Taktisches Teamspiel von Roberto Fraga und Yohan Lemonnier für 4 bis 8 Spieler ab 10 Jahren. Spieldauer: 20 bis 45 Minuten. Verlag: Pegasus. Preis: etwa 50 Franken.
Ein gegnerisches U-Boot soll geortet und versenkt werden.
Die beiden Teams sitzen einander gegenüber, zwischen ihnen steht ein langer Sichtschirm. Jeder Spieler hat eine andere Aufgabe: Gegnerische Funksprüche analysieren, den Kurs bestimmen, Systeme wie Torpedos, Minen, Suchdrohnen oder Sonar aktivieren, das U-Boot reparieren.
Am besten mit genau acht Spielern. Ein laaaaanger Tisch wird benötigt.
Leute, die sich beim Spielen gerne unter Stress setzen lassen und auch im Chaos den Überblick nicht verlieren.
Schon in der Primarschule war es der Rettungsanker, mit dem langweilige Schulstunden überlebbar wurden: Das Spiel «Schiffe versenken». Zwei Blatt Hüslipapier, zwei Bleistifte und ein williger Sitznachbar genügten, um sich in einen fernen Ozean abzumelden, wo man sich gegenseitig fiktive Torpedos um die Ohren feuerte, bis der Lehrer auf die virtuellen Seeschlachten aufmerksam wurde, das Meer zerknüllte und einfach in den Papierkorb warf.
Obwohl man das Spiel problemlos selber basteln konnte, schafften es aufwändig produzierte Ableger davon auch immer wieder in die Ladenregale, wie etwa «Flottenmanöver» von MB.
Roberto Fraga und Yohan Lemonnier haben dieses Konzept nun in ihrer Spieleerfinder-Kombüse mit erlesenen Zutaten angereichert und in eine ganz neue Dimension gehievt: Zwei U-Boot-Besatzungen von je vier Spielern bekämpfen sich im Spiel «Captain Sonar» in Echtzeit. Jedes Mannschafts-Mitglied ist dabei für eine individuelle eigene Aufgabe verantwortlich. Acht Spieler sind der Idealfall, das Spiel kann aber auch mit kleineren Mannschaften bestritten werden. Dann müssen einzelne Spieler während der Tauchfahrt jedoch mehrere Aufgaben an Bord des gelben und des blauen Unterseeboots übernehmen. Bevor die Fahrt losgeht, muss man allerdings erst ins Möbelgeschäft, um einen langen Tisch zu kaufen. Oder man schiebt zwei Tische zusammen. Damit sich die Teams nicht gegenseitig in die Kommando-Brücke gucken können, werden zwischen ihnen mitgelieferte Sichtschirme aufgestellt.
Je nachdem wie die Besatzungen gerade so drauf sind, kann das Spiel in zwei völlig verschiedenen Modi gespielt werden: In Echtzeit oder rundenbasiert.
Rundenbasiert bedeutet, dass jedes Team immer abwechselnd einen Zug macht und dabei stets wartet, bis die Gegner ihre Aktionen durchgeführt haben. Diese Version eignet sich für Taktiker, die alles in Ruhe durchdenken wollen und ist besser geeignet, wenn man nur zu viert ist.
Es ist aber nur die Echtzeit-Version, die «Captain Sonar» zu einem völlig neuartigen, innovativen und unglaublich dynamischen Spielerlebnis macht. Dann werden nämlich alle Befehle und Züge simultan und durcheinander ausgeführt. Das ist nervliche Anspannung auf höchster Konzentrationsstufe. Die Spieler geraten dabei immer wieder in unvermeidliche Hektik und Timing-Probleme, und es passieren automatisch dumme Fehler. Sich unter Stress an der eigenen Unvollkommenheit zu reiben, macht den Reiz aus. Das Spiel lebt davon, dass man es gar nicht perfekt spielen kann und ständig Fehler, Kommunikationsprobleme und Missverständnisse passieren. Dies führt unweigerlich auch immer wieder zu Lachanfällen.
Je nach Funktion haben die Spieler unterschiedliche Spielbögen vor sich liegen: Der Kapitän zeichnet auf einer Seekarte die Fahrt ein. Sein Job ist es, den Kurs zu bestimmen und die Systeme wie Torpedos oder Sonar zu aktivieren oder Minen zu legen. Er bestimmt den geheimen Startpunkt, muss die Fahrtrichtung immer laut ansagen, zum Beispiel «Kurs Nord» rufen, und die Wegstrecke auf seine Seekarte malen. Dabei darf sich sein Kurs niemals kreuzen, und Inseln werden umschifft.
Er ist aber nicht der wichtigste Mann an Bord. Das ist der Funker, der das gegnerische U-Boot orten muss. Dazu konzentriert er sich auf die gegnerischen Kommandos, sollte keine Tomaten auf den Ohren haben und darf kein Kommando verpassen. Den feindlichen Kurs markiert er auf einer durchsichtigen Folie und gleicht ihn immer wieder mit den Positionen der Inseln auf der Seekarte ab, um herauszufinden, wo die Gegner sein könnten.
Der Erste Offizier ist dafür besorgt, die Bordsysteme bereitzuhalten. Auf seinem Spielbogen guckt er auf zahlreiche Schalter.
Bei jedem Befehl des Kapitäns darf er ein leeres Kästchen eines Bordsystems markieren. Sind alle Kästchen eines Schalters ausgefüllt, meldet er dem Kapitän die Bereitschaft des Systems. Mit Torpedos feuert dieser dann auf Gegner, oder er kann Minen versenken, um sie später zu zünden, wenn der Funker meldet, dass sich das gegnerische U-Boot möglicherweise an dieser Position befindet. Mit Sonar und Suchdrohnen wird versucht, Informationen über die Position der Gegner zu filtern. Und durch Schleichfahrten kann man sich dem Stalking des gegnerischen Funkers kurzzeitig entziehen.
Wer dem gegnerischen U-Boot zuerst vier Schäden reinhaut, gewinnt.
Der Kapitän ist bei seiner Kurswahl Einschränkungen unterworfen, die möglicherweise daher rühren, dass die U-Boote von der Regierung während einer Budget-Sparrunde beschafft worden waren. Sie gehen nämlich ziemlich schnell kaputt. Jedes Kommando des Kapitäns verursacht mechanischen Verschleiss. Was defekt werden kann, hängt von der Kursrichtung ab. Aufgabe des Maschinisten ist es, diesen Verschleiss zu verwalten und die Systeme immer wieder zu reparieren.
Eine gute Kommunikation und Koordination zwischen Kapitän und Maschinist ist deshalb entscheidend für das Überleben in den tiefen der Weltmeere. Denn der Maschinist kann auch aus Unachtsamkeit dem eigenen U-Boot Schäden zufügen. Es kann sogar passieren, dass der Kapitän das U-Boot gar nicht mehr steuern kann und zum Reparieren auftauchen muss. Dann sehen die Gegner, in welchem Sektor sich der Kahn befindet, und ballern aus allen Rohren.
Wie schon der Klassiker «Schiffe versenken» ist auch «Captain Sonar» nur spielbar, wenn alle Besatzungsmitglieder am Tisch grundehrlich sind und nicht schummeln. In der Echtzeit-Variante entfaltet das Spiel einen unheimlichen Sog und produziert eine dichte, spannungsgeladene Atmosphäre. Das Spiel eignet sich auch hervorragend als Teambildungsmassnahme in einem Workshop. Die einzelnen Rollen sind unterschiedlich schwierig. Zwischen den Partien sollten sie deshalb auch getauscht werden.
Aufgrund des sehr logisch umgesetzten Themas kommen die Spielerinnen und Spieler sehr schnell mit dem Regelwerk klar, obwohl es doch ein paar Details einzuprägen gibt. Zu empfehlen ist, dass man nach einer kurzen Erklärungs- und Einführungszeit von etwa 15 Minuten einfach einmal auf Tauchfahrt geht und schaut, was passiert. In der zweiten Partie kann man es dann immer noch besser machen. Das Spiel ist regeltechnisch eigentlich nicht besonders anspruchsvoll und von intelligenten Leuten gut zu meistern. Es enthält unterschiedliche Szenarien mit unterschiedlichen Seekarten, die auch die Schwierigkeit verändern. «Captain Sonar» kann euphorisieren und zu Schweissausbrüchen führen. Wer sich zu acht auf eine Partie in Echtzeit einlässt, wird das Erlebte so schnell nicht mehr vergessen.
Ist es zu zweit spielbar?
Nein, definitiv nicht, dafür gibt es zu viele Rollen: Auf einem U-Boot herrscht Arbeitsteilung.
Als Jurymitglied ist Tom Felber verpflichtet, sämtliche relevanten neuen Spiele mehrfach auszuprobieren. Dazu benötigt er natürlich auch immer wieder neue Mitspieler. Wer Lust hat, mitzuspielen, kann sich über spieleabende@bluewin.ch für seinen Newsletter anmelden. Die Spiele-Testrunden finden jeweils in Zürich statt.