Klischeekanone

«Bald werden die Leute glauben, die Schweizer essen frittierte Banknoten zum Frühstück» 

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Bild: Yanko Tsvetkov
Interview mit dem König der Vorurteile

«Bald werden die Leute glauben, die Schweizer essen frittierte Banknoten zum Frühstück» 

09.05.2014, 10:1024.06.2014, 09:27
Kian Ramezani
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Brennt es irgendwo auf der Welt, ist Yanko Tsvetkov schnell mit einer Karte der Vorurteile zur Hand. So auch in der aktuellen Ukraine-Krise:

Der Bulgare hat das Genre sozusagen begründet und veröffentlicht bald den dritten Band seines Atlanten der Vorurteile. Viele versuchen ihn zu kopieren, auch watson. Höchste Zeit also, das Original zu Wort kommen zu lassen.

Herr Yanko, Sie sind der unangefochtene König der Vorurteile. Ist das auch ein Vorurteil?
Yanko Tsvetkov: Wollen Sie damit andeuten, mein Titel sei gefälscht? Den Kopf ihm ab!

Viele Schweizer glauben, wir seien in allem die besten. Sind wir auch die besten Vorurteiler?
Wo soll ich anfangen? Ihr glaubt, auf einem eigenen Planeten zu leben, der sich nicht wie die anderen um die Sonne dreht. Die Schweizer wissen nicht, wer Oprah Winfrey ist und können sich nicht vorstellen, dass schwarze Frauen reich sein können. Kurzum: Ja, ihr seid die besten. 

Sind wir auch gute Zielscheiben für Vorurteile?
Es sind gute Zeiten für Vorurteile gegen die Schweiz, weil ihr euch zunehmend abschottet. Bald werden die Leute glauben, die Schweiz sei ein inzestuöser Haufen, der frittierte Banknoten zum Frühstück isst und Minderheiten per Referendum aufhängt. 

Was macht ein gutes Vorurteil aus?
Etwas, worauf man neidisch sein kann. Ein Privileg, das man glaubt verdient zu haben, sich aber nicht leisten kann. Das ist fruchtbarer Nährboden für Vorurteile. Nichts ärgert Menschen mehr als der Wohlstand anderer. 

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Bild: amazon.de

Gibt es auch schlechte Vorurteile?
Veraltete Vorurteile sind schlecht, zum Beispiel alle Deutschen sind Nazis. Das ist überholt und sollte durch etwas Frischeres ersetzt werden, wie «schmutziger Porno». Das passt viel besser. 

Warum sind die Leute so besessen von Vorurteilen und Karten?
Sind sie das? Dann wäre ich ein reicher Mann. Wahrscheinlich sogar reich genug, um die Schweizer Staatsbürgerschaft zu beantragen.

Was war das erste Vorurteil in der Geschichte der Menschheit?
Darüber habe ich lange nachgeforscht. Das älteste lautet: «Mein Nachbar ist ein Idiot.» 

Glauben Sie, auch Gott hat Vorurteile?
Ich halte Gott selbst für ein Vorurteil, das Kinder mit ins Erwachsenenleben nehmen.

Welche Leute sind Ihnen lieber: Jene, die über Ihre Karten lachen, oder jene, die beleidigt reagieren?
Mein Motto ist: Sei jenen nah, die lachen. Und den Beleidigten noch näher. 

Welcher Arbeit würden Sie nachgehen, wenn es keine Vorurteile in dieser Welt gäbe?
In einer Welt ohne Vorurteile müsste niemand arbeiten.

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