Am Wochenende wurde Nigeria erneut von einer Welle der Gewalt erschüttert. Am Sonntag rissen zwei weitere Selbstmordattentäterinnen mindestens vier Menschen in den Tod. Mindestens 21 wurden verletzt. Der Anschlag traf einen gut besuchten Marktplatz in Potiskum im Nordosten Nigerias.
Schon am Samstag riss ein etwa zehn Jahre altes Mädchen in Maiduguri im Nordosten Nigerias mindestens 19 Menschen mit in den Tod.
Wie ein Augenzeuge gegenüber «BBC» berichtete, war die zweite Attentäterin vom Sonntag «sehr eingeschüchtert von der ersten Bombe. Sie versuchte über die Strasse zu flüchten, bevor sie explodierte». Die Bomben seien ferngesteuert gewesen, sagte ein Sicherheitsmann gegenüber der Nachrichtenagentur AFP.
Eine der Attentäterinnen war den Angaben aus Sicherheitskreisen zufolge erst rund 15 Jahre alt, die andere etwa 20.
Zunächst bekannte sich niemand zu den Taten. Die Abläufe trugen aber deutlich die Handschrift der islamistischen Terrorgruppe Boko Haram, die bereits mehrfach Attentate in Maiduguri verübt hat.
Zuletzt hat es auch mehrere Anschläge gegeben, die von Mädchen und Frauen ausgeführt wurden. Vor wenigen Wochen erst führte die nigerianische Polizei ein 13-jähriges Mädchen vor, das nach eigenen Angaben von Boko Haram zu einem Selbstmordanschlag gezwungen werden sollte.
Sie war mit nicht gezündeter Sprengstoffweste festgenommen worden. Im vergangenen April entführte Boko Haram mehr als 200 Schulmädchen in der Stadt Chibok. Von ihnen fehlt bislang jede Spur.
Gemäss dem Online-Magazin «Quartz» kontrolliert die Terrorgruppe in Nigeria inzwischen ein Gebiet von 52'000 Quadratkilometern, mindestens 850,000 Menschen sind vor ihnen auf der Flucht. «Sie könnte zum neuen ‹Islamischen Staat ›werden», warnt die Seite.
Der britische Hochkommissar für Nigeria Andrew Pocock sagte zudem gegenüber dem Telegraph: «Wir haben es mit einem Nachahmungs-Element zu tun: Wenn die IS ein Kalifat errichten kann, können wir das auch. Boko Haram wollen als erwachsene Dschihadisten wahrgenommen werden. Sie wollen zeigen, dass sie Territorium kontrollieren und ein Kalifat ausrufen können.»
Militärsprecher Chris Olukolade bat am Sonntag via Twitterbat um Unterstützung für die Armee im Kampf gegen Boko Haram. Die Offensive müsse «wohlmeinende Menschen auf der ganzen Welt» davon überzeugen, dass Boko Haram «das Böse» sei, erklärte Olukolade. Nun müssten «alle» zusammenarbeiten, um die Gewaltserie zu beenden, statt die Gegner von Boko Haram zu «verunglimpfen».
Experten befürchten, dass Boko Haram rund um die Parlaments- und Präsidentenwahl in Nigeria am 14. Februar das Land mit vermehrten Anschlägen destabilisieren will. Boko Haram kämpft im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias für einen islamischen Staat.
Bei Angriffen und Anschlägen der Gruppe auf Sicherheitskräfte, Behörden, Schulen und Kirchen sowie den Einsätzen der Sicherheitskräfte gegen Boko Haram wurden seit dem Jahr 2009 mehr als 13'000 Menschen getötet.
Das nigerianische Militär steht massiv in der Kritik, weil es die Gewalt bislang nicht beenden konnte. Soldaten beklagten immer wieder einen Mangel an Waffen und Ausrüstung im Kampf gegen Boko Haram und weigerten sich deshalb, an Einsätzen gegen die Extremisten teilzunehmen. (rar/feb/sda/dpa/afp)