Dass die Jungsozialisten (Juso) und ihre Chefin Tamara Funiciello (wird heute 28) den «Schweizer Soldat» lesen, gemäss Selbstdeklaration die «führende Militärzeitschrift der Schweiz», ist nicht unbedingt zu erwarten. Dass sich Funiciello nach der Lektüre dann auch noch mit den Militärs solidarisiert, noch weniger.
Aber genau so ist es. «Ich habe wirklich Mitleid mit diesen Leuten, das ist nicht okay und völlig ungerecht, so etwas macht man nicht mit Mitarbeitern», sagt die Juso-Chefin.
Es geht um den Artikel auf Seite 8 der neusten Ausgabe der Militärzeitschrift. Dort wird über die Resolution des «Verbands der Instruktoren», also der Berufsmilitärs berichtet. Es ist eine Resolution gegen die Pläne des Bundesrats unter Finanzminister Ueli Maurer (SVP), der das Rentenalter der Instruktoren von heute 60 auf 65 Jahre erhöhen will.
«Ich wusste zwar gar nicht, dass Armeeangehörige schon mit 60 in Rente gehen können», sagt die streitbare Jungsozialistin. «Das ist schon noch speziell. Aber dass das Rentenalter jetzt auf 65 erhöht werden soll, ist mega krass, das geht gar nicht.»
Die Bernerin will nicht tatenlos zusehen, wie der Bundesrat die Berufsmilitärs und andere Angestellte abstraft. Sie sagt: «Wir solidarisieren uns mit den Instruktoren der Armee und unterstützen sie in ihrem Arbeitskampf.» Die Frage, ob sie das ernst meine, bejaht die Juso-Chefin mit Nachdruck: «Wir unterstützen alle in ihrem Kampf gegen schlechtere Arbeitsbedingungen. Wir sind grundsätzlich gegen Rentenaltererhöhungen und dafür, dass die Arbeitszeit sinkt. Die steigende Produktivität muss auf alle verteilt werden, die darf nicht nur die Profite von Einzelnen erhöhen.»
Die Juso wollen den Berufssoldaten tatkräftige Schützenhilfe leisten. «Wenn sie demonstrieren wollen, sind wir dabei. Auch bei einem allfälligen Streik können sie auf unsere tatkräftige Unterstützung zählen», so Funiciello. Handkehrum meint die Juso-Chefin: «Gerne nehme ich auch Unterstützung der Armee-Instruktoren entgegen, wenn es um den Kampf gegen das Frauenrentenalter 65 geht.»
Bahnt sich hier eine neuartige Allianz an? Fest steht, dass sich die Armee-Instruktoren vom Bundesrat im Stich gelassen fühlen. Ihr Rentenalter soll, wie auch das der Grenzwächter und gewisser Diplomatenkategorien, von 60 beziehungsweise 62 auf 65 Jahre angehoben werden. Alles Berufe, die grosser körperlicher und psychischer Belastung ausgesetzt sind. Dabei wurde das Rentenalter erst 2013 von 58 auf 60 erhöht, die Übergangsfrist läuft noch. Für das Personal sind die erneuten Erhöhungspläne ein Affront. «Beim militärischen Personal schwindet zunehmend das Vertrauen in die Abmachungen und Versprechungen des Arbeitgebers», steht in der Resolution der Instruktoren. Die «uneingeschränkte Einsatzbereitschaft und die hohe Loyalität des militärischen Personals» zum Bundesrat werde «aufs äusserste strapaziert.»
Umso mehr, als Finanzminister Maurer, der die Sparübung Mitte Jahr konkretisieren will, bis 2015 noch VBS-Chef war.
Der Bundesrat hatte bisher wenig Musikgehör. Die Gewerkschaften Garanto und Transfair luden die Landesregierung per Brief zu einer Nachttour des Zoll- und Grenzwachtpersonals ein, damit sie am eigenen Leib erfahre, «wie anstrengend diese Arbeit» sei. «Eine Antwort haben wir leider nie erhalten», sagt Garanto-Zentralsekretärin Heidi Rebsamen.
Die Grenzwächter starteten darauf eine Briefaktion an Bundespräsident Alain Berset (SP), in der sie sich über die Auswirkungen der Rentenalter- erhöhung besorgt zeigten. 350 Briefe wurden verschickt. Darauf hat Maurer inzwischen reagiert, wenn auch unverbindlich. Er schrieb: «Der Bundesrat ist sich bewusst, dass die geplante Revision die betroffenen Personen verunsichert. Er nimmt die vorgebrachten Anliegen und Bedenken ernst und wird diese in seine weiteren Erwägungen und Arbeiten einfliessen lassen».
Wie auch immer: Hält der Bundesrat an seinen Rentenplänen fest, steht ein heisser Sommer bevor. (aargauerzeitung.ch)