Schweizermacher
Das Einbürgerungs-Protokoll: Diese 92 Fragen musste Funda Yilmaz beantworten

Die Befragung der jungen Türkin Funda Yilmaz durch die Einbürgerungskommission Buchs hat nach den az-Recherchen landesweit für Gesprächsstoff gesorgt. Hier nun das ganze Protokoll mit allen 92 Fragen und Antworten sowie allen Dokumenten, die zum Fall vorliegen.

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Funda Yilmaz und Schweizer Pass.

Funda Yilmaz und Schweizer Pass.

Fotos: zvg/key; Montage: edi

"Einbürgerungs-Nein: Funda-Yilmaz in der Titlis-Falle" titelte die "Aargauer Zeitung" ihren Artikel vom 26. Juni und beschrieb, wie einzelne Fragen der Einbürgerungskommission Buchs die junge Türkin in Verlegenheit und teils in Bedrängnis brachten. Dies berichtete die az aufgrund des Protokolls des Gesprächs, Aktennotizen und weiteren Dokumenten, welche der Zeitung von Anfang an vorlagen.

Der Fall über das Schweizermacher-Opfer Yilmaz sorgte über die Region hinaus für Kopfschütteln. Bis weit in rechte Kreise hinein setzte man ein Fragezeichen hinter die Art der Befragung und dem ablehnenden Einbürgerungsentscheid, zumal Funda Yilmaz einen einwandfreien Leumund hat und den Staatskundetest fehlerfrei meisterte. Sogar Hardliner Andreas Glarner sagte im "Talk Täglich" auf Tele M1: «Ich wünsche ihr, dass sie Schweizerin wird. Und gegenüber Yilmaz: «Sie sind wahrscheinlich eine so gute Schweizerin wie wir alle.»

Nur wenige, etwa CVP-Präsidentin Marianne Binder, verteidigte die Buchser Einbürgerungskommission und kritisierte in einem az-Leserbrief: "Wenn es Schule macht, dass Einbürgerungswillige mit selektiver Information aus Protokollen die Öffentlichkeit für sich instrumentalisieren und Sturm laufen gegen Behörden, welche sich nicht äussern dürfen, dann frage ich mich, wo die Gerechtigkeit bleibt."

Zur Transparenz und damit sich jeder selber ein Bild machen kann, veröffentlicht die az hier das ganze Befragungsprotokoll und weitere Dokumente zum Fall. Auch die "Schweizer Illustrierte" publiziert in ihrer jüngsten Ausgabe das Gespräch der Kommission mit Funda Yilmaz.

Das Protokoll

Datum des Einbürgerungsgesprächs: 20. März 2017

Gesuchsteller/in: Yilmaz, Fulden Funda, geb. 23.05.1992

Bemerkungen: Die Kandidatin spricht sehr gut Deutsch, das Protokoll ist deshalb nur stichwortartig geführt. Sie wird zu einem 2. Gespräch auf Montag, 3. April 2017, 19.00 Uhr, eingeladen.

Einstieg

Bitte stellen Sie sich kurz vor?

Bin Fulden Funda Yilmaz, bin 24, arbeite als Bauzeichnerin hier in Aarau, habe dort auch die Lehre gemacht und konnte dann bleiben. Bin seit kurzem verlobt. Wohne noch bei den Eltern. Meine Hobbys sind mit meinen Hunden laufen gehen, nebenbei mache ich Pole-Fit einmal pro Woche und ich bin gerne draussen in der Natur.

Warum wollen Sie sich gerade jetzt einbürgern lassen?

Mein Verlobter hat mich überredet. Bin hier geboren. Er sagt es ist auch gut, wenn du hier bei den Abstimmungen mitmachen würdest, denn ich lebe ja auch hier. lch habe auch nicht vor auszuwandern.

lst er Schweizer?

Er ist 1/2 ltaliener, 1/4 Schweizer und 1/4 Spanier.

Und er hat Sie dazu ermuntert?

Ja genau.

lch habe gesehen, lhre Familie hat schon mal ein Einbürgerungsgesuch eingereicht.

Ja, damals war ich in der 4. oder 5. Klasse, ich weiss es nicht mehr genau. Weiss nicht warum es abgelehnt wurde. War noch zu klein, sie haben es mir auch nicht gesagt und ich habe auch nicht mehr nachgefragt, da es schon lange her ist.

Aber Sie haben mit den Eltern darüber gesprochen?

Ja sie fìnden es gut, dass ich es mache. Sie sagen ich solle dran bleiben. Es sei eine gute Entscheidung. Sie haben auch gesagt, ich solle schauen, dass es mein kleiner Bruder auch macht. Er ist nun auch schon 16 Jahre alt. Fängt im Sommer die Lehre an. Dass er mit 18 dann auch etwas machen kann.

Sie haben im Staatsbürgertest 100 % erreicht... Wie haben Sie sich vorbereitet? Noch etwas von der Schule gewusst?

Ja, da war ich auch froh. Ja von der Schule und dann habe ich diese Seite erhalten. Dann habe ich es zu Hause ab und zu geübt. War immer zwischen 88 und 97 %. Als ich hier die 100 % gesehen habe, dachte ich gut.

Auf dem Fragebogen haben Sie geschrieben "die Wehrpflicht ist eine sinnvolle Sache". Und bei der Frage, ob Sie den Pflichten nachkommen, steht "nein, ich bin eine Frau". Was ist mit Gleichberechtigung?

Man sagt ja, der Mann ist für die Wehrpflicht und die Frau für die Kinder. lch möchte mal Kinder, und will dann für die da sein.

Okey, das eine schliesst ja das andere nicht aus. Aber es gibt eine Wehrpflicht, fi¡r die Sie auch pflichtig sind. Militär ist freiwillig, aber z. B. Feuerwehr. lst das kein Thema?

lch war am lnfoabend der Feuerwehr. Das habe ich noch recht gut gefunden, aber es hat etwas gefehlt, dass ich mich wirklich anmelde. Vielleich hat der Mut gefehlt.

Etwas das mir auch aufgefallen ist, Sie sind noch sehr jung, wohnen noch zu Hause, aber haben bereits einen Kredit.

Ja ich habe mir 2014 ein Auto gekauft. Eigentlich wollte ich etwas günstigeres, aber als ich mein Auto gesehen habe, habe ich mich verliebt. Da wurde ich ungeduldig.

Also ist es ein Leasing?

Nein ein Kredit. Ein Kredit Plus oder so. Es ist ähnlich wie Leasing, aber nicht Leasing.

Arbeit

Sie haben eine Ausbildung als Zeichnerin EFZ. lngenieurbau. Erzählen Sie mir etwas über lhre Arbeit, was Sie so machen.

Der alte Begriff wäre Tiefbauzeichnerin. lch arbeite aber hauptsächlich im Hochbau. lch zeichne Beschallungspläne von Häusern, Blöcken.

Also alles was mit Bauten zu tun hat?

Ja. Ab und zu gehe ich auch auf Baustellen kontrollieren. Und dann schaue ich für die Stiften, dass ich íhnen helfen kann und sie unterstützen.

Das ist ein sehr technischer Beruf, ich denke Sie zeichnen viel am PC.

Ja hauptsächlich am Computer. Auch als ich die Lehre angefangen habe, zeichnete ich nur 1-2 Monate von Hand, dann mit dem PC.

Sind Sie durchs Schnuppern drauf gekommen, oder war das Technische schon immer lhres?

Es war schon immer meines. Als ich die Lehre gesucht habe, habe ich mich aufs Technische konzentriert. Wenn ich etwas mache, will ich auch das Ergebnis sehen.

Mund Ganz+Partner ist eine grosse Firma, Aarau ist ja nur ein kleiner Teil. Sie haben ja auch Partner in Deutschland in Heidelberg und Dresden. Wäre es ein Thema mal dort zu arbeiten?

Darüber haben wir noch nie geredet. Und ob wir gross zusammenarbeiten weiss ich auch nicht.

Und mal paar Monate in eine andere Firma gehen, gerade im Ausland, war noch nie Thema?

Nein, nicht wirklich. lch dachte mal an Sprachaufenthalt, aber es kam nicht dazu. Und hat ja auch nichts mit Beruf zu tun. lm Ausland zu arbeiten, habe ich noch nie daran gedacht.

Haben Sie Weiterbildungen geplant?

Ja, vorletzte Woche habe ich die Aufnahmeprüfung für die Berufsmatura gemacht. Jetzt warte ich auf Ergebnisse. Aber was ich genau will, weiss ich noch nicht. Einerseits zuerst Berufsmatura, dann die Fachhochschule, aber welche Richtung weiss ich noch nicht. Und andererseits denke ich, bleibe ich als Zeichnerin und sammle Berufserfahrung. Und später möchte ich Kinder, selbstständig werden und von zu Hause aus arbeiten. lch habe mich noch nicht entschieden, deshalb habe ich gedacht, ich mache nun mal die Berufsmatur und dann schaue ich weiter.

Also von zu Hause aus könnten Sie als frei arbeitender Zeichner arbeiten?

Ja genau. Wenn wir zu viel Arbeit haben, haben wir ausserhalb Personen, denen wir die Aufträge extern vergeben.

Sie bekommen Ende Monat Lohn. Welche Abzüge werden dort gemacht?

ALV/AHV/PK, mehr weiss ich nicht mehr.

Wissen Sie, wie Sie gegen Unfall versichert sind? Während der Freizeit, Arbeiten?

Sollte alles drin sein.

Gesundheit

Wie sind Sie versichert wenn Sie krank werden?

Krankenkasse. Habe Hausarzmodell, gehe zum Hausarzt.

Sie haben das Hausarztmodell? Warum haben Sie dieses abgeschlossen?

Weiss nicht. Wurde so empfohlen vom Versicherungsvertreter. Habe gedacht, wenn etwas ist, gehe ich eh zum Hausarzt, also kann das nicht so schlecht sein.

lst eine gute Variante zum Prämie sparen.

Das auch ja.

Gibt es noch andere Varianten zum Prämie sparen?

Das wäre 3. Säule. Nein. lch wüsste gerade nichts.

Die Höhe der Franchise gebe es noch. Können Sie die KK freiwählen?

Ja.

Haben Sie das gemacht?

War mit den Eltern. Wenn die gewechselt haben, habe ich mitgewechselt. Seit kurzem ist es getrennt. Und bin gerade geblieben, sah keinen Grund für einen Wechsel.

Was könnten Sie zur Grundversicherung, die jeder hat noch dazu nehmen?

Zusatzversicherung.

Haben Sie eine?

lch habe etwas wegen den Augen, der Brille. Das war's glaube ich.

Was würden Sie machen, wenn Sie einen Notfall hätten?

Tagsüber den Hausarzt anrufen und sagen, dass ich Notfall habe. Und am Wochenende oder Abend ins Spital fahren.

Wo hat es Notfallaufnahmen?

lm Kantonsspital Aarau und in der Hirslanden Klinik, dort hat es auch eine Notfallpraxis.

Können Sie mir Notrufnummern sagen?

117 Polizei, 114 Ambulanz.

Nicht ganz.

lch habe eine Karte im Portemonnaie.

Freizeit/Dorfleben

Sie haben als Referenzpersonen lhren Chef und ein Arbeitskollege angegeben.

Ja unser lngenieur und noch meinen Verlobten.

Was ist mit Leuten aus dem Freundeskreis?

lch habe in Buchs niemanden. Nach der Schule habe ich Kontakt verloren, die anderen wohnen nicht hier oder sind nicht Schweizer.

Also haben Sie hier in der Nähe keinen Freundeskreis?

Nein, weniger.

Wo bewegt es sich dann?

lst verteilt, im Aargau, Richtung Zürich. Die, mit denen ich am meisten Kontakt habe, sind nicht Schweizer. Bin viel mit dem Kollegenkreis von meinem Verlobten, das sind Pärli. Die kenne ich noch nicht so lang und die könnten nicht viel Auskunft geben über mich.

Was machen Sie denn in der Freizeit, wenn Sie sagen es spielt sich nicht hier in Buchs ab? Sie sind ja auch nicht im Verein....

lm Verein nein, ich gehe ins Training, am Wochenende gehe ich in den Ausgang, ins Kino, etwas trinken. Einfach wenn es schön ist an die Aare.

Was machen Sie für Training?

Pole-Fit.

lm Fitnessstudio?

Ja.

Aber kennen Sie die Buchser Vereine?

Eher weniger. Kommt mir gerade nichts in den Sinn

Was würde Buchs für die Freizeitgestaltung bieten?

Fussballverein, Turnverein.

Wenn man etwas anschauen will? Ein Museum?

Ja gerade da hinten, das Museum. War mal mit der Schule dort, ist schon eine Weile her. Sonst könnte man einen Ausflug in die Chocolat Frey machen, wie es dort läuft, oder in die Mibelle.

Und etwas Kreatives?

Keine Antwort.

Freizeitwerkstatt sagt lhnen nichts.

Nein.

Wo könnten Sie sich informieren über das Angebot?

Auf der Homepage von Buchs oder in der Gemeinde hat es sicher Prospekte.

Und etwas, das nach Hause kommt?

Buchser Bote.

Kennen Sie Anlässe in Buchs, die für die Bevölkerung sind. Für jedermann zugänglich?

Der Flohmarkt im Wynencenter, 1 Mal pro Monat.

Und von der Gemeinde aus?

Weiss ich nicht.

Etwas, das Sie während der Schulzeit sicher auch erlebt haben?

lch ging in Rohr zur Schule.

Das hat es auch in Rohr, im Wechsel mit Buchs Jugendfest.

Ja, das wichtigste in der Schulzeit.

Sonst noch etwas?

Nein.

Waren Sie nie an der 1.-Augustfeier?

Doch, wir haben immer Feuerwerk abgelassen.

Gehen Sie nicht allgemein an Veranstaltungen?

War ich bis jetzt nicht.

Und in der Region, kennen Sie etwas in der Region, oder waren Sie schon mal irgendwo, z. B in Aarau?

Badenfest war ich. ln Aarau Jugendfest. Sonst kommt mir nichts in den Sinn.

Bachfischet noch nie gehört?

Nein, sagt mir nichts.

Kulturelle Integration

Was ist für Sie typisch Schweiz. Z. B. Eigenschaften. Was würden Sie sagen ist typisch für einen Schweizer?

Alpen. Sind weltbekannt. lm Winter kann man auch auf die Alpen rauf. Und Schoggi. Toblerone. Schoggi ist recht bekannt.

Und typische Schweizer Sportarten?

Der Name kommt mir nicht in den Sinn... Chlausklopfen.

Chlauschlöpfen. Ja, das ist ein regionaler Brauch. Aber eine typische CH-Sportart.

Ski, aber das gibt es auch überall.

Schwingen und Hornussen. Können Sie mir sagen, welche Gemeinden an Buchs anschliessen?

Buchs, Suhr, Rohr, Aarau, Telli gehört zu Aarau, Rohr ja auch. Hunzenschwil, ah nein Suhr ist dazwischen.

Rupperswil wäre noch. Und Kantone?

LU, ZH, SO, BE, BS, Deutschland, ZG.

Haben Sie schon Ferien in der Schweiz gemacht?

War mal im Skilager. Sonst Ferien nicht, aber Tagesausflüge an Seen. Letztens war ich in Graubünden am Caumasee. Das war ein Tagesausflug.

Machen Sie das mit dem Verlobten oder mit Kollegen?

Ja genau.

Wo waren Sie sonst noch so?

An allen Seen, Zürichsee, Vierwaldstättersee, Genfersee. Also hauptsächlich Seen.

Wandern?

Nein, dann gehe ich lieber Snowboard fahren. Zuletzt war ich in Engelberg. Und einmal im Wallis. Der Name kommt mir nicht in den Sinn.

Können Sie mir sagen, wie viele Sprachregionen wir haben?

D, F, I, Rätoromanisch.

Sie machen gerne Tagesausflüge. Was würden Sie einem Besucher zeigen? Oder etwas, das Sie selber noch gerne sehen möchten.

Kommt auf die Jahreszeit an. lm Frühling und Sommer z. B. an den Vierwaldstättersee, entlang dem See oder in der Stadt Sehenswürdigkeiten anschauen. Oder im Winter nach Engelberg z. B. Schneetöff fahren oder Schlitteln.

Städte, die Sie noch sehen möchten?

Würde ich richtig Genf. Dort ist es sehr schön.

Genf selber oder die Region am Genfersee?

Die Region dort. War schon dort, hat mir sehr gut gefallen. Oder eben Caumasee, dort ist es auch wunderschön.

Sehenswürdigkeiten, Sachen die man kennt in der Schweiz?

Technorama. War mal mit Schule dort. Hat mir sehr gefallen. Sonst... kommt mir nichts in den Sinn. 

Anschlussfragen

Was würde sich für Sie persönlich ändern, wenn Sie den Pass erhalten?

Viel würde sich nicht ändern. Bin hier geboren, kennen kein anderes Leben. Das Einzige wäre, dass ich bei den Wahlen mitbestimmen könnte. Sonst bleibt eigentlich alles gleich.

Was würde es für Sie bedeuten, wenn es nicht klappen würde?

Weltuntergang wäre es nicht. lch würde es später nochmals probieren.

Sie haben gesagt Sie gehen in den Ausgang eins ziehen. Wohin gehen die jungen Leute von heute?

Wenn wir in den Club wollen, gehen wir Richtung Zürich. Früher auch in Aarau Kettenbrücke. Kinos meistens in Oftringen oder Schöftland. Eins Ziehen im Summertime mit Spaziergang an der Aare und sonst in eine Shisha-Bar in der Umgebung. lmmer unterschiedlich.

Wenn Sie einem Besucher die Schweiz zeigen würden, haben Sie gesagt würden Sie an den Vierwaldstättersee. Und dann in der Stadt Sehenswürdigkeiten anschauen. Was wäre denn das?

Einfach die Altstadt selber. Das Städtchen. Sehenswürdigkeiten an sich wüsste ich nicht. Das Städtli sieht schön aus aber so geschichtliches kenne ich ehrlich gesagt nicht.

Sie arbeiten in der Stadt Aarau, sie gehen auch eins trinken. Können Sie uns etwas über Aarau ezählen?

Wir haben hier 2 Kinos, die Altstadt.

Wie heissen die Kinos?

Kino Schloss und Elite oder so. lch weiss es nicht genau.

Was gibt es noch in Aarau?

Summertime, in der Mitte der Stadt hat es noch... ein Pärkli mit einem Kaffeeshop. Habe den Namen vergessen. Sonst...

Was muss man in Aarau noch gesehen haben?

Man kann shoppen.

Gibt es eine spezielle Strasse oder ein Center?

Citymärt oder Tellicenter oder Gaiscenter, gehört auch noch zu Aarau. Strasse wüsste ich gerade nichts.

Sie haben noch gesagt typisch Schweiz sind die Alpen. Was kennen Sie für Alpen?

Mit den Namen habe ich es nicht so. Matterhorn, ...

Wo ist das?

Weiss ich nicht auswendig. Zermatt, Engelberg.

Gibt es in Engelberg auch einen bestimmten Berg?

Gibt es sicher, aber ich kann mir Namen nicht merken.

Kennen Sie noch andere Alpen? Kommt mir keiner in den Sinn.

Sie haben gesagt, Sie haben 2014 einen Kredit fürs Auto aufgenommen. Was ist das für ein Kredit?

Kredit Plus ist es glaube ich. Das ist für das Auto. lch habe auf dem Fahrzeugausweis einen Halterwechsel-Verbot-Stempel. Es ist ähnlich wie Leasing, aber nicht Leasing.

Aber Sie müssen dennoch Raten zahlen?

Ja.

Wenn Sie den Schweizer Pass erhalten, würden Sie den türkischen Pass abgeben?

ln der Zeit, wo in der Türkei so viele Sachen passieren, habe ich mir das auch schon überlegt. Es kommt darauf an, wie die nächsten Abstimmungen ausfallen.

Was finden Sie gut, am Tun und Machen von Präsident Erdogan?

Er wird immer mehr zum Diktator. Was ich gut finde, früher hat er viele gute Sachen gemacht. Z. B. dass man in der Türkei etwas freier herumlaufen kann, dass man nicht mehr so viele Vorurteile hat gegen andere Glauben, Kurden. ln der letzten Zeit macht er immer mehr Sachen, bei denen man denkt, wollen wir den noch behalten...

lhr Verlobter, wohnt er auch noch bei den Eltern?

Ja er wohnt in Hunzenschwil bei seinem Vater. Wir sind am Sparen, so dass wir nächstes Jahr zusammenziehen können.

Wo denn? War das schon ein Thema?

ln der Umgebung, Genaueren Ort haben wir nicht. lch würde gerne in Buchs bleiben. Auch wegen den Steuern. lst tiefer als in Hunzenschwil. Und sonst, ich bin seit fast 18 Jahren in Buchs.

War es ein Thema zu Hause, dass Sie nicht einen türkischen Freund haben?

Am Anfang schon, sie waren schon vorurteilig, vor allem wegen der Kultur, dass wir anders erzogen wurden. Aber nachdem meine Eltern ihn kennen gelernt haben, haben sie ihn recht gern bekommen. Jetzt ist er fast mehr bei uns als bei sich. Funktioniert besser als ich es mir mal gedacht habe.

An welchem Tag feiern Sie Neujahr?

Am 31. Dezember.

Anmerkung der Redaktion:

Funda Yilmaz wurde am 3. April 2017 für ein zweites Gespräch eingeladen, bei dem sie die Einbürgerungskommission nicht weiter überzeugen konnte. Unter anderem hält die Kommission fest:

  • Frau Y. kann nur sehr lückenhaft über die Abfallentsorgung Auskunft geben. Es braucht viele Rückfragen unsererseits. Schlüsselbegriffe (Grünabfuhr, Pet-Flaschen usw.) nennt sie nur ganz wenige.
  • Bei den Einkaufsmöglichkeiten in unserer Gemeinde kennt sie bloss Migros und Aldi (beides Grossverteiler, welche von vielen auch auswärtigen Kunden besucht werden). Läden im Zentrum von Buchs kann sie nicht nennen. Auch weitere Orte in Buchs kennt sie nicht (z.B.: Als Hundebesitzerin hat sie keine Ahnung vom Hundetraining im Buchser Wald, die Freizeitwerkstatt ist kein Begriff, usw.).

AZ

Funda Yilmaz Brief an den Einwohnerrat Buchs

Buchs, 2.6.2017

Mein Einbürgerungsgesuch
Sehr geehrte Damen und Herren Einwohnerräte

lch bin 1992 in der Schweiz geboren und wohne mit meiner Familie in Buchs. lch habe die Schule in Buchs und in Rohr besucht. Nach der Lehre als Bauzeichnerin konnte ich bei meiner Lehrfirma in Aarau bleiben und arbeite seither auf meinem Beruf. lch gehe gerne mit meinem Hund spazieren, bin viel draussen in der Natur und verbringe Zeit mit meinem Verlobten der Schweizer ist. Das hier ist Heimat und ich möchte gerne dieselben Rechte haben wie Schweizerinnen und Schweizer, ich kenne nur dieses Leben. Deshalb will ich mich einbürgern.

lch habe den Staatbürgertest mit 100% bestanden, ich spreche Dialekt, ich halte mich an alle Regeln und Gesetze, ich arbeite und ich bezahle meine Steuern. Am 20. März 2O17 hatte ich mein erstes Einbürgerungsgespräch. lch wurde von sieben Personen im Gemeindehaus empfangen und war sehr nervös. Mündliche Prüfungen waren schon immer ein Stress für mich. Die Kommission hat mich am 3. April 2OI7 zu einem zweiten Gespräch eingeladen, Die Einbürgerungskommission empfiehlt nach diesen Gesprächen dem Einwohnerrat, mein Gesuch abzulehnen. lch kann diesen Entscheid nicht nachvollziehen und möchte lhnen gerne meine Sicht auf diesen Entscheid darlegen.

- Die Kommission schreibt, dass ich keine geografischen Kenntnisse habe über die Schweiz und den Aargau. lch konnte im Gespräch alle anliegenden Kantone des Aargaus und alle anliegenden Bezirke von Buchs (ausser Rupperswil) aufzählen. lch konnte aber die Berge rund um Engelberg nicht nennen.

- Die Kommission schreibt weiter, dass ich keine Bräuche und Veranstaltungen kenne. lch gehe ans Jugendfest in Aarau und an die Badenfahrt. Das habe ich so auch gesagt. lch konnte den Aarauer Bachfischet nicht nennen. Und zudem gehe ich regelmässig an die Fastnacht in Rheinfelden und Möhlin.

- Weiter wird mir angelastet, dass ich keine typischen Schweizer Sportarten aufzählen kann. lch nannte Chlauschlöpfen und Skifahren. Erwartet wurde jedoch Hornussen und Schwingen. Darüber was typisch und was traditionell ist, könnte man sehr lange diskutieren.

- lch konnte nicht alle Recyclingstationen in Buchs aufzählen. lch bringe meinen Abfall, getrennt, ins Recyclingparadíes in Hunzenschwil. Das habe ich so auch gesagt.

- Es stimmt, ich bin in keinem lokalen Verein und ich kannte die "Freizeitwerkstatt" in Buchs nicht. Mein Beruf bietet mir genügend Kreativität und mit meinem Pole-Fit-Training, regelmässigem Schwimmen in der Badi Buchs, Spaziergängen mit meinem Hund, den Ausflügen, die ich mìt meinem Verlobten und Freunden unternehme, habe ich genügend Abwechslung.

- Auch schreibt die Kommission: "Sie lebt in ihrer kleinen Welt und zeigt kein lnteresse sich mit der Schweiz und der Bevölkerung in der Schweiz auf einen Dialog einzulassen." lch arbeite jeden Tag in einem Büro mit Schweizerinnen und Schweizern zusammen. Zudem bin ich oft im Aargau und in der ganzen Schweiz geschäftlich unterwegs und besuche Baustellen. Meine Welt ist nicht klein. Diese Aussage verletzt mich.

- Die Kommission wirft mir auch vor, dass ich die Einkaufsmöglichkeiten in Buchs nicht kenne. lch kaufe in der Migros und im Aldi ein. Mein Einkaufsverhalten darf nicht Gegenstand einer Einbürgerung sein.

- lch wurde gefragt, ob meine Eltern Mühe hatten mit meinem Freund, der nicht Türke ist. Meine Familie ist offen und ich bin zudem keine praktizierende Muslima. lch war in meinem Leben noch nie in einer Moschee, aber mehrmals in einer Kirche.

lch bitte Sie, meine Darlegungen wohlwollend zu prüfen und mich am 20. Juni 2017 anlässlich der Einwohnerratssitzung einzubürgern. lch danke lhnen für lhre Zeit und lhre Bemühungen.

Freundliche Grüsse
Funda Yilmaz

Der Einwohnerrat folgte der Kommission und lehnte die Einbürgerung ab. Funda Yilmaz hat gegen den Entscheid Rekurs eingelegt. (roc)