Allmählich werden die Uiguren zu einer Minderheit im eigenen Land: Durch die verstärkte Zuwanderung aus dem chinesischen Kernland seit den Neunzigerjahren stehen sich in der riesigen, aber dünn besiedelten Region mittlerweile rund zehn Millionen Uiguren und 8,4 Millionen Han-Chinesen gegenüber.
Zwischen den beiden Volksgruppen kommt es immer wieder zu blutigen Auseinandersetzungen. Erst Anfang August wurden bei gewalttätigen Unruhen beinahe hundert Menschen getötet. Das muslimische Turkvolk wehrt sich gegen die systematische Ansiedlung von Han-Chinesen in seiner Heimat.
Schwere Ausschreitungen gab es im Sommer 2009. Damals attackierten mit Messern und Knüppeln bewaffnete uigurische Demonstranten in der Hauptstadt Ürümqi Han-Chinesen, zündeten Autos an und stürmten Geschäfte. Bei den schlimmsten Zusammenstössen seit Jahrzehnten kamen fast 200 Menschen zu Tode.
Das früher Ostturkestan genannte Gebiet wurde 1949, nach der Machtübernahme der Kommunisten in Peking, friedlich in die Volksrepublik eingegliedert. Mittlerweile fühlen sich die Uiguren jedoch wirtschaftlich, politisch und kulturell von den herrschenden Han-Chinesen unterdrückt. Peking bezeichnet dagegen uigurische Demonstranten und Rebellen als Separatisten, religiöse Extremisten und Terroristen.
Das «Chinesische Wirtschaftswunder», Folge der wirtschaftlichen Liberalisierung Chinas unter Deng Xiaoping, hat auch Xinjiang erreicht. Nach wie vor profitieren aber vornehmlich zugewanderte Han-Chinesen vom steigenden Lebensstandard.
Von 1964 bis 1996 führte China in Xinjiang (chin. für «neue Grenze») insgesamt 45 Atomtests durch. Nach den oberirdischen Atomtests – der letzte fand erst 1980 statt – berichteten Anhänger der uigurischen Unabhängigkeitsbewegung von mysteriösen Erkrankungen im Südwesten der Region. Von offizieller Seite wurden solche Fälle jedoch nie bestätigt.
Das mit Rohstoffen wie Erdöl, Erdgas und Kohle gesegnete Xinjiang ist mit 1,66 Millionen km² – knapp ein Sechstel der Fläche der gesamten Volksrepublik – Chinas grösste Provinz. Die Bevölkerung ist seit den Fünfzigerjahren stark gewachsen; heute leben hier rund 22 Millionen Menschen. Das sind weniger als zwei Prozent der insgesamt 1,3 Milliarden Einwohner Chinas.