Es ist ja meist nicht so, dass man sich eine ganze Epoche zurückwünscht. Im Mittelalter zum Beispiel hat es gestunken und die Menschen waren klein und lebten nur ganz kurz. Und das reiche Erbe der Antike verschwand zu grossen Teilen unter dem Kot, den man durch die Fenster auf die Gassen schüttete.
Aber es gibt ein paar historische Errungenschaften, die man noch heute feiern müsste – wären sie nicht auf dem Weg in unser Jahrhundert verloren gegangen. Man hat sie achtlos weggeworfen in der Annahme, das alte Zeug würde einen sowieso nur am Fortschreiten hindern. Denn dort, wo man hingehen würde, wartet schliesslich die Zukunft. Diese wäre aber mit den folgenden acht Altlasten noch ein bisschen schöner:
Warum liegen wir nicht mehr, wenn wir essen? Die alten Griechen und Römer haben nur so gespiesen, zumindest die Reichen unter ihnen. Zu dritt lümmelten sie sich auf ein Liegesofa (das lectus triclinaris), der linke Ellbogen auf ein Kissen abgestützt, waren sie hufeisenförmig um den Tisch herum formiert. Hach. Gute, alte Zeiten!
Die guten, guten Römer haben noch mehr geleistet. Sie haben zum Beispiel ganz genau gewusst, wie man die Männer stracks in die Freudenhäuser führt: Mit einem Penis, der direkt in die Pflastersteine der Strasse eingemeisselt wurde und in die richtige Richtung weist. Das Exemplar auf dem Bild ist heute noch in Pompeji zu bewundern, die Stadt am Golf von Neapel, die 79 n. Chr. der Lava des Vesuvs zum Opfer gefallen ist.
Ein Hoch auf das griechische Scherbengericht (Ostrakismos), den Inbegriff einer wahrhaftig demokratischen Abstimmung: Jeder Athener konnte den Namen eines ihm unliebsamen Bürgers auf seine Stimmscherbe schreiben. Manch einer notierte zusätzlich ein Charakteristikum des Auserwählten, um seine Entscheidung zu verdeutlichen. Zum Beispiel: Kimon, du Arsch. Oder ein bisschen detaillierter: Kimon, du ehebrecherischer Arsch.
In Athen waren 6'000 Stimmen nötig, damit der Gewählte für ganze zehn Jahre in die Verbannung geschickt werden konnte. Dabei handelte es sich meist um in Ungnade gefallene Staatsmänner oder solche, die dem Volk zu mächtig geworden waren.
Mit den SIG 550, den leichten Sturmgewehren der Schweizer Armee, wurden keine Kriege gewonnen. Mit den Hellebarden hingegen schon. Zum Beispiel vor 700 Jahren in der Schlacht am Morgarten gegen Leopold I. von Habsburg. Und aus den eidgenössischen Erfolgen in den Burgunderkriegen speisen wir noch heute den Nymbus unserer Unbesiegbarkeit. Zumindest der Papst, der sich noch immer von der «hellebardisierten» Schweizer Garde beschützen lässt.
Und selbst wenn sie nicht für kriegerische Zwecke genutzt werden, Hellebarden sind in höchstem Masse dekorativ.
Unter diesen mächtigen Falschhaar-Schöpfen der Barockzeit versteckte sich oft von Syphilis entblösste Kopfhaut. Ludwig XIV. fing allerdings ganz ohne Krankheiten an, eine Glatze zu bekommen, weshalb er hurtig zur Perücke griff. Und so wurde die Allongeperücke (die langlockige Version) zu einem Standessymbol der adligen Männer in Europa.
Und würde man sie wieder einführen, so kehrte vielleicht sogar die sehr sinnvolle Berufsgattung der Perücken-Inspektoren zurück, die unter Friedrich I. von Preussen die Perückensteuer eintrieben: Einmal den falschen Haarschopf lupfen und schauen, ob da ein Stempel drin war, der die Entrichtung der drei Taler bestätigte. So hat man damals also die Staatskasse wieder gefüllt.
Gesungene Liebeslyrik, warum gibt es dich nicht mehr? Die höfischen Ritter haben nicht ständig nur Turniere veranstaltet. Sie haben auch für ihre Damen gedichtet. Von der unerfüllten Liebe haben sie gesungen, vom Schmerz, der in ihren Herzen wohnte und sie zu Tode folterte. Es blieb ihnen einzig, in die Welt der Vorstellungskraft zu flüchten, dorthin, wo sie sich mit ihrer Geliebten heimlich vereinigen konnten. Dorthin, wo sie endlich vom Schmerz erlöst wurden:
«Under der linden
an der heide,
dâ unser zweier bette was,
dâ muget ir vinden
schône beide
gebrochen bluomen unde gras.
Vor dem walde in einem tal,
tandaradei,
schône sanc diu nahtegal.»
Aus «Under der Linden» von Walther von der Vogelweide.
Der Citroën 2CV ist in der Schweiz unter dem Namen «Döschwo» in die Geschichtsbücher eingegangen. 1948 wurde er in Paris erstmals der Öffentlichkeit vorgestellt. Die Fachpresse belächelte das kleine, zweizylindrige Auto. Aber es sollte zum Kultgefährt werden, zum Statussymbol der Hippies.
Diejenigen, die lieber keine Perücken tragen wollen, dürfen dafür Hüte anziehen. Aber wo sind nur alle hinverschwunden? Die schönen Zylinder, die Melonen und die Homburger Hüte?
Sie waren schick und wenn man sich über irgendetwas freute, konnte man sie in die Luft werfen! So wie hier im Jahr 1941, als die Schweizer Hitlers Nationalelf besiegten. An dessen 52. Geburtstag.
Und ebenso wollen wir die Damenhüte zurück. Allen voran, die aus dem frühen 20. Jahrhundert.