Hat Sigmar Gabriel (SPD) aus dem Nähkästchen geplaudert? Nach Darstellung des Enthüllungsjournalisten Glenn Greenwald hat der Vizekanzler dies im Falle des Ex-NSA-Mitarbeiters Edward Snowden getan.
Gabriel und Greenwald trafen sich am vergangenen Sonntag im deutschen Homburg. Dort hielt Gabriel eine Laudatio auf Greenwald, der Dokumente von Snowden über das Ausmass der Überwachung unter anderem durch die NSA veröffentlicht hatte. Danach habe er Gabriel gefragt, warum Deutschland Snowden kein Asyl anbiete. Greenwald zitiert Gabriels Antwort nun auf der Plattform «The Intercept»:
Sie – damit sind die USA gemeint. Laut Greenwald führte Gabriel weiter aus: Sie (die USA – d. Red.) hätten der Bundesregierung «aggressiv» gedroht, sollte Deutschland dem Ex-NSA-Mitarbeiter Asyl gewähren. Träte dieser Fall ein, würden die US-Geheimdienste die Deutschen vom Fluss der Geheimdienstinformationen in Sachen Terrorabwehr abschneiden. Sollte also ein terroristischer Anschlag bevorstehen, würden die US-Behörden keine Warnung mehr nach Berlin übermitteln.
Die Zusammenarbeit wäre demnach auch dann gestoppt worden, hätte Snowden sich nur übergangsweise in Deutschland aufgehalten. Dies würde die Weigerung der Grossen Koalition erklären, den Whistleblower persönlich im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages zu befragen. Die Opposition fordert eine Anhörung Snowdens.
Gabriel und andere Regierungsmitglieder hatten die Ablehnung des Asyls für Snowden damit begründet, dass die deutschen Behörden ihn an die USA ausliefern müssten, beträte er deutschen Boden.
Stimmt es, was Greenwald schreibt? Gabriels Sprecherin sagt der FAZ, ihr Chef habe habe bei der öffentlichen Veranstaltung am 15. März auf die Rechtslage hingewiesen. Es gebe keine juristische Grundlage dafür, Snowden in Deutschland Asyl zu gewähren. Alle weiteren Spekulationen erübrigten sich damit.
Snowden hatte die umfassende globale Datenausspähung durch die NSA und andere Geheimdienste einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Er hält sich derzeit in Russland auf. Die Regierung dort hatte seine Aufenthaltsgenehmigung im August um drei Jahre verlängert. Snowden hatte aber immer wieder deutlich gemacht, gern in einem anderen Land leben zu wollen. (heb)