786 Tage nach Ankunft «Rosettas» bei ihrem Zielkometen und 688 Tage nach dem Aufsetzen ihres Landegeräts «Philae» auf Tschuri sind beide Sonden dann wieder vereint – in der schroffen Landschaft des Kometen, der mit vollem Namen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko heisst. Dank «Rosetta» gilt Tschuri mittlerweile als besterforschtes Relikt aus der Entstehungszeit von Sonne und Planeten.
«Nachdem die Sonde den Kometen zwei Jahre lang auf Schritt und Tritt begleitet und bei dessen Annäherung an die Sonne eine beispiellose Flut an wissenschaftlichen Daten bereitgestellt hat, entfernen ‹Rosetta› und ihr Komet sich nun wieder über die Umlaufbahn des Jupiters hinaus von der Sonne», beschrieb die Europäische Weltraumagentur ESA im Vorfeld die letzte Phase der beispiellosen Kometenmission, die längst als erfolgreichste ihrer Art gilt.
«Da sich ‹Rosetta› nun weiter von der Sonne wegbewegt als jemals zuvor und damit erheblich weniger für ihren Betrieb erforderliche Solarenergie zur Verfügung hat, ist das Schicksal der Sonde besiegelt: Sie wird ‹Philae› auf die Oberfläche des Kometen folgen», hiess es weiter bei der ESA.
In der Schlussphase ihres Abstiegs zur Kometenoberfläche wird «Rosetta» noch einmal zahlreiche Messungen vornehmen können – darunter die Untersuchung von Gas und Staub in nie dagewesener Nähe zu Tschuris Oberfläche.
«Diese Daten dürften bis zum endgültigen Aufprall übertragen werden, danach wird eine Kommunikation mit der Sonde nicht länger möglich sein», beschrieb Europas Weltraumagentur die bevorstehenden letzten Stunden von «Rosetta».
Die Sonde war mit «Philae» huckepack am 2004 gestartet und nach über zehnjähriger Reise im August 2014 an ihrem Zielkometen angekommen. Während die Muttersonde seither den Kometen umkreist, landete das Minilabor «Philae» am 12. November 2014 auf Tschuri – als erstes von Menschen geschaffenes Gerät.
Allerdings legte der kühlschrankgrosse Roboter eine ziemlich holprige Landung hin. Weil er an seinem ungeplanten Landeplatz zu wenig Sonnenenergie bekam, konnte der Lander nur rund 60 Stunden wissenschaftlich arbeiten. Dem Erfolg der Mission tat dies kaum Abbruch: Beide Sonden sammelten grosse Datenmengen, deren Auswertung noch viele Jahre dauern wird.
Doch schon vor dem Ende der Mission lieferte sie eine Fülle neuer Erkenntnisse über die Natur der Kometen und damit über die Entstehung des Sonnensystems vor rund viereinhalb Milliarden Jahren.
So gehen Forscher mittlerweile davon aus, dass das Wasser auf der Erde im Gegensatz zu früheren Theorien wohl doch nicht in grossen Mengen von Kometen stammt – die Struktur der Wassermoleküle auf Tschuri unterscheidet sich nämlich deutlich von irdischem Wasser, wie «Rosetta»-Daten ergaben.
Andere Messungen legen nahe, dass eine Theorie der Entstehung von Kometen wahrscheinlich überdacht werden muss: Bisher gingen Wissenschaftler davon aus, dass Magnetfelder beim Zusammenbacken von winzigen Materiebausteinen und damit in der frühen Wachstumsphase von Kometen eine Rolle spielten.
Die Daten von Tschuri zeigen dagegen, dass dessen Kern unmagnetisch ist. Die Forscher fanden zudem auf dem Kometen überraschend harte Stellen – und mehrere organische Moleküle, die nie zuvor in Kometen nachgewiesen wurden.
Vor allem aber die Bilder von «Rosettas» Kamerasystem «Osiris» liessen Forscher und Laien gleichermassen den Atem anhalten: Die Fotos zeigten nie gesehene Details der bizarren Landschaften auf Tschuri. In dieser fremden Welt soll nun auch «Rosetta» landen – und auf Tschuri fortan stumm mit «Philae» um die Sonne reisen. (wst/sda/afp)