Die Idee scheint so einleuchtend und vielversprechend: Wenn Frauen zukünftig ausgehen und sich nicht sicher sind, ob ihr Drink mit Drogen versetzt worden ist, müssen sie bloss den Finger hineintauchen. Ihr Nagellack verrät sofort, ob ihnen etwas untergeschoben worden ist.
Soweit die Theorie, mit der vier Studenten aus North Carolina Schlagzeilen machen. «Naggellack könnte Date Rapes verhindern», meldet USA Today, die Daily Mail frohlockt: «Bald hat eine frische Maniküre das Zeug, Ihnen das Leben zu retten.» Und sogar die Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) hat von dem Kosmetikartikel erfahren, der «vor K.O.-Tropfen warnen soll».
Es gibt aber auch kritische Töne. «Als Frau bekomme ich zu hören, dass ich nachts nicht alleine rausgehen, auf meine Getränke achten und all diese Dinge machen soll», nervt sich Aktivistin Rebecca Nagle im US-Portal Think Progress. «Auf diesem Wege beherrscht mich eine Vergewaltigung nicht nur bei einem tatsächlichen Angriff, sondern permanent, weil sie mein Verhalten einschränkt.»
Darüber hinaus werden die Frauen in falscher Sicherheit gewiegt. Das Startup Undercover Color verspricht nämlich auf seiner Facebook-Seite: «Unser Nagellack versetzt jede Frau in die Lage, diskret ihre Sicherheit zu gewährleisten, indem sie einfach ihren Drink mit dem Finger umrührt.»
Tatsächlich werden aber nur die Stoffe Rohypnol, Xanax und GHB erwähnt, die richtig eingesetzt Medikamente sind – aber als Überdosis ihren Opfern das Bewusstsein und den Willen rauben können. Doch das sind bloss drei von Hunderten Vertretern aus der Gruppe der Benzodiazepine und Oxybate.
Hinzu kommen weitere Gruppen wie Thienodiazepine und natürlich auch «klassische» Drogen wie MDMA, Kokain oder gar LSD, mit denen Opfer gefügig gemacht werden. Wenn sich Frauen auf einen Nagellack verlassen, der die meisten Gefahren nicht erkennt, wähnen sie sich sicher und handeln womöglich unvorsichtiger.
Animal New York lenkt die Aufmerksamkeit auch auf den Alkohol: Viele Täter kippen einfach Schnaps nach, um das Objekt der Begierde zu berauschen. Die Schlussfolgerung: Auch wenn es kein Rohypnol, Xanax und GHB geben würde, würden «Date Rapes» nicht aussterben.
Hinzu kommt: In den USA sind die Täter laut Statistik in 78 Prozent der Fälle mit dem Opfer bekannt. Ein Fingerzeig, der womöglich wertvoller ist als ein Nagellack mit eingebautem Drogendetektor, der nicht zuverlässig ist.