Die Katastrophenregion im Himalaya ist am Sonntag von einem starken Nachbeben erschüttert worden. Nach Angaben der US-Erdbebenwarte hatte der Erdstoss eine Stärke von 6,7. Das Zentrum lag demnach südlich von Kodari in Nepal nahe der Grenze zu China in einer Tiefe von rund zehn Kilometern.
Nach dem verheerenden Himalaya-Erdbeben haben die Helfer in Nepal bislang mehr als 2400 Leichen geborgen. Tausende Menschen wurden nach offiziellen Angaben bei der Naturkatastrophe verletzt. Es wird befürchtet, dass die Zahl der Toten weiter steigen wird.
Nepal war am Samstagmittag von einem Beben der Stärke 7,8 erschüttert worden. In Indien kamen nach offiziellen Angaben mindestens 53 Menschen ums Leben. 17 weitere Tote gab es laut Berichten chinesischer Staatsmedien in Tibet.
Die Humanitäre Hilfe des Bundes hat ein Soforteinsatzteam in die Katastrophenregion geschickt. Das sechsköpfige Vorausdetachement flog am Sonntag in einem Rega-Flugzeug von Zürich nach Kathmandu ab.
Dem Team des Schweizerischen Korps für Humanitäre Hilfe (SKH) gehören neben dem Teamleader und seiner Stellvertreterin ein Arzt, ein Baustatiker, ein Wasserexperte und ein Logistiker an, wie das Eidg. Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA) mitteilte.
Bei der Helpline des EDA hätten seit Samstag Dutzende besorgte Angehörige angerufen, sagte der Sprecher weiter. Die Hinweise würden jeweils an die Botschaft in Kathmandu weitergeleitet, die dann Abklärungen in Angriff nehme.
Dem EDA sind 124 Schweizer Bürgerinnen und Bürger in Nepal offiziell gemeldet. Über die tatsächliche Zahl der Schweizer, die sich derzeit in dem Land aufhalten, hat die Behörde aber keinen Überblick.
Der in der Region führende Schweizer Reiseveranstalter Globetrotter hatte am Samstag 64 Kundinnen und Kunden in Nepal. Von ihnen hat das Unternehmen mittlerweile 42 erreicht, wie André Lüthi von Globetrotter am Sonntag sagte.
Sie seien nicht verletzt, aber durchaus von dem Erlebten «mitgenommen». Dabei handle es sich hauptsächlich um Kulturreisende, die in der Region Kathmandu unterwegs waren. Die anderen Kunden befänden sich auf Trekkings. Sie seien viel schwieriger zu kontaktieren.
Die meisten Menschen in Nepals Hauptstadt Kathmandu verbrachten die Nacht im Freien, bei leichtem Nieselregen – darunter auch Verletzte, die in den überfüllten Spitälern keinen Platz mehr fanden. Tausende haben ihre Häuser verloren oder fürchten sich, in die Gebäude zurückzukehren.
Mehrere Schweizer Hilfswerke stellten Geld für Nothilfe zur Verfügung. Caritas Schweiz sprach einen Beitrag von 500'000 Franken. Die Schwesternorganisation Caritas Nepal sei bereits in der Katastrophenregion aktiv, teilte das Hilfswerk mit. Sie organisiere Rettungshilfe und Notunterkünfte für Obdachlose.
World Vision stellte Soforthilfe im Umfang von 200'000 Franken bereit, wie das Kinderhilfswerk mitteilte. 205 Mitarbeitende seien in 17 Gegenden Nepals tätig. Handicap International eilte der betroffenen Bevölkerung ebenfalls zur Hilfe. Mitarbeiter hätten beispielsweise Spitäler mit Material versorgt, teilte die Organisation mit.
Die Glückskette rief zu Spenden für die versehrte Bevölkerung auf. Die Gelder fliessen sowohl in Nothilfe wie später auch in den Wiederaufbau. Das Spendenkonto lautet 10-15000-6, wie die Glückskette mitteilte.
Choppers rescue Mount Everest avalanche victims http://t.co/E2t8jUFzCA pic.twitter.com/QN1tE6Jrdl
— NDTV (@ndtv) 26. April 2015
Die Rettung der Bergsteiger am Mount Everest nach dem verheerenden Erdbeben in Nepal ist angelaufen. Die ersten Verletzten seien am Morgen ausgeflogen worden, teilte der rumänische Bergsteiger Alex Gavan am Sonntag über Twitter mit.
ongoing heli rescue in western cwm.few climbers, included david breashers, helicoptered down from camp1.more than 100 of them still up.
— Alex Gavan (@AlexGAVAN) 26. April 2015
Die Schwerverwundeten wurden in die nepalesische Hauptstadt Kathmandu gebracht. Allein 18 Leichen wurden im Basislager geborgen, das durch eine Lawine teils zerstört wurde. Laut dem Präsidenten des ansässigen Bergsteigerverbandes, Ang Thsering Sherpa, sind dabei 61 Personen verletzt worden.
Unter den Toten befindet sich der Google-Ingenieur Dan Fredinburg, der an Kopfverletzungen starb. Das nepalesische Tourismusministerium geht davon aus, dass sich mindestens 1000 Bergsteiger, darunter 400 Ausländer, im Basislager aufhielten oder bereits die Besteigung des höchsten Berges der Welt gestartet hatten.
Sherpa zufolge sind die 100 Bergsteiger und ihre Helfer oberhalb des Basislagers in Sicherheit. Der Weg hinab sei ihnen jedoch aufgrund der zerstörten Rückroute verwehrt.
Die USA, Grossbritannien, Pakistan und andere Länder entsandten Experten für die Suche von Verschütteten. Internationale Hilfsorganisationen bemühten sich derweil am Sonntag um eine Einschätzung des Bedarfs vor Ort. Die indische Armee hatte bereits am Vortag mehrere Flugzeuge mit Hilfsgütern wie Nahrungsmittel und Wasser geschickt.
Die Organisation CARE teilte mit, sie plane 75'000 Menschen mit Notunterkünften, Nahrungsmitteln, Wasserreinigungstabletten und dem Bau von Latrinen zu unterstützen. «Unsere Priorität ist, den Bedarf so schnell wie möglich einzuschätzen und unsere Hilfe zu starten.»
Wie es in vielen abgelegenen Städten und Dörfern in dem Himalaya-Land aussieht, ist noch kaum zu überblicken. Das Dorf Barmak, unter dem das Epizentrum des Bebens lag, sei fast vollständig zerstört, sagte ein Sprecher des Innenministeriums. «Ich habe meine Angehörigen und alle meine Nachbarn verloren», sagte eine Frau auf Jaybageshwari, einem örtlichen Radiosender. «Kann jemand, der überlebt hat, uns helfen? Wir haben weder Essen noch Kleidung. Alles ist weg.»
Nepal hat den Notstand in den betroffenen Gebieten ausgerufen. Schulen und Universitäten bleiben für eine Woche geschlossen. Die Stromversorgung könnte lange ausfallen, da das Erdbeben die Wasserkraftwerke beschädigt hat, von denen Nepal fast all seinen Strom bezieht. Indien hat mehrere Flugzeuge mit Hilfsgütern wie Nahrungsmitteln, Wasser und Kommunikationsgeräten geschickt. (trs/sda/dpa/reu/afp)