Die Halle ist rappelvoll, ein Durchkommen nur mit quetschen und drücken möglich. Die Besucher fachsimpeln über Qualität und Bauart der Pistolen. Es sind vor allem Männer mit ergrauten Haaren und ein paar Pfunden zu viel auf den Rippen. Schnurrbärte sind keine Seltenheit. Sie sind nicht mehr die jüngsten, aber bei dem, was ihnen geboten wird, glitzern ihre Augen: Revolver, Pistolen, Maschinengewehre, Scharfschützengewehre, Äxte, Messer, Breitschwerter, Ninjaschwerter, Armbrüste, Bögen und allerlei andere Tötungswerkzeuge stehen an der Messe zum Verkauf und zum Bestaunen bereit.
Nur ganz wenige Frauen sind an der Messe, doch auch sie wirken interessiert und neugierig. Die Stimmung ist fröhlich und ausgelassen.
Kein Wunder bei den vielen Ständen. Mehr als hundert Verkäufer stellen ihre Ware zur Schau. Vom Profi-Waffenhändler bis zum Wilhelm-Tell-Double – es ist ein buntes Potpourri der Waffen. Wo sonst könnte man eine Mörsergranate anfassen? Wo sonst könnte man ein zwei Meter langes Gewehr bestaunen? Wo sonst könnte man eine echte Nazi-Binde für 260 Franken kaufen?
Ja, auch solche Sachen gibt es an der Waffensammelbörse in Luzern – und zwar ziemlich viel. Zwischen Pistolen und Granaten tummeln sich Nazi-Abzeichen, «Mein Kampf» in der Originalausgabe und eben besagte Nazi-Binde in leuchtendem Rot.
Fotos davon dürfen keine gemacht werden. Die Verkäufer wollen nicht in eine Schublade gesteckt werden und sehen sich sowieso nur als Sammler. Es sind nette Verkäufer, die ihre Objekte stolz präsentieren. Trotz seltener Nazi-Memorabilia ist das kostbarste Schmuckstück des Verkäufers ein Soldaten-Trinkbecher von 1907 – liebevoll umringt von kleinen Zinnsoldaten.
Ein Buchverkäufer erklärt voller Begeisterung seine Auswahl. Er zeigt seine Waffenbücher und Fahrzeuge, erklärt Abzeichen. Da drüben gehe es zum «braunen Sumpf», sagt er mit abwinkender Hand und meint damit seine zahlreichen Bücher über die Nazis.
Grund zur Besorgnis gibt es an einem anderen Ort. Bei einer Plauderei vor einem imposanten Scharfschützengewehr mutmassen zwei Männer über Sinn und Zweck einer solchen Waffe: «Natürlich wenn der Papst kommt», heisst es. Ob zum Schutz oder zum Angriff, bleibt offen.
Ähnlich problematisch ist eine Unterhaltung zwischen einem Verkäufer von hochprofessionellen Schutzmonturen und einem interessierten Besucher. Der Verkäufer meint, er schaue, dass jeweils nur die «richtigen» an diese modernen Schutzmontur kommen. Sonst sind am 1. Mai noch die falschen Personen geschützt, sagt er und tippt sich mit dem Finger auf den Pin am Revers – ein Schweizerkreuz. Die Person, mit der er redet, trägt einen Pegida-Pullover.
Beide sind besorgt über die aktuellen Verhandlungen zwischen der EU und der Schweiz. Sie haben Angst, dass sie ihre Waffen nicht mehr tragen dürfen, die Feinde aber schon. Aus diesem Grund schützen sie sich. «Schutz ist nicht verboten», sagt der Verkäufer, relativiert später dann aber, dass eine Schutzweste wohl wenig bringt, wenn ein Terrorist mit dem Auto in eine Menschenmenge rast.
Die Sorge um das Waffenverbot schleicht wie ein Gespenst durch die Halle. «Finger weg vom Schweizer Waffenrecht!», dieser Slogan hängt an vielen Ständen und zeigt die Furcht der Waffenliebhaber.
Die negativen Eindrücke hinterlassen zwar einen bitteren Nachgeschmack, bleiben aber in Minderzahl. Die meisten Besucher sind ohnehin mehr damit beschäftigt, die Waffen zu bestaunen, als über Politik zu sprechen. An der Bar – im Western-Style mit ausgestopften Bären – diskutiert eine Gruppe Männer über das Tagesprogramm. Sie wollen eine Pizza essen und später zurückkommen, wenn nicht mehr so viele Leute hier sind. So können sie wirklich alles entdecken. Es ist ein Ausflug unter Freunden. Manche gehen in den Europapark, andere halt an die Waffenmesse.
Neben Waffen werden allerlei andere Sachen angeboten: Pelze, Kleidung, Wärmekissen, Ohrenstöpsel, sogar Käse und Süssigkeiten findet man in der Messehalle in Luzern. Nach Luzern zu kommen war übrigens trotz stillgelegtem Bahnhof kein Problem.
Wie ein Maschinenwerk fahren Ersatzbusse und transportieren Pendler von Ort zu Ort. Als der Busschauffeur die Lage erklärt und abfährt, klatschen die Passagiere. Das Sturmgewehr gehört wohl zur Schweizer Tradition, diese kleine Geste bleibt aber das schwelgerischste an diesem Tag.