Schweiz
Asylgesetz

Schweiz verschärft Asylpraxis: Rückkehr nach Eritrea nicht generell unzumutbar

Ein Uebersetzer uebersetzt fuer Asylsuchende aus Eritrea waehrend dem Workshop "Zusammen sicher im Kanton Bern" der Berner Kantonspolizei fuer Asylsuchende, am Dienstag, 29. August 2017, in  ...
Asylsuchende aus Eritrea in Gampelen BE.Bild: KEYSTONE

Schweiz verschärft Asylpraxis: Rückkehr nach Eritrea nicht generell unzumutbar

31.08.2017, 12:0031.08.2017, 18:32
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Eritreer, die ihre Dienstpflicht geleistet haben, müssen bei der Rückkehr ins Heimatland nicht generell mit erneuter Einberufung in den Nationaldienst oder mit Bestrafung rechnen. Das hat das Bundesverwaltungsgericht in einem Urteil entschieden.

Aus Sicht der Richter in St. Gallen droht den Betroffenen keine menschenrechtswidrige Behandlung, wie das Gericht in einer Mitteilung vom Donnerstag schreibt. Im Urteil hat es sich mit der Frage befasst, ob abgewiesenen Eritreern und Eritreerinnen, bei einer Rückkehr Bestrafung und Einberufung in den Nationaldienst droht.

Das Gericht kommt nun zum Schluss, dass dies nicht der Fall ist bei Personen, die ihre Dienstpflicht bereits geleistet haben und erst danach aus Eritrea ausgereist sind. Dasselbe gilt für Eritreer und Eritreerinnen, die ihre Situation mit dem Heimatstaat geregelt haben und über den sogenannten Diasporastatus verfügen.

Reguläre Entlassung aus der Armee

Im konkreten Fall ging es um eine verheiratete Frau, die Eritrea im Alter von 29 Jahren nach mehreren Jahren im Nationaldienst verlassen hatte. Weil sie nicht glaubhaft machen konnte, dass sie aus dem Dienst desertiert war, geht das Bundesverwaltungsgericht von einer ordentlichen Dienstentlassung vor ihrer Ausreise aus.

Die Richter beurteilen es deshalb als unwahrscheinlich, dass für die Frau eine Gefahr besteht, wegen Nichtleistung des Dienstes oder einer Wiedereinberufung bestraft zu werden. Das Urteil ist endgültig und kann nicht angefochten werden.

Das Bundesverwaltungsgericht bestätige damit die Praxis des Staatssekretariats für Migration (SEM), schreibt das SEM auf Anfrage der Nachrichtenagentur SDA. Nach SEM-Zahlen vom Februar sind bei 634 abgewiesenen eritreischen Asylbewerbern entweder die Beschwerde noch vor Bundesverwaltungsgericht hängig oder die Beschwerdefrist läuft noch.

Rückkehr nicht generell unzumutbar

Nicht behandelt hat das Gericht die Frage, ob im eritreischen Nationaldienst eine unmenschliche Behandlung droht oder der Dienst als Sklaverei oder Zwangsarbeit zu qualifizieren wäre. Nach einer umfassenden Analyse kommen die Richter aber zum Schluss, dass in Eritrea keine Situation allgemeiner Gewalt bestehe und folglich eine Rückkehr dorthin nicht generell unzumutbar sei.

Angehörige des eritreischen Nationaldienstes müssten oft jahrelang und auf unbestimmte Zeit Dienst leisten. Das Bundesgericht stellt jedoch fest, dass Dienstentlassungen dennoch regelmässig vorkämen und von einer durchschnittlichen Dienstdauer von fünf bis zehn Jahren auszugehen sei.

Schweiz verschärft Praxis

Es ist nicht das erste Mal in diesem Jahr, dass das Bundesverwaltungsgericht die Praxis verschärft. Im Februar hatte es entschieden, dass eritreische Flüchtlinge kein Asyl mehr erhalten, nur weil sie ihr Heimatland illegal verlassen haben.

Im Juni lehnte der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) einen Rekurs eines 27-jährigen Eritreers ab, der aus der Schweiz ausgewiesen werden sollte. Er machte geltend, dass ihm bei einer Rückschiebung nach Eritrea Folter und unmenschliche Behandlung drohten und er gezwungen würde, auf unbefristete Zeit Militärdienst zu leisten. (whr/sda)

Eritreer produzieren in Zürich eine Radiosendung

Video: srf
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67 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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stabiler
31.08.2017 14:47registriert Juni 2017
Es stimmt, es mag - an unserem Massstab gemessen - in Eritrea nicht alles "richtig" zu- und hergehen und grosse Menschenrechtsdefizite geben. Aber das trifft wohl auf den Grossteil aller afrikanischer Länder zu. Und Russland. Und China. Und den arabischen Raum. Und die Philippinen. Undsoweiterundsofort.

Wer dann aber aus falsch verstandenem, emotional-basiertem Humanismus meint, es stehe praktisch der ganzen Welt ein individueller Asylprüfungsanspruch zu - der verkennt ganz einfach die Realität.
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Maria B.
31.08.2017 13:26registriert Februar 2015
Nachdem, nicht zuletzt durch verschiedene Kommissionen und europäischen Politikerversuche längst feststand, dass in Eritrea alles halb so wild zugeht, auch viele Asylbewerber immer mal wieder dorthin unangefochten in Urlaub reisen, war es somit allerhöchste Zeit, dass der BR endlich folgerichtig entschied und nun die richtigen Massnahmen durchsetzt, um dem Unfug nachhaltig zu begegnen!

Dies stimmt auch mit dem Wortlaut des geltenden Asylrechts, welches Sommaruga immer mal wieder so gerne unterlief, rechtlich völlig überein ;-)!
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dorfne
31.08.2017 12:53registriert Februar 2017
Wo wollen diese Leute denn arbeiten, wenn nicht im Nationaldienst? Es gibt ja kaum andere Arbeitsplätze. Erst hiess es, der Nationaldienst daure endlos, jetzt heisst es, er sei zeitlich begrenzt. Was denn jetzt? Wenn 90% der Eritreer von der Fürsorge leben, weiss ich weshalb die herkommen, je mehr hier sind, umso mehr kommen. Und dann wird sorglos ein Kind nach dem andern geboren. Die CH sollte endlich Druck auf Eritrea machen. Es kann ja nicht sein, dass wir mit unseren Steuergeldern dieses angebliche Unrechtsregime finanzieren.
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