Schweiz
Basel

AKW-Unfall: Im Ernstfall finden viele Basler keinen Platz im Bunker

AKW-Unfall: Im Ernstfall finden viele Basler keinen Platz im Bunker

Baselland ist zu mehr als 100 Prozent im Soll mit den Schutzräumlichkeiten. In der Stadt können im Falle einer Katastrophe – wie dem Austreten von Radioaktivität im AKW Fessenheim – nur rund 80 Prozent der Bevölkerung in Sicherheit gebracht werden.
20.04.2016, 09:1020.04.2016, 09:20
Peter Schenk / bz Basel
Mehr «Schweiz»
Private Schutzräume werden heutzutage vor allem als Ablageplätze verwendet.
Private Schutzräume werden heutzutage vor allem als Ablageplätze verwendet.
Bild: KEYSTONE

Der Kanton Basel-Stadt verfügt laut Marco Greiner, Infochef des Kantonalen Krisenstabs, derzeit über Schutzräume für 80 Prozent der ständigen Wohnbevölkerung. Im Baselbiet liegt der Deckungsgrad bei 116 Prozent. «Die Privaten verfügen über rund 270'000, die Gemeinden über 55'000 Schutzplätze. Somit steht der ständigen Wohnbevölkerung einer Gemeinde im bewohnten Haus oder in vertretbarer Distanz ein Schutzplatz zur Verfügung», teilt Marcus Müller, Leiter des Baselbieter Amtes für Militär und Bevölkerungsschutz, auf Anfrage der BZ mit.

Hintergrund war eine neue Einschätzung der nationalen französischen Überwachungskommission von Atomkraftwerken, die neu von einem Sicherheitsrayon von 80 Kilometer um das AKW Fessenheim ausgeht, was dazu führt, dass bei einem schweren Zwischenfall auch die Nordwestschweiz betroffen wäre. In der Region Basel müsste die Bevölkerung in Schutzräume evakuiert werden.

«Ausserhalb einer Kriegslage besteht jedoch keine Pflicht für eine sofortige Verfügbarkeit.»

Diese zu bauen und zu unterhalten, ist laut Müller in der Schweiz Pflicht: «Private bauen Schutzräume oder entrichten nach speziellen Kriterien einen Ersatzbeitrag. Gemeinden bauen öffentliche Schutzräume, wenn zu wenig private Schutzräume vorhanden sind. Beide Eigentümer sind zum Unterhalt der Schutzräume verpflichtet.»

Dabei liege es in der Eigenverantwortung der privaten Schutzraumbesitzer, dafür zu sorgen, dass der Bunker im Katastrophenfall auch wirklich bezogen werden kann – dazu gehöre auch ein Notvorrat und eine Notausrüstung.

Eine Einschätzung der nationalen französischen Überwachungskommission von Atomkraftwerken geht neu von einem Sicherheitsrayon von 80 Kilometer um das AKW Fessenheim aus, was dazu führt, dass bei  ...
Eine Einschätzung der nationalen französischen Überwachungskommission von Atomkraftwerken geht neu von einem Sicherheitsrayon von 80 Kilometer um das AKW Fessenheim aus, was dazu führt, dass bei einem schweren Zwischenfall auch die Nordwestschweiz betroffen wäre.
Bild: VINCENT KESSLER/REUTERS

Greiner wie Müller verweisen darauf, dass der Zustand der Schutzräume periodisch durch die Behörden kontrolliert wird. «Ausserhalb einer Kriegslage besteht jedoch keine Pflicht für eine sofortige Verfügbarkeit», präzisiert Greiner. Ziel sei es, den Bestand in Basel-Stadt laufend auszubauen, um auf die angestrebten 100 Prozent zu kommen. «Vor zirka drei Jahren lagen wir noch bei zirka 76 Prozent», betont er.

Bei einem schweren Unfall mit einem möglichen Austritt von Radioaktivität im AKW Fessenheim «hätten wir im Raum Basel mehrere Stunden für die Vorbereitung und Anordnung des geschützten Aufenthalts für die Bevölkerung», erklärt Müller. Zwischen dem Erkennen des Unfalls und dem Austritt von Radioaktivität in gefährdendem Ausmass würden mindestens sechs Stunden vergehen. «Wegen der Entfernung von Fessenheim würde es selbst bei ungünstigen Windverhältnissen im Schnitt noch rund 90 Minuten dauern, bis die radioaktive Wolke die Landesgrenze erreicht», fährt Müller fort.

Fenster schliessen

Jetzt auf

Generell gelte bei einem AKW-Unfall der Grundsatz, sich in einem inneren, fensterlosen Raum eines Hauses, im Keller oder im Schutzraum aufzuhalten, Fenster, Türen zu schliessen, Lüftungen abzuschalten und Lüftungsklappen zu schliessen.

Eine nachträgliche Evakuierung wird für Gebiete angeordnet, in denen die Bevölkerung längerfristig einer zu hohen Strahlenexposition ausgesetzt wäre», so Müller. Sie könnte also grundsätzlich beschlossen werden, bestätigt auch Greiner. «Die Kantone würden bei einem solchen Beschluss aber mitwirken», fährt er fort. Müller sagt das so: «Die Evakuierung wird vom Bundesrat angeordnet und von den Kantonen umgesetzt.» (bzbasel.ch)

Fukushima – Bilder aus der verbotenen Zone

1 / 16
Fukushima – Bilder aus der verbotenen Zone
Impressionen aus der Todeszone: Die Bilder erinnern an Aufnahmen aus der ukrainischen Geisterstadt Pripjat, die nach der Katastrophe von Tschernobyl evakuiert wurde.
quelle: kazuma obara / kazuma obara
Auf Facebook teilenAuf X teilen
DANKE FÜR DIE ♥
Würdest du gerne watson und unseren Journalismus unterstützen? Mehr erfahren
(Du wirst umgeleitet, um die Zahlung abzuschliessen.)
5 CHF
15 CHF
25 CHF
Anderer
twint icon
Oder unterstütze uns per Banküberweisung.
Das könnte dich auch noch interessieren:
5 Kommentare
Weil wir die Kommentar-Debatten weiterhin persönlich moderieren möchten, sehen wir uns gezwungen, die Kommentarfunktion 24 Stunden nach Publikation einer Story zu schliessen. Vielen Dank für dein Verständnis!
Die beliebtesten Kommentare
avatar
7immi
20.04.2016 10:10registriert April 2014
wie sieht es eigentlich aus, wenn flüchtlinge einquartiert sind? müssen die dann raus? oder dürfen wir nicht rein? hat man sich diesbezüglich gedanken gemacht? denn schutzräume wurden ja nicht zum spass gebaut...
317
Melden
Zum Kommentar
5
Ausgeweitete Strafuntersuchung nach Verkehrsunfall von Norman Gobbi

Die Tessiner Staatsanwaltschaft weitet die Strafuntersuchung im Nachgang zu einem Verkehrsunfall von Regierungsrat Norman Gobbi aus. Konkret wird die Strafuntersuchung gegen einen Polizisten sowie einen Gruppenleiter der Tessiner Kantonspolizei ausgeweitet.

Zur Story