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Material für vier Atombomben: Anfang Jahr schaffte der Bund klammheimlich 20 Kilogramm Plutonium ausser Landes 

Paul Scherrer Institut in Villigen: Hier lagerte das Plutonium seit den 60er Jahren.
Paul Scherrer Institut in Villigen: Hier lagerte das Plutonium seit den 60er Jahren.
Bild: KEYSTONE

Material für vier Atombomben: Anfang Jahr schaffte der Bund klammheimlich 20 Kilogramm Plutonium ausser Landes 

Die Aktion fand unter strengster Geheimhaltung statt: Anfang Januar dieses Jahres wurden 20 Kilogramm Plutonium – Material zur Herstellung von Atomwaffen – heimlich ausser Landes geschafft. Das Plutonium stammt aus einer Zeit, als die Schweiz die Herstellung von eigenen Atomwaffen plante.
28.02.2016, 02:1028.02.2016, 09:29
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Der Nukleartransport in die USA wurde unter höchster Geheimhaltung durchgeführt. Nicht einmal der Bundesrat war im Bild. Als die «Schweiz am Sonntag» Mitte dieser Woche nachfragte, was es mit der Geheimaktion genau auf sich habe, brach beim zuständigen Departement für Wirtschaft, Bildung und Forschung (WBF) Hektik aus. Statt die Fragen zu beantworten, wurde der Gesamtbundesrat kurzfristig über den Transport informiert.

Dann bestätigte das WBF: «Transport von aufgelösten Plutoniumlager des Bundes in die USA ist erfolgt.» Grund für dieses eigenartige Vorgehen laut WBF: Es sei darum gegangen, «bei der Öffentlichkeit keinerlei Unklarheiten und Verunsicherung aufkommen zu lassen».

«Die Schweiz war also 50 Jahre lang im Besitz von Atombombenmaterial. Andere Länder wären dafür sanktioniert worden.»
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Die Fracht, die heimlich ausser Landes gebracht wurde, hatte es in sich. Es waren rund 20 Kilogramm Plutonium, die seit den 60er-Jahren auf dem Areal des Paul Scherrer Instituts (PSI) in Villigen AG heimlich eingelagert waren. Stefan Füglister, Atomspezialist von Greenpeace, staunt: «Das war Stoff für vier Atombomben». Er sagt zur «Schweiz am Sonntag»: «Die Schweiz war also 50 Jahre lang im Besitz von Atombombenmaterial. Andere Länder wären dafür sanktioniert worden.»

Das Plutonium stammte gemäss Bund aus der Zeit, als die Schweiz die Atombombe bauen wollte. Diese Pläne wurden offiziell 1988 aufgegeben. Der Bund bestreitet, dass die Aktion hätte geheim gehalten werden sollen. Es sei vorgesehen gewesen, den Bundesrat nächste Woche zu informieren. Wegen der Anfrage der «Schweiz am Sonntag» habe diese Information vorgezogen werden müssen.

Recherchen zeigen, dass die Fracht Ende Januar mit gepanzerten Speziallastwagen von Villigen AG Richtung Deutschland gebracht wurde, danach per Spezialschiff in die USA.

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24 Kommentare
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Die beliebtesten Kommentare
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JJ17
28.02.2016 05:13registriert August 2014
Ja wenn wir alles wüssten, was in der Schweiz noch so gelagert ist, würden wir wohl recht staunen!
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Flint
28.02.2016 04:19registriert März 2014
Spannender Bericht! Warum in die USA? Ist das sicherer als bei uns?
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Palatino
28.02.2016 09:13registriert Juli 2015
Teile der Wahrheit würden die Bevölkerung nur verunsichern.
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