Was haben Arzt Max Bircher-Benner, Konditor Heinrich Höhn und Unternehmer Ueli Prager gemeinsam? Ihre Rezepte erzĂ€hlen spannende Geschichten, welche die Schweizer KĂŒche verĂ€nderten. Doch lasst uns erst einmal von vorne beginnen.
Maximilian Oskar Bircher-Benner war seiner Zeit weit voraus. Lange vor der Entdeckung der Bedeutung von Vitaminen und Ballaststoffen erzielte der gebĂŒrtige Aargauer durch seine ErnĂ€hrungstherapie beachtliche Erfolge.
Bei seiner Geburt hatte er es eilig: Maximilian Oskar Bircher-Benner kam am 22. August 1867 in Aarau zwei Monate zu frĂŒh zur Welt. Schon als Kind interessierte er sich fĂŒr allerlei Krankheiten, was ihm den Spitznamen «das Dökterli» einbrachte. Dass er Medizin studieren möchte, wusste der kleine Maximilian bereits in der Schule.
Im Jahr 1891 absolvierte «das Dökterli» dann tatsĂ€chlich sein Medizinstudium und liess sich im Industriequartier ZĂŒrich-Aussersihl als praktischer Arzt nieder.
Im dritten Jahr seiner PraxistĂ€tigkeit erkrankte er an einer schweren Gelbsucht, er litt unter MĂŒdigkeit und Appetitlosigkeit. Er ernĂ€hrte sich einzig von ein paar frisch geschnittenen Ăpfeln und wurde nach wenigen Tagen wieder gesund. Durch diesen Erfolg ermutigt, verordnete er â entgegen der damals ĂŒblichen Therapien â einer schweren magenkranken Patientin eine pflanzliche Rohkost-DiĂ€t, die ebenfalls erfolgreich war.
Mit seiner ErnÀhrungsreform stiess er anderen Medizinern aber vor den Kopf. Sie empfanden seine Vorstellung von gesunder ErnÀhrung als Provokation, schliesslich befand man sich im Zeitalter der Hygiene. Nur gekochte Nahrung galt als gute Nahrung.
Nichtsdestotrotz gab Bircher-Brenner 1897 seine Praxis auf und grĂŒndete in ZĂŒrich-Hottingen eine Privatklinik, um seine Rohkostmethode weiter zu erforschen. Bereits sieben Jahre spĂ€ter eröffnete er am ZĂŒrichberg das Sanatorium «Lebendige Kraft», welches schnell bis ĂŒber die Grenzen der Schweiz hinaus bekannt wurde. Bei seinen Patienten genoss Bircher-Benner einen hervorragenden Ruf. Sogar renommierte Schriftsteller liessen sich in die Klinik einweisen.
Der bekannteste Bestandteil seiner DiĂ€t, die man Vollwertkost nennt, war das BirchermĂŒesli. ZusĂ€tzlich zur Rohkost verordnete er seinen Patienten eine «Ordnungstherapie». Das heisst: Bewegung im Freien, Gymnastik und LuftbĂ€der.
Das heutige MĂŒsli hat mit dem damaligen BirchermĂŒsli aber nicht mehr viel gemein. Das A und O war der Apfel und nicht das Getreide. Bircher-Brenner verzichtete stets auf Zucker und verwendete ausschliesslich Kondensmilch, da Rohmilch zur jener Zeit ein hohes Turberkulose-Risiko barg. Bircher-Benner empfahl sein MĂŒesli als FrĂŒhstĂŒck, Abendbrot oder als ersten Gang beim Mittagessen, niemals aber als Nachtisch oder als Mahlzeit.
Der ErnĂ€hrungsreformer starb 1939 im Alter von 72 Jahren. Sein Sanatorium «Lebendige Kraft» wurde danach in «Bircher-Benner-Privatklinik» umbenannt. Sein MĂŒsli geniesst heute noch internationale Bekanntheit.
Heinrich Höhn war voller Tatendrang als er 1913 in Zug eine Konditorei eröffnete. Benachbarte Restaurants wĂŒnschten sich von ihm eine Leckerei, die den berĂŒhmten Zuger Kirschlikör beinhaltet. Nachdem er zwei Jahre herumtĂŒftelte, war er mit der Rezeptur zufrieden.
1915 gilt als das offizielle Erfindungsjahr der Zuger Kirschtorte. Bereits zwei Jahre spĂ€ter wurde die Konditorei von Besuchern der umliegenden Region ĂŒberrannt. Von Zeit zu Zeit gehörten sogar Prominente wie der Komiker Charlie Chaplin oder die Schauspielerin Audrey Hepburn zu den Geniessern der Zuger Kirschtorte.
In Spitzenzeiten produzierte die Konditorei 100'000 Kirschtorten pro Jahr. Doch was begehrt ist, will natĂŒrlich auch geschĂŒtzt werden. Höhn fertigte eine Beschriftung an, die fortan seine Kirschtorte zierte. Das Rezept wurde jedoch nicht patentiert, weshalb die Torte heute noch von verschiedenen Konditoreien kopiert wird.
1943 ĂŒbergab der Erfinder das erfolgreiche GeschĂ€ft an seinen Chefkonditor Jacques Treichler weiter. Seit 2004 gehört der Betrieb der «Treichler Zuger Kirschtorten AG».
2008 wurde die Zuger Kirschtorte offiziell ins Inventar «Kulinarisches Erbe der Schweiz» aufgenommen. Das Rezept hat sich sich immer ein wenig verÀndert. Die bedeutendste VerÀnderung betrifft die Menge des Kirschs, die immer mal wieder anstieg.
Riz Casimir klingt exotisch und die Mehrheit der Zutaten stammt aus fernen LĂ€ndern. Und doch geht die Erfindung auf einen Schweizer Gastronomen zurĂŒck.
Der Hotelierssohn Ueli Prager wurde 1916 in Wiesbaden geboren. Nach ZĂŒrich kam er, um Ăkonomie zu studieren. Das Studium schloss er nie ab, dafĂŒr eröffnete er 1948 das erste Mövenpick-Restaurant in ZĂŒrich.
Dort konnte sich aufgrund der schlanken FĂŒhrungsstrukturen und kostengĂŒnstigen Infrastruktur auch ein kleiner Mann Hummer und MeeresfrĂŒchte leisten.
Vier Jahre nach Eröffnung fĂŒhrte die Gastrokette ein Gericht ein, welches sich Riz Casimir nannte. Das Rezept gehört zu den grossen Ideen von Ueli Pranger. Ob er es selber kreierte oder den Denkanstoss seiner KĂŒche weitergab, ist nicht bekannt.
Langsam aber stetig erlangte das Gericht Bekanntheit. Und das nicht nur in seinen Restaurants, sondern auch in privaten Haushalten.
Obwohl immer mehr fremdlĂ€ndische Gerichte in die Schweiz kamen, konnte Riz Casimir die «kulinarische Globalisierung» ĂŒberleben â und ist heute noch Bestandteil unserer KĂŒche.