Mit dem langsamen Sinken der Pegelstände wird das Ausmass der Zerstörung durch den Wirbelsturm «Harvey» in Texas immer deutlicher. Viele betroffene Einwohner in Houston hatten erstmals die Gelegenheit, die Flutschäden an ihren Häusern mit eigenen Augen zu sehen.
Ein Mann machte dabei eine ziemlich überraschende Entdeckung. Unter seinem Tisch befand sich ein drei Meter langer Alligator, wie der TV-Sender «KTRK» berichtet.
Constable Deputies met by alligator in a flooded home near Lake Houston. He will be delivered back into this natural habitat soon. #Harvey pic.twitter.com/y0E0sfB6at
— Precinct 4 Constable (@pct4constable) 1. September 2017
Rangers trugen das Tier kurz darauf aus dem Haus und entliessen es in der Natur.
9 foot #gator pulled from home in Humble. Be careful when returning to flooded homes. There may be unwanted visitors. @abc13houston pic.twitter.com/1X5ZGxz57w
— Chris Nocera (@13ProducerChris) 1. September 2017
Die Behörden warnten davor, dass sich die Alligatoren wegen des Hochwassers plötzlich an Orten befinden könnten, an denen sie nicht zu erwarten seien. Wenn das Wasser wieder zurückgehe, würden die Tiere wieder verschwinden.
Präsident Donald Trump flog derweil zum zweiten Mal ins Katastrophengebiet. Trump hatte das Katastrophengebiet bereits am Dienstag besucht, aber dabei keinen persönlichen Kontakt mit Flutopfern gehabt.
Der Präsident traf am Samstag in Houston Opfer der Katastrophe, sprach ihnen Mut zu und half zusammen mit First Lady Melania beim Austeilen von Essen. Bei seiner Visite in einer Notunterkunft im NRG Stadion zeigten er sich nun ganz als Präsident zum Anfassen. Er schüttelte Hände, legte Betroffenen den Arm um die Schulter, strich Kindern über das Haar und plauderte mit ihnen. Wiederholt posierte er auch für Selfies.
Die Hilfsoperationen in Texas lobte er als ausgezeichnet und effizient. «Ich bin wirklich glücklich darüber, wie es läuft», sagte er.
President Trump hugs a little girl who ran up to him as he meets with people affected by Hurricane Harvey in Texas https://t.co/5mhXyHZuTE pic.twitter.com/iPE3sbB81f
— CNN (@CNN) 2. September 2017
Am Freitag hatte die Regierung im Kongress, dem US-Parlament, erste Hilfsgelder in Höhe von 7,85 Milliarden Dollar beantragt - fast zwei Milliarden mehr als ursprünglich im Gespräch gewesen waren. Ein Grossteil der Gelder soll in den ausgeschöpften Topf der Behörde für Katastrophenmanagement (FEMA) fliessen.
Bereits 440'000 Menschen haben Anträge auf Bundeshilfen gestellt. Nur ein kleiner Teil der Flutopfer in Texas ist gegen Hochwasser versichert.
«Harvey» könnte nach ersten Schätzungen zur teuersten Naturkatastrophe in der Geschichte der USA werden. Der Gouverneur von Texas, Greg Abbott, erwartet allein weit mehr als 100 Milliarden an Kosten für die Nothilfe der Regierung in Washington.
Derweil hat sich über dem Atlantik der nächste potenziell hochgefährliche Wirbelsturm zusammengebraut. «Irma» setzte nach Angaben des Hurrikan-Zentrums am Samstag im Atlantik ihren Weg in Richtung Kleine Antillen fort und könnte Anfang nächster Woche als mächtiger Hurrikan der vierthöchsten von fünf Stufen über sie hinwegfegen.
Ob der Sturm danach Kurs auf die US-Küste nehmen wird, war aber noch völlig unklar. Erste konkretere Aufschlüsse darüber erwarten Meteorologen Mitte kommender Woche.
«Harvey» war am 25. August ebenfalls als Hurrikan der Kategorie vier auf die osttexanische Küste geprallt. Danach schwächte er sich zwar rasch zu einem tropischen Sturm ab, verursachte aber heftigen Regen. Innerhalb weniger Tage fielen in Texas bis zu 1250 Liter Niederschlag pro Quadratmeter - ein Rekord für das Festland der USA.
Überflutungen gab es auch in Louisiana, und noch am Freitag brachte «Harvey» – da nur noch ein tropisches Tiefdruckgebiet - starke Regengüsse nach Tennessee.
Zwar sanken langsam die Pegelstände in Texas, doch von Entwarnung konnte noch keine Rede sein. So lagen im Gebiet um die Stadt Beaumont im Osten des Staates am Freitag die Wasserhöchststände noch um rund zwei Meter über den bisherigen Rekorden. «Das wird noch eine Woche lang so bleiben», sagte Gouverneur Abbott. Die Stadt werde von aussen mit Wasser und Nahrung versorgt. Auf Bildern war zu sehen, wie Menschen Schlange standen und auf Wasser warteten.
In der überschwemmten Chemiefabrik in Crosby bei Houston brannte es am Freitag erneut. Aus einem Gebäude schlugen Flammen, und es stieg schwarzer Rauch auf. Schon in der Nacht zum Donnerstag hatte es dort mehrere kleinere Explosionen und Brände gegeben. In der Fabrik war wegen der Überschwemmungen die Kühlanlage ausgefallen. Die dort gelagerten organischen Peroxide erwärmten sich, deswegen bestand Explosionsgefahr.
Die Feuerwehr beschloss, vorerst nicht einzugreifen. Es sei besser, die noch vorhandenen Behälter in den nächsten Tagen ausbrennen zu lassen, «als Feuerwehrleute in Gefahr zu bringen», sagte der stellvertretende Bezirksfeuerwehr-Chef Bob Royall.
Über die Zahl der Todesopfer der Flutkatastrophe gab es weiterhin keine Klarheit. US-Fernsehsender wie Fox News und CNN gaben am Freitag die inoffizielle Zahl von 47 Toten an.
In Mexiko kamen derweil mindestens vier Menschen durch den Tropensturm «Lidia» ums Leben. «Lidia» wütet seit Mittwoch an der mexikanischen Pazifikküste in Baja California. In Cabo San Lucas und San José del Cabo wurden Touristen in Sicherheit gebracht.
Rund tausend Menschen wurden in Notunterkünfte in La Paz gebracht, der Hauptstadt des Bundesstaates Baja California Sur. Rund 3000 weitere kamen in Notunterkünften in Los Cabos unter. (cma/sda/dpa/afp)