Wohlen
Unerwünschte Einschlafmusik: Das längste Glockengeläut seit 1932 hielt alle Anwohner wach

Samstagnacht hielten die Glocken der reformierten Kirche eine Stunde lang alle Anwohner wach. Vermutlich führte eine technische Störung zum einstündigen Glockenkonzert, die genaue Ursache wird aber noch gesucht.

Cornelia Schlatter
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Der Glockenturm der reformierten Kirche von Wohlen.

Der Glockenturm der reformierten Kirche von Wohlen.

Cornelia Schlatter

So lange hat das vor 86 Jahren montierte Glockengeläut der reformierten Kirche von Wohlen noch nie ohne Unterbruch geläutet. In der vergangenen Samstagnacht konnten die Glocken erst gegen 23 Uhr, nach rund einer Stunde, durch den eilends herbeigerufenen Sigrist wieder zum Verstummen gebracht werden. Sogar der Hahn auf dem Kirchturm hätte sich – wäre es möglich – die Ohren zugehalten.

«Wir vermuten eine technischen Störung. Ein Monteur wird jetzt der genauen Ursache auf den Grund gehen», sagt Josef Baur, Vize-Präsident der reformierten Kirchgemeinde Wohlen. Die reformierte Kirche von Wohlen wurde 1925/1926 erbaut und hatte zuerst nur eine Glocke, ein Geschenk der Kirchgemeinde Brugg.

Bereits 1932 erhielt die reformierte Kirche fünf neue Glocken. Diese läuten seither nach einem ganz bestimmten Glockenläutplan, manchmal einstimmig, aber meistens mehrstimmig. Die Glocken sind der Grösse nach auf die Töne H, D, E, G und H gestimmt. An Samstagen und vor Feiertagen wie Silvester, Neujahr, 1. August, Gottesdiensten oder Abdankungen läuten die Glocken eins bis fünf in der Regel für jeweils 13 Minuten.

Glockengeläut im Wandel

Zudem erklingen die Kirchglocken vier Mal am Tag zu fixen Zeiten während dreier Minuten. Wenn um 11.15 Uhr die Glocken läuten, bedeutet das beispielsweise, dass eine Person der Kirchgemeinde gestorben ist. Das Geläut wurde auf dasjenige der katholischen Kirche Wohlen abgestimmt. Grundsätzlich ist zwischen sakralem (kirchlichem) und säkularem (weltlichem) Geläut zu unterscheiden.

Das kirchliche hat die Aufgabe, die Bevölkerung zum Gottesdienst zusammenzurufen und spezielle Anlässe anzukünden. Das weltliche Geläut dient vor allem zur Orientierung im Tagesverlauf und entstammt einer Zeit, in der die Dorfbewohner noch keine Uhren zu Hause hatten und der Blick zum Kirchturm ihnen verriet, ob es Zeit für die Messe oder das Mittagessen sei.

Beim Läuten schwingen Glocke und Klöppel frei. Ist die Glocke starr befestigt und wird der Klöppel mit einem Seil bewegt, spricht man von Glockenschlagen (Stundenschlag). Eine weitere Variante, die Glocke erklingen zu lassen, ist die, sie von aussen mit einem Hammer anzuschlagen. Bleibt zu hoffen, dass der Grund für das einstündige Glockenkonzert vom letzten Samstag bald gefunden ist und die Glocken wieder ihren gewohnten Dienst tun. Auf dass Anwohner und «Güggel» auf dem Dach in Zukunft nicht mehr in ihrer Nachtruhe gestört werden.