Im Rausch sollte man keine grossen Reden schwingen: Gut sechs Wochen ist der ehemalige «Reussbote»-Redaktor Beat Gomes (parteilos) im Amt als Gemeinderat im aargauischen Mellingen, und er machte in dieser kurzen Zeit bereits mehrfach von sich Reden. Dabei sorgte er nicht zuletzt beim Gemeinderat für Stirnrunzeln. Der jüngste Vorfall betrifft Gomes’ Auftritt an der Fasnachtseröffnung am Schmutzigen Donnerstag in Mellingen.
Er habe betrunken die Fasnachtseröffnungsrede gehalten, schreibt ein Leser der AZ-Redaktion. «Viele Eltern sind empört, dass ihre Kinder dies mit ansehen mussten.» Andere Personen, die vor Ort waren, sagen, er habe gelallt. Ein weiterer Zuschauer sagt, man habe gar nicht verstanden, was er sagte, und ein entsprechendes Raunen sei durchs Publikum gegangen. Der Auftritt habe am Wochenende für Gesprächsstoff gesorgt im Dorf.
Der Vorfall wurde auch an die Gemeinderatsmitglieder herangetragen. «Wir haben die Meldung mit Erstaunen zur Kenntnis genommen», sagt Gemeindeammann Bruno Gretener (FDP). Er war selber nicht vor Ort. «Wir werden den Vorfall aber an der Gemeinderatssitzung heute Abend thematisieren», sagte er gestern. Weiter wollte sich Gretener zum Thema nicht äussern. Er wolle zuerst klare Fakten haben.
Cornelia Huwiler, die mit den «Fasnachts Hüehnern» bereits zum fünften Mal die Fasnachtseröffnung organisierte und ebenfalls auf der Bühne stand, sagt: «Bei uns hat sich niemand beschwert wegen der Eröffnungsrede.» Beat Gomes habe seine Aufgabe, den Schlüssel vom Rathaus zu überreichen, erfüllt. «Es ist toll, dass er als Gemeinderat mitgemacht hat, und dafür sind wir sehr dankbar.» Weiter wollte sich Huwiler nicht äussern.
Beat Gomes sagt auf Anfrage: «Ja, ich war feuchtfröhlich unterwegs. Ich war zuvor an der Seniorenfasnacht und habe etwas getrunken.» Das gehöre schliesslich zur Fasnacht. «Ich sehe kein Problem darin, dass ich danach als Gemeinderat auf der Bühne eine kurze Rede gehalten und dabei auch ein wenig ‹das Kalb gemacht› habe.»
Gomes fügt an: «Etwas anderes wäre es, wenn der Anlass nicht im Rahmen der Fasnacht stattgefunden hätte. Bei ernsthaften Anlässen rühre ich kein Glas an.» Dass sich einige Leute an seiner Rede stören würden, tue ihm Leid. «Da ich mich sehr für die Gemeinde engagiere, was von vielen geschätzt wird.»
In seiner kurzen Gemeinderats-Karriere wird Beat Gomes nicht zum ersten Mal Thema innerhalb des Gremiums. Erst vor einem Monat musste sich der ehemalige Redaktor am Bezirksgericht Baden verantworten, weil er in seiner Berichterstattung über eine Stetter Gemeindeversammlung einen Stimmbürger als «notorischen Nörgler» bezeichnete.
Es ist bei weitem nicht seine erste Gerichtsverhandlung. Der ehemalige «Blick»-Journalist schreibt nicht mit Samthandschuhen. Bisher tat er dies als kritischer Journalist. Das hat sich spätestens Anfang Jahr, als er sein neues Amt als Gemeinderat antrat, geändert.
Seither besteht nicht zuletzt wegen des Amtsgeheimnisses ein Interessenkonflikt. Doch wer in den vergangenen Wochen die Regionalzeitung «Reussbote» lass, staunte womöglich nicht schlecht: Als neuer Mellinger Gemeinderat schreibt Beat Gomes über die Umfahrung Mellingen, Haussanierungen in der Altstadt oder Gemeinderatswahlen in Mägenwil. Insbesondere die Doppelrolle als Gemeinderat und Journalist war bereits Thema während seines Wahlkampfs im Herbst.