Der vorab veröffentlichte Clip des «Rundschau»-Interviews mit dem syrischen Präsidenten liess nicht darauf hoffen, dass Bashar al-Assad ein strenges Interview bestreiten würde.
Auf die Frage, wie er den Kindern von Aleppo helfen wolle, sagte er erwartungsgemäss, das sei den Terroristen zuzuschreiben. Doch der Ausschnitt trügt: Moderator Sandro Brotz und seine Redaktion haben harte Fragen vorbereitet – während Assads einzige Bedingung war, dass das Gespräch nicht gekürzt oder geschnitten werden darf.
Dass es in dem Interview Propaganda geben wird, war ohnehin absehbar. Und wenn US-Aussenminister Johny Kerry Präsident Assad mit dem unseligen Adolf-Hitler-Vergleichbar brandmarken muss, kommt es ja auch in den Nachrichten – obwohl es sogar dehumanisierende Propaganda ist – und nicht zuletzt die Bestialität des deutschen Diktators verwässert.
Und natürlich hat es Assad tunlichst vermieden, Hitler-esque zuzugeben, er unterdrücke eine politische Opposition, foltere in seinen Gefängnissen, habe Chemiewaffen benutzt oder gar Brand- und Fassbomben abwerfen lassen. Bemerkenswert ist aber, dass Brotz danach gefragt hat, und der Mann Stellung bezog.
Seine Grundposition im Konflikt: Der Westen breche seit Jahren internationales Recht – beginnend mit «George Bush, der ohne Mandat des Sicherheitsrats in den Irak einmarschiert ist» über «Cameron und Sarkozy, welche ohne Mandat Libyen zerstört haben» bis zu Syrien.
Der Westen unterstütze seit fünf Jahren seine Gegner, so Assad. Auf der einen Seite stehen laut Assads Weltbild die «Freunde» der Syrer: Russland, China und – vom Westen abgesehen – der Rest der Welt. Und der 51-Jährige Feind Washingtons, der ausgerechnet am 11. September geboren wurde, legt seinen Finger in die Wunden der Militärallianz, die gegen ihn kämpft.
Er wirft ja berechtigte Fragen auf, nur tut Assad das bei der Frage, wie er seinen Kindern den Konflikt erklären würde. Das nennt man dann wohl Propaganda und Gegenpropaganda. Aber im (Propaganda-)Krieg – «wie in jedem Krieg der Weltgeschichte» – gibt es Fehler und ungewollte Opfer, weiss Assad. «Dann müssten wir diesen spezifischen Vorfall prüfen.»
Amnesty-Berichte über 18'000 Folter-Tote? Von Katar finanziert. Das Bild des kleinen, blutbeschmierten Buben Omran? Gestellt von den «White Helmets», die von Islamisten kontrolliert das Image Assads ruinieren wollen. Berichte über Chemiewaffen-Einsätze? Erst getürkt, und dann hätten die USA eine zweite UNO-Inspektion verhindert.
Die Fragen perlen an Assad ab wie auf einem Lotusblumen-Blatt. Und wenn er sagt, nach den Kindern Aleppos habe vor vier Jahren, als der «IS» übernahm, auch kein Hahn nach gekräht, muss man ihm Recht geben.
Aber dass dieser Mann derart auf der Seite des (internationalen) Rechts steht, nimmt man dem Präsidenten dennoch nicht ab. Auf die Frage, ob er denn das Internationale Rote Kreuz seine Gefängnisse inspizieren lassen würde, sagt er, das könnten in seinem Laden nur die zuständigen Institutionen genehmigen.
In seine Seele blickt man dieser Reklame aus Damaskus – propagieren heisst ja: für etwas werben – nur einen kurzen Moment. Als Brotz ihn fragt, warum er sich als sicherer Kriegsgewinner sehe, sagt Assad:
Daniele Ganser, der Schweizer historiker, hätte zum Syrienkonflikt sicher noch spannende Hintergründe liefern können! Aber so mutig ist der SRF nicht!