grossbritannien nicht, sagte der konservative Gegenspieler des gemässigten Präsidenten Hassan Ruhani. «Wenn es keine echte Garantie gibt, kann das Abkommen nicht fortbestehen», warnte er.
Der französische Wirtschaftsminister Bruno Le Maire bezeichnete es im Radio als «nicht hinnehmbar», dass sich die USA als «Wirtschaftspolizist für die Welt» aufführten.
Und der britische Aussenminister Boris Johnson forderte die USA auf, von Querschüssen abzusehen: «Ich bitte die USA dringend, auf alle Schritte zu verzichten, die andere Vertragsparteien davon abhalten würden, weiter an dem Abkommen festzuhalten.»
Ruhani hatte umgehend auf Trumps Entscheidung reagiert und den USA vorgeworfen, zu keiner Zeit ihre Verpflichtungen aus dem Abkommen erfüllt zu haben. Sein Land halte an dem Vertrag fest und werde mit den anderen Unterzeichnern verhandeln. Es stehe aber auch bereit, die Entwicklung von Atomtechnologie wieder aufzunehmen.
Der gemässigte iranische Präsident hatte gegen den Widerstand der Erzkonservativen und der einflussreichen Revolutionsgarden das Abkommen ausgehandelt. Dem Volk versprach er einen wirtschaftlichen Aufschwung nach dem Ende der Sanktionen.
Der Ausstieg der USA ist Wasser auf die Mühlen von Ruhanis Kritikern, die sich die Ungeduld der Iraner zunutze machen. So zeigte sich der Chef der Revolutionsgarden, Mohammed Ali Dschafari, skeptisch und sagte, die Europäer seien an die USA gebunden und nicht frei in ihrer Entscheidung.
Nach den Europäern erklärte auch China, es werde weiterhin das Atomabkommen sichern, und rief alle Parteien zu verantwortungsbewusstem Verhalten auf.
Der russische Aussenminister Sergej Lawrow sagte der Agentur Interfax zufolge, auch sein Land halte an der Nuklearvereinbarung mit dem Iran fest. Am Donnerstag reist der deutsche Aussenminister Maas nach Moskau zu Gesprächen mit Lawrow.
Der Iran hatte den Vertrag 2015 mit den fünf Uno-Vetomächten USA, Russland, China, Grossbritannien und Frankreich sowie Deutschland vereinbart. Die Islamische Republik verpflichtete sich, auf die Entwicklung von Atomwaffen zu verzichten und die Überprüfung ihrer Atomanlagen zu gestatten. Im Gegenzug hoben westliche Staaten Sanktionen auf. (mik/sda/reu/afp/dpa)