* Der Autor ist Schüler an der Kanti Wohlen. Im Rahmen ihres Deutschunterrichts verfassen die Schüler auch Konzertberichte, die in die Note einfliessen.
Stephan Diethelm wollte es seinen Schülern auf keinen Fall vorenthalten. Diethelm, Organisator von «Musig im Pflegedach», hatte zuvor eine Kulturwoche an der Alten Kantonsschule Aarau geleitet und muss gewusst haben, dass die letzte Staffel vor der Sommerpause im «Pflegidach» nochmals ein Höhepunkt werden würde. Er behielt recht – zumindest fast. Es war grösstenteils ein zauberhafter Abend, der alle berührte.
Verantwortlich dafür waren Ryan Keberle & Catharsis. Die Jazzgruppe aus New York besuchte die Schweiz zum zweiten Mal und überzeugte das vergleichsweise junge Publikum. Den Zuhörern wurde Jazz vom Feinsten präsentiert.
Ryan Keberle, der erfahrene Jazz-Musiker, welcher schon mit prominenten Namen wie David Bowie, Alicia Keys und Wynton Marsalis zusammengearbeitet hatte, strahlte eine beindruckende Selbstsicherheit aus.
Das wirkte aber keineswegs arrogant, im Gegenteil, durch seine Lust, seiner Freude am Musizieren zauberte er den Gästen mit Hilfe seines Bandkollegen Scott Robinson (Saxophon) immer wieder ein Lachen ins Gesicht.
Das war aber längst nicht alles: Camilla Meza (Gesang), welche mit ihrer klaren Stimme bestach, trat erst nach dem ersten Stück auf die Bühne. So sehr, dass Diethelm sie bereits im Vorfeld für ein Konzert am 10. November für «Musig im Pflegidach» verpflichtet hat – dann jedoch mit ihrer eigenen Band.
Das dürfte ein cleverer Schachzug gewesen sein, versetzte Meza doch alle «Pflegidach»-Besucher ins Staunen. Durch ihren teilweise spanischen Gesang verlieh sie der Gruppe einen lateinamerikanischen Touch. Einige Texte wurden, wie Keberle erwähnte, von einem brasilianischen Komponisten verfasst.
Nicht nur die Texte, sondern auch die Mitglieder wie Meza oder auch Jorge Roeder (Bass) sind lateinamerikanischer Abstammung. Der ausgefallene Mix aus New-York-Jazz und lateinamerikanischen Texten macht die Musik von Ryan Keberle & Catharsis einzigartig. Doch nicht nur in der Gruppe war der Auftritt stimmig, Saxophonist Robinson, der älteste der Band, glänzte auch mit einem kurzen, furiosen Solo. Der Applaus war ihm sicher.
Nur Klatschen war aber nicht angesagt. So sehr der Abend auch berührte, hatte er auch immer wieder seine Längen. Das sorgte dafür, dass die Magie, die das Publikum zwar sichtbar überkam, kurzzeitig wieder verflog – und wieder immer wieder neu entfacht werden musste. Ein kleiner Tolggen im Reinheft.
Besudelt war der Auftritt damit keinesfalls. Spätestens mit dem Song «Become the Water» (Deutsch: Werde das Wasser), wurden die Zuhörer wieder gepackt. Auf eine andere Art als zuvor, mit einem Wink an die Gesellschaft. Es war ein Lied, das von Politik, Protesten und Problemen in den USA geprägt ist. Keberle erklärte, dass er Zitate verschiedener Kundgebungen wortgetreu in seinen Text eingearbeitet hat. Das entfaltete Wirkung.
Keberle wollte sein junges Publikum aber nicht nachdenklich nach Hause entlassen. Mit seiner positiven Art sorgte er dafür, dass die meisten den Saal mit einem Lächeln verliessen. Es war das passende Ende eines stimmungsvollen Konzerts.
Kein Wunder, wollte Stephan Diethelm seinen Schülern diesen Abend nicht vorenthalten.