Die israelische Armee hat in der Nacht auf Montag ihre Luftangriffe auf Ziele im Gazastreifen fortgesetzt. Nach Angaben palästinensischer Rettungskräfte wurden bei einem Angriff mindestens zwei Menschen in dem Küstengebiet getötet. Damit stieg die Zahl der getöteten Palästinenser seit dem Beginn des Konflikts zwischen der israelischen Armee und militanten Palästinensergruppen Anfang Juli auf mindestens 2122.
Eine Armeesprecherin in Tel Aviv sagte, binnen 24 Stunden seien 65 Ziele im Gazastreifen bombardiert worden. Dortigen Augenzeugen zufolge wurden zwei Moscheen zerstört, im nördlichen Beit Hanun sowie in der Stadt Gaza.
Nach einer ruhigen Nacht heulten in mehreren israelischen Städten am Montagmorgen wieder die Warnsirenen. Mindestens zwei Raketen seien in offenen Gebieten eingeschlagen, berichtete das israelische Fernsehen. Am Sonntagabend zerstörte die Luftwaffe nach eigenen Angaben eine Abschussrampe, von der aus eine Rakete nach Jerusalem abgefeuert worden war.
Israel hatte am Wochenende seine Angriffe wieder verstärkt, nachdem am Freitag ein vierjähriges israelisches Kind getötet worden war. In dem Konflikt war am vergangenen Dienstag eine befristete Waffenruhe gescheitert.
Am Wochenende geriet Israel von drei Seiten unter Raketenbeschuss. Während die Palästinenser ihre Angriffe aus dem Gazastreifen fortsetzten und Dutzende Raketen nach Israel schossen, schlugen auch Geschosse aus Libanon und aus Syrien auf israelischem Gebiet ein. Verletzt wurde dabei offenbar niemand. Die Befürchtung wuchs aber, dass der Konflikt auf weitere Teile der Region übergreifen könnte.
Fünf aus Syrien abgefeuerte Raketen schlugen in der Nacht an verschiedenen Orten auf den Golanhöhen ein. Nur Stunden zuvor hatten Extremisten aus Libanon zwei Raketen auf den Norden Israels abgefeuert. Ein Haus in Galiläa sei getroffen worden, teilte der israelische Radiosender mit. Acht Menschen hätten einen Schock erlitten.
Israel setzte seine Luftangriffe auf den Gazastreifen fort. Nach Angaben der palästinensischen Rettungsdienste wurden dabei am Sonntag mindestens acht Palästinenser getötet. Darunter waren offenbar zwei Männer auf einem Motorrad, die gezielt in Gaza angegriffen wurden.
Am Samstag wurden bei rund 60 israelischen Luftangriffen zehn Palästinenser getötet, darunter drei Kinder und vier Frauen. Mitten in Gaza wurde ein 13-stöckiges Gebäude zerstört.
Die 44 Familien waren geflüchtet, nachdem die Luftwaffe zehn Minuten zuvor einen Warnschuss auf das Hausdach gefeuert hatte. Ein israelischer Militärsprecher sagte, das Gebäude sei von Kämpfern der Hamas als Kommandozentrale genutzt worden.
Weitere Militärschläge könnten folgen: Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu forderte die Gaza-Bewohner im Radio zum Verlassen sämtlicher Gebäude auf, in denen die Hamas Einsätze plane. Solche Aufrufe waren zuvor bereits von der Armee mit Flugblättern und Handy-Botschaften an die Bewohner im Gazastreifen verbreitet worden. Israel werde seine Offensive auf dem Gazastreifen fortsetzen, bis von dort kein Beschuss mehr zu erwarten sei, drohte Netanjahu am Sonntag. Dabei ist auch eine mögliche neue Bodenoffensive im Gespräch, wie Kommunikationsminister Gilad Erdan am Samstagabend sagte.
Seit Beginn der israelischen Offensive am 8. Juli starben Palästinensern zufolge mehr als 2000 Menschen durch die Gewalt – die meisten von ihnen Zivilisten. Israel wirft der Hamas vor, für die Toten verantwortlich zu sein, weil die Organisation sich in Wohngebieten verschanze. Auf israelischer Seite wurden 64 Soldaten und vier Zivilisten getötet. Israel hatte seine Offensive zu Beginn mit dem Raketenbeschuss aus dem Gazastreifen begründet. Aussicht auf neue Verhandlungen bestand am Wochenende nicht. Die letzten Gespräche hatten die beiden Konfliktparteien geführt, bevor am Dienstag eine Waffenruhe scheiterte.
Ägypten appellierte am Wochenende an beide Seiten, Verhandlungen für einen Frieden in Nahost wiederaufzunehmen. Dies berichtete Palästinenserpräsident Mahmud Abbas am Samstag nach einem Treffen mit dem ägyptischen Staatschef Abdel Fattah al-Sisi.
Unterdessen wurde bekannt, dass die radikalislamische Hamas einem Beitritt der Palästinenser zum Internationalen Strafgerichtshof (ICC) in Den Haag zugestimmt hat. Abbas, der vergangene Woche in Katar Hamas-Führer Chaled Maschaal getroffen hatte, will das Rom-Statut unterzeichnen, das die Grundlage des Strafgerichtshofs bildet.
Dieser verfolgt Delikte des Völkerstrafrechts, die seit seiner Gründung Mitte 2002 begangen wurden. Vorher sollen aber alle Palästinenserfraktionen zustimmen. Bisher erkennen weder Israel noch die Palästinensische Autonomiebehörde den Gerichtshof an, was dessen Zuständigkeit für diese Region behindert. (rar/dwi/sda/reu/afp/dpa)