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Berset erklärt seine Rentenreform: Darum sollen Frauen bis 65 arbeiten

Berset erklärt seine Rentenreform: Darum sollen Frauen bis 65 arbeiten

27.06.2017, 13:3015.08.2017, 11:31
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Bundesrat Alain Berset applaudiert im Staenderat, waehrend der Sommersession der Eidgenoessischen Raete, am Mittwoch, 31. Mai 2017 in Bern. (KEYSTONE/Peter Klaunzer)
Berset erklärt seine Rentenreform.Bild: KEYSTONE

Für Bundesrat Alain Berset ist die Reform der Altersvorsorge ein echter Kompromiss: Alle müssten etwas geben, aber alle bekämen auch etwas. Eindringlich warnt der Sozialminister vor einem Scheitern der Vorlage am 24. September.

Bei einem Nein ändert die Rechtslage zwar nicht. Doch damit bleibe nicht einfach alles beim Alten, sagte Berset am Dienstag vor den Bundeshausmedien. Die Erträge der Pensionskassen wären weiterhin tief, die «illegale Umverteilung» von der aktiven Generation zu den Rentnern gehe weiter. Das Defizit der AHV wachse, und auch die Arbeitswelt entwickle sich weiter.

Ungelöste Probleme

Bis eine neue Vorlage abstimmungsreif wäre, würden laut Berset wiederum Jahre vergehen. Mit dieser Reform müssten zudem noch viel grössere Herausforderungen bewältigt werden, weil sich die Situation der Sozialversicherungen inzwischen markant verschlechtert haben dürfte. Der vorliegende Kompromiss hingegen würde es gemäss Berset erlauben, künftig auch über grundsätzliche Fragen wie die Erhöhung des Rentenalters zu diskutieren.

Angesichts von tiefen Renditen, demografischem Wandel und veränderten Arbeitsmodellen ist der Handlungsbedarf für den Sozialminister ausgewiesen. Die Vorlage respektiere auch die grossen Linien, die der Bundesrat für die Reform gezogen habe: Sowohl 1. als auch 2. Säule würden stabilisiert. Das Rentenniveau bleibe erhalten, die Umverteilung in der 2. Säule werde eingedämmt, und die Senkung des Umwandlungssatzes werde weitgehend kompensiert.

Der Ausgleich geschieht unter anderem durch den Zuschlag von 70 Franken auf neuen AHV-Renten und höhere Ehepaar-Renten. Berset rief in Erinnerung, dass der Bundesrat gegen diese Verflechtung von AHV und beruflicher Vorsorge gewesen sei. Doch akzeptiere er das Element im Sinne eines Kompromisses. «Es ist dieser Schritt, der uns vielleicht erlaubt, gewisse Kreise zu gewinnen, die vorher gegen die Vorlage waren», sagte er.

Test für die Gesellschaft

Damit habe der Bundesrat seine Verantwortung wahrgenommen, sagte Berset. Nun ist die Stimmbevölkerung an der Reihe. «Es ist ein Test für die Gesellschaft.»

Die Reform wird von SVP, FDP und den grossen Wirtschaftsverbänden bekämpft. Diese sehen in der Erhöhung der AHV-Renten einen Sozialausbau, den die jüngeren Generationen finanzieren müssen.

Jürg Brechbühl, Direktor des Bundesamts für Sozialversicherungen, hat eine andere Optik: Mit der geplanten Senkung des Umwandlungssatzes werde die Umverteilung zu Lasten der Jungen korrigiert. Zudem werde das Defizit der AHV ohne Reform innerhalb weniger Jahre auf 40 Milliarden Franken anschwellen.

70 Stutz mehr AHV und Rentenalter 65 für Frauen. Wird die Reform vom Volk angenommen?

Es entstünden Probleme, die wesentlich grösser seien als die 70 Franken, erklärte Brechbühl. «Die Reform ist daher auch unter dem Blickwinkel der Generationengerechtigkeit ein Schritt in die Richtige Richtung.»

Unterstützt wird die Reform von CVP, SP, BDP, Grünen, Grünliberalen und den Gewerkschaften. In der Westschweiz stösst sie auch bei Wirtschaftsverbänden auf mehr Anklang.

Die Vorsorgewerke waren letztmals vor 20 Jahren reformiert worden. 2004 war die 11. AHV-Revision an der Urne gescheitert, 2010 lehnte das Volk die Senkung des Umwandlungssatzes ab.

Umfassende Reform

Die nun vorliegende Reform der Altersvorsorge nimmt dieses Element wieder auf, da die für den heutigen Satz nötigen Renditen kaum mehr erwirtschaftet werden können. Die Ausfälle werden durch höhere Beiträge sowie den AHV-Zuschlag ausgeglichen.

Das Frauenrentenalter wird auf 65 Jahre angehoben, was die AHV um rund 1,3 Milliarden Franken entlastet. Zusätzliche Mittel fliessen der Sozialversicherung aus den Erträgen des Demografie-Prozents sowie aus einer Mehrwertsteuer-Erhöhung um insgesamt 0,6 Prozent zu.

Die dafür notwendige Verfassungsänderung muss ohnehin von Volk und Ständen abgesegnet werden. Die Gesetzesänderung, gegen die das Referendum ergriffen wurde, ist jedoch damit verknüpft: Wird eine der beiden Vorlagen abgelehnt, scheitert die ganze Reform. (sda)

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25 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Herbert Anneler
27.06.2017 15:08registriert August 2015
Die Strategie von SVP/FDP, Gewerbe-/Arbeitgeberverband ist perfid: Mehr PK-Beiträge und kleinerer Umwandlungssatz heisst: 1. RentnerInnen müssen mehr sparen für weniger Rente. Das heisst: Die Zinsen für die Wirtschaft bleiben tief dank Alterssparen. Das ist Zins-&Rentenklau. Aber es kommt noch dicker: 2. Die Arbeitgeber müssen auch einen Teil an die PK bezahlen. Folge: Die Lohnkosten steigen. Und wer jammert ohne Unterlass über die angeblich viel zu hohen Lohnkosten in der Schweiz und droht mit Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland? Die Wirtschaft - damit sie unsere Löhne drücken kann!
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Tom B.
27.06.2017 16:21registriert November 2016
Wir werden alle älter und beziehen LÄNGER Rente als je zuvor!! DAS ist der massivste Rentenausbau overall. 💰💰💰Demografie lässt sich nicht in 2-3 Jahren komplett verändern. Mir passt das auch nicht, aber so ist es nun mal...
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