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Kauf neuer Kampfjets könnte bis zu 14 Milliarden Franken kosten

Kauf neuer Kampfjets könnte bis zu 14 Milliarden Franken kosten – ohne Volksentscheid

30.05.2017, 13:3330.05.2017, 13:42
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Nach dem Gripen-Debakel sollen neue Kampfjets über das Armeebudget beschafft werden. Damit wäre ein Referendum ausgeschlossen. Dies empfiehlt die Expertengruppe des Bundes. Je nach Variante würde der Kauf zwischen vier und 14 Milliarden Franken kosten.

Eigentlich hätten schon ab nächstem Jahr Kampfjets des schwedischen Herstellers Saab am Schweizer Himmel kreisen sollen. Insgesamt sollten 22 Flugzeuge für 3.1 Milliarden Franken beschafft werden. Am 18. Mai 2014 lehnten aber 53,4 Prozent der Stimmenden den Kauf an der Urne ab.

Im vergangenen Jahr nahm der Bundesrat einen neuen Anlauf zum Kauf von Kampfjets und zog Lehren aus dem Gripen-Debakel. Er setzte eine Expertengruppe mit Vertretern von Armee, armasuisse und dem Verteidigungsdepartement (VBS) ein, um grundlegende Fragen einer Beschaffung zu klären. Mit der Schaffung einer Begleitgruppe wollte er die Bundesratsparteien besser einbeziehen.

BODLUV wieder auf Tapet

Die Expertengruppe Neue Kampfflugzeuge und die Begleitgruppe haben nun am Dienstag ihre Empfehlungen den Medien präsentiert, die in den Grundzügen bereits in der Sonntagspresse durchgesickert waren. Grundsätzlich erachten sie den Kauf neuer Kampfjets als dringend, weil die Schweiz sonst alle Fähigkeiten verlieren würde, um ihren Luftraum eigenständig zu schützen.

Parallel zur Beschaffung neuer Flugzeuge müsste deshalb auch ein System für die bodengestützte Luftverteidigung evaluiert werden, heisst es im Bericht. Nach der Sistierung des BODLUV-Projekts empfiehlt die Expertengruppe aber zuerst eine Marktanalyse durchzuführen. Als Herausforderung sieht sie, dass nun beide Grossprojekte nicht wie ursprünglich gestaffelt sondern im selben Zeitraum im politischen Prozess sind.

Knacknuss Volksabstimmung

Konkret schlägt die Expertengruppe vier Varianten vor: Zur Diskussion steht die Beschaffung von 20 bis 70 Flugzeugen. Kostenpunkt: zwischen vier und 14 Milliarden Franken. Anders als beim Gripen, der über einen Fonds hätte beschafft werden sollen, empfiehlt die Expertengruppe die Finanzierung über das ordentliche Armeebudget. Alle anderen Finanzierungsmodellen hätten wirtschaftliche, finanzpolitische und nicht zuletzt sicherheitspolitische Nachteile, heisst es in ihrem Bericht.

Zwar teilt die Begleitgruppe die Auffassung, dass eine Sonderfinanzierung nicht empfehlenswert ist. Uneinig ist sie sich aber in der Frage, ob das Volk das letzte Wort haben soll. Eine Mehrheit befürwortet eine ordentliche Beschaffung, wie die Begleitgruppe in ihren Empfehlungen schreibt. Damit wäre ein Referendum ausgeschlossen. Für Gegner bliebe nur die Möglichkeit, eine Initiative zu lancieren.

F/A-18 im Notfall noch länger in Betrieb

Die teuerste Variante in der Höhe von 15 bis 18 Milliarden Franken sieht den Kauf von 55 bis 70 Kampfjets sowie Systeme der bodengestützten Luftverteidigung (BODLUV) grösserer und kleinerer Reichweite vor. Damit könnten aus Sicht der Expertengruppe die Durchhaltefähigkeit im Falle längeren Spannungen die Kampfkraft der Luftwaffe am umfassendsten erfüllt werden.

Für neun Milliarden Franken könnte die Schweiz 40 Flugzeuge und ein BODLUV-System grösserer Reichweite beschaffen. Mit letzterem liesse sich in etwa die Fläche des Mittellands abdecken. Objekte und eingesetzte Kampfverbände wären aber nur beschränkt geschützt.

Die dritte Variante sieht den Kauf von 30 Flugzeugen und ein umfangreicheres BODLUV-System als Variante 2 vor. Ein Nachteil wäre aus Sicht der Expertengruppe aber die begrenzte Durchhaltefähigkeit von einigen wenigen Wochen bei der Wahrung der Lufthoheit. Diese Variante erhielt in der Begleitgruppe die grösste Zustimmung. Drei von vier Bundesratsparteien befürworteten sie.

Als minimale Variante erachten die Experten den Kauf von 20 Flugzeugen und einem BODLUV-System analog zur Variante 2 für insgesamt fünf Milliarden Franken. Dabei müsste das Ende der Nutzungsdauer der F/A-18 zusätzlich hinausgezögert werden. Damit stünden zumindest bis Anfang 2030 rund 50 Kampfflugzeuge zur Verfügung, um die Lufthoheit zu wahren.

Drohnen keine Alternative

Die Expertengruppen hat auch Alternativen zum Kauf neuer Kampfjets geprüft. Keine Option in absehbarer Zukunft sind aus ihrer Sicht unbemannte Kampfflugzeuge wie Drohnen. Die Experten sprechen sich auch gegen eine kleine Flugzeugflotte aus, im Gegenzug für eine erhebliche Ausdehnung der internationalen Kooperation. Diese Vorstellung sei «illusorisch».

Nach gegenwärtiger Planung soll 2020 der Typenentscheid für ein neues Kampfflugzeug fallen und 2022 der Beschaffungskredit im Parlament beantragt werden. Ab 2025 sollen die neuen Flugzeuge geliefert werden. (whr/sda)

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Als Fels getarnt: Eine Kanone der alten Festung auf dem Gütsch oberhalb von Andermatt.
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153 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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Posersalami
30.05.2017 13:54registriert September 2016
Es ist doch Unsinn, wenn das Volk über einen bestimmten Typ von Kampfjet (oder Panzer, etc) abstimmen muss. Das Volk sollte der Armee einen Auftrag übertragen und das passende Budget. Wie die Armee dann diesen Auftrag erfüllt sollte ihre Sache sein. Ob jetzt mit F-18, Raffale, Gripen oder Eurofighter der Luftraum gesichert wird ist mir egal. Wenn wir wollen, dass die Armee den Luftraum schützen kann sollte die Armee freie Hand haben, den Auftrag zu erfüllen. Wollen wir keine neuen Kampfjets können wir ja die Armee vom Auftrag der Luftraumüberwachung entbinden.
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piedone lo sbirro
30.05.2017 16:36registriert November 2016
wie die SVP diskret milliarden für die armee verpulvert:

https://www.beobachter.ch/politik/schweizer-armee-wie-die-armee-diskret-milliarden-verpulvert

...doch 70.- mehr rente sind für die SVP unbezahlbar...
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Hand-Solo
30.05.2017 13:52registriert März 2014
Finde ich richtig so. Ich konnte auch nicht über die Iveco Armelastwagen, die Duro's oder über einen Laptop Typ abstimmen.

Das Nein in der Grippen Abstimmung bezog sich explizit auf die angedachte Beschaffung und Finanzierung: Nein wir wollen keine Grippen auf die Art beschaffen, wie sie vom Bund angedacht war, nicht mehr. Nicht weniger.

Wenn ich mich gegen ein Leasing eines neuen Audi A6 entscheide, heisst das nicht, dass ich mich auch gegen den BARKAUF eines Audi A6, oder das Leasing eines anderen Autos als einen Audi A6 entscheide...
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