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«Ich schätze die Chancen auf über 50 Prozent, dass die EU uns bei der Zuwanderung entgegen kommt»

SVP-Wahlkampfleiter Albert Rösti schätzt die Chancen, die EU in die Knie zu zwingen auf über 50 Prozent. Hier feiert er die Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative am SVP-Abstimmungsapéro in Burgdo ...
SVP-Wahlkampfleiter Albert Rösti schätzt die Chancen, die EU in die Knie zu zwingen auf über 50 Prozent. Hier feiert er die Annahme der Masseneinwanderungs-Initiative am SVP-Abstimmungsapéro in Burgdorf.Bild: KEYSTONE
Interview mit SVP-Wahlkampfchef Albert Rösti 

«Ich schätze die Chancen auf über 50 Prozent, dass die EU uns bei der Zuwanderung entgegen kommt»

Albert Rösti, Wahlkampf- und Kampagnenleiter der SVP, hält die Position der Schweiz gegenüber der EU für zu schwammig und schätzt die Chancen, die Zuwanderungsverhandlungen zu gewinnen, auf über 50 Prozent. 
12.02.2015, 07:2812.02.2015, 10:31
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Herr Rösti, wir beglückwünschen Sie! 
Albert Rösti: Wozu? 

Zur Vernehmlassungsvorlage MEI und des Bundesrates natürlich. 
Die hat der Bundesrat gemacht. Nicht ich. Sie beinhaltet zwar wichtige Elemente des neuen Verfassungsartikels wie Kontingente und Inländervorrang, muss aber nachgebessert werden. 

Eben. Sie leiten den Wahlkampf für die Nationalratswahlen 2015. Die schwammige MEI-Umsetzungsvorlage des Bundesrates ist ein ideales Wahlkampfthema.  
Die MEI-Umsetzung ist wichtig in unserer Wahlkampfstrategie. Damit wir genügend Einfluss auf eine konsequente MEI-Umsetzung nehmen können, müssen wir die Wahlen gewinnen. Und so wie es derzeit aussieht, ist es nötig, dass wir im Parlament Verbesserungen anbringen. 

«Die MEI-Umsetzung ist wichtig in unserer Wahlkampfstrategie.»

In welchen Bereichen?
Der Familiennachzug muss eingegrenzt werden. Wir brauchen genügend Plätze in den Kontingenten, für diejenigen Leute, die die Wirtschaft braucht.

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Das wird völkerrechtlich schwierig, aber gut ... Womit sind Sie sonst noch unzufrieden?
Der Bundesrat hat nichts darüber gesagt, wie die Zugangsbeschränkungen der Einwanderer zu den Sozialversicherungen geregelt werden sollen. Das sind zwei entscheidende Punkte, in denen der Bundesrat von unseren Vorschlägen abweicht. Aber nicht die zentralsten. 

Also, womit sind Sie am unzufriedensten?
Der Bundesrat signalisiert immer noch, dass die Umsetzung des am 9. Februar 2014 angenommene Verfassungsartikels nur möglich sei, wenn die EU einer Änderung des Abkommens über die Personenfreizügigkeit zustimmt. Das ist für erfolgreiche Verhandlungen eine schlechte Voraussetzung. Warum soll die EU Zugeständnisse machen, wenn sie weiss, dass die Umsetzung im Inland scheitert, wenn sie sich sperrt? 

«Mit der EU kann man erfolgreich verhandeln. Da bin ich überzeugt.»

Zum Beispiel, weil sie weiss, dass die SVP dann die Personenfreizügigkeit per Initiative abzuschiessen versucht, was alles noch komplizierter macht, sollte es gelingen?
Man darf nicht immer so tun, als ob die kleine Schweiz der grossen EU machtlos ausgeliefert wäre. Mit der EU kann man erfolgreich verhandeln. Das hat die Vergangenheit gezeigt. 

Wie hoch schätzen Sie denn die Chancen ein, dass die EU der Schweiz entgegenkommt und ihr bezüglich Personenfreizügigkeit eine Extrawurst gewährt? 
Wenn man Brüssel vernünftig erklärt, wo die Probleme liegen und alles in die Waagschale wirft, was man hat, dann schätze ich die Chancen auf über 50 Prozent. Und der Bundesrat sollte das auch tun. Denn wenn man nicht damit rechnet, Erfolg zu haben, dann hat es überhaupt keinen Sinn in Verhandlungen einzutreten. 

Albert Rösti
Der 47-jährige Berner Nationalrat leitet den SVP-Wahlkampf 2015 und war schon in der Kampagnenführung zur MEI-Abstimmung eine wichtige Figur. Der gemässigte und unauffällige, aber sehr effizient arbeitende ETH-Ingenieur ist seit 2011 im Nationalrat und wird von seiner Partei als einer der Papabili für die nächste Bundesratsvakanz aufgebaut. 
«Deshalb ist es alles andere als sicher, dass die Guillotinenklausel am Ende wirklich das Damoklesschwert ist, vor dem sich alle fürchten.»

Und was kann die Schweiz in die Waagschale werfen?
Wir müssen der EU aufzeigen, dass ihr die bilateralen Verträge wie das Landverkehrsabkommen, das Luftverkehrsabkommen und das Landwirtschaftsabkommen auch erhebliche Vorteile bringen und eine Neuverhandlung der Personenenfreizügigkeit nicht gleich zur Kündigung aller Bilateralen führen muss. Zudem ist eine Verknüpfung der Verhandlungen mit anderen Dossiers wie etwa der Unternehmenssteuer-Reform mit ihren Holdingprivilegien zu prüfen. Man kann fast bei jedem Teilvertrag der Bilateralen auch massive Vorteile bei der EU ausmachen. Deshalb ist es alles andere als sicher, dass die Guillotinenklausel am Ende wirklich das Damoklesschwert ist, vor dem sich alle fürchten. 

Das mag sein. Aber Stand jetzt ist, dass die EU der Schweiz massive Probleme bereiten kann, wenn die Schweiz einen Teil der Bilateralen aufkündigen will. Einverstanden?
Einverstanden. Aber genau deshalb müssen wir der EU aufzeigen, was sie verliert, wenn wir die bilateralen Verträge in Frage stellen. Immerhin ist die Schweiz der zweitwichtigste Handelspartner der EU mit einem massiven Handelsbilanzüberschuss zugunsten der EU. 

Chronologie Einwanderungs-Initiative

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Chronologie Einwanderungs-Initiative
9. Februar 2014: Die Volksinitiative «Gegen Masseneinwanderung» der SVP wird an der Urne von 50,3 Prozent der Stimmenden angenommen. SVP-Nationalrat Albert Rösti zeigt sich erfreut. Die EU-Kommission reagiert postwendend: Das Votum verletze das Prinzip des freien Personenverkehrs.
quelle: keystone / marcel bieri
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