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Wegen 9/11: Deshalb konnte der zweite Pilot nicht zurück ins Cockpit

Wegen 9/11: Deshalb konnte der zweite Pilot nicht zurück ins Cockpit

Bis zu den Anschlägen vom 11. September liessen sich Cockpit-Türen relativ einfach von aussen öffnen. Seither wurden die Sicherheitsvorschriften erheblich verschärft – was aber auch zu Problemen führen kann.
26.03.2015, 10:1826.03.2015, 13:43
Christoph Seidler und Jens Witte
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Ein Artikel von
Spiegel Online
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Der Absturz von Germanwings 4U9525 in Frankreich
Um ca. 11.15 Uhr am Dienstagmorgen, dem 24. März 2015, ist ein A320 der Germanwings in Südfrankreich abgestürzt.
quelle: ap/ap / martin meissner
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Was passierte in den letzten Minuten im Cockpit des Airbus A320 von Germanwings? Zum Zeitpunkt des Absturzes in den französischen Alpen sass laut «New York Times» und der französischen Nachrichtenagentur AFP nur ein Pilot im Cockpit. Sein Kollege versuchte demnach vergeblich, die Tür von aussen zu öffnen. Eine offizielle Bestätigung dafür gibt es bislang nicht.

Viele werden sich die Frage stellen: Ist es überhaupt möglich, dass ein Pilot nicht zurück ins Cockpit gelangen kann?

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Ein Lufthansa-Sprecher sagte, seit den Anschlägen vom 11. September 2001 in den USA seien Cockpit-Türen nicht mehr von aussen zu öffnen. Dies entspreche den Vorschriften. Zuvor war es möglich, etwa mit einer an Bord vorhandenen Axt die Türen im Notfall einzuschlagen, wie das österreichische Flugmagazin Austrian Wings im Mai 2014 schrieb. Seither wurden sie massiv verstärkt und sind nun mit einem elektronischen Code gesichert.

Verriegelungsmechanismus beim Airbus A320

Die Cockpit-Tür wird durch drei Riegel gesichert, drei Videokameras überwachen den Bereich davor. Im Fall eines Druckverlusts im Cockpit sollte sich die Tür automatisch öffnen. Ansonsten wird der Zugang durch das sogenannte Cockpit Door Lock System (CDLS) geregelt. Es verriegelt die Tür elektronisch beziehungsweise gibt diese frei.

Um das Flugdeck zu betreten, muss ein Zahlencode auf einem Tastenfeld an der Aussenseite der Cockpit-Tür (siehe Bild unten) eingegeben werden. Der Code ist je nach Airline bis zu sieben Stellen lang.

Bild
screenshot: youtu.be/ixEHV7c3VXs

Es gibt zwei verschiedene Modi, die Tür zu öffnen – «Routine» und «Emergency». Im Routinefall ertönt für wenige Sekunden ein Summer im Cockpit, sodass der verantwortliche Pilot die Verriegelung elektronisch lösen kann.

Im Notfall hingegen bleibt der Summer dauerhaft an – und die Tür sollte sich nach kurzer Zeit auch ohne Hilfe von innen öffnen lassen. Je nach Fluglinie liegt die Zeitspanne zwischen 15 und 120 Sekunden.

Allerdings ist es möglich, diesen Mechanismus aus dem Cockpit gezielt auszuschalten, indem man den Schalter auf «Lock» stellt (s). Je nach Einstellungen der Airline ist es dann für 5 bis 20 Minuten nicht möglich, die Tür über das Tastenfeld zu öffnen. Erst nach Ablauf der Zeitspanne wäre dies dann wieder erlaubt.

Bild
screenshot: youtu.be/ixehv7c3vxs

Absturz 2013: Co-Pilot absichtlich ausgesperrt

Diese Massnahmen sollen mehr Sicherheit bringen. Sie sollen verhindern, dass unbefugte Personen ins Cockpit gelangen können, so wie bei den Anschlägen vom 11. September 2001.

Als eine von vier Maschinen war damals United-Airlines-Flug 93 entführt worden. Passagiere versuchten daraufhin, die Cockpit-Tür einzurammen – vermutlich mit einem Servierwagen, wie aus den Aufzeichnungen des Stimmenrekorders hervorgeht. Doch die Entführer verbarrikadierten sich und liessen die Maschine über Pennsylvania abstürzen.

Jetzt auf

Die seither verschärften Sicherheitsvorschriften können aber offensichtlich auch selbst zu Problemen führen – so wie bei einem Flugzeugabsturz im Herbst 2013 im Norden Namibias. Der Pilot aus Mosambik liess die Maschine mit 34 Menschen an Bord absichtlich abstürzen. Laut Untersuchungsbericht schloss er sich im Cockpit ein, als der Co-Pilot gerade draussen war, ignorierte Warnsignale sowie Rufe des Co-Piloten, der Einlass forderte und gegen die Tür hämmerte.

Im September 2012 soll auf einem Flug von Ägypten nach Amsterdam ein Pilot am Steuer eines Passagierflugzeugs mehrere Minuten lang fest geschlafen haben. Der Co-Pilot sass nach Angaben der Vereinigung Cockpit alleine am Steuer, weil sein Kollege zur Toilette gegangen war. Als sich dieser nach der kurzen Pause zurück ans Steuer setzen wollte, sei ihm die Tür zum Cockpit durch den Co-Piloten nicht geöffnet worden. Anrufe über das Bordtelefon seien erfolglos geblieben, erst gemeinsam mit der Kabinenbesatzung habe sich die Tür Minuten später öffnen lassen.

Der Verriegelungsmechanismus beim Airbus A320 im Detail erklärt.video: youtube/Super charged
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