Zwei Tage nach dem Unglück des Schweizer Cars mit vier Toten und 13 Verletzten in Norwegen konnten die norwegischen Ermittler am Donnerstag erstmals den Chauffeur des Unglück-Cars einvernehmen. Doch offenbar erinnert er sich an nichts. Er habe ein vollständiges «Blackout» erlitten, sagte seine Anwältin Siw Bleikvassli zu «adressa.no». Er habe keine Erinnerung mehr an die Tragödie. Die Beamten hoffen nun auf Hinweise zum Unfallhergang im Tachograph.
Die Polizei dem Chauffeur unvorsichtiges Fahren vor. «Wir haben den Fahrer vorübergehend des unvorsichtigen Fahrens angeklagt», sagte der Einsatzleiter der Polizei von Nord-Trøndelag, Morten Evensen am Mittwoch der Nachrichtenagentur sda. Der Fahrer des Cars des Schweizer Reiseunternehmens Eurobus habe am Mittwoch aber erst kurz befragt werden können. Eine formelle Befragung habe noch nicht stattgefunden.
Beim Carunglück in Norwegen vom Dienstag sind eine 56-jährige Frau sowie zwei Männer im Alter von 72 und 78 Jahren gestorben. Einen Tag später ist ein weiterer Passagier seinen schweren Verletzungen erlegen. Bereits am Mittag hatte die Uniklinik den Zustand des 49-Jährigen als «sehr ernst» bezeichnet.
Eine als temporär bezeichnete Anklageerhebung sei in Norwegen das Standardvorgehen bei laufenden Ermittlungen. «Damit hat ein Beschuldigter das Recht auf einen Anwalt, ohne Anklageerhebung hat er dieses Recht nicht», sagte Evensen. Es könne sein, dass die Anklage nach Abschluss der Ermittlungen wieder fallen gelassen, abgeschwächt oder im Gegenteil verschärft werde.
Der deutsche Fahrer war beim Unfall am Dienstag schwer verletzt worden. Alle vier verstorbenen Passagiere waren Schweizer Bürger, wie der Leiter der Untersuchung, Kjetil Ravlo, sagte.
Die 13 weiteren Verletzten wurden ins Spital des näher gelegenen Namsos gefahren. Diese befanden sich auch am Mittwochmorgen gemäss Ravlo noch in Spitalpflege.
Später teilte das in Windisch im Kanton Aargau ansässige Reiseunternehmen Eurobus mit, dass einige Passagiere schon am Nachmittag mit der Rega und dem TCS in die Schweiz zurückgeflogen, werden würden. Wie viele Verletzte in die Schweiz zurückreisen werden, teilte Eurobus nicht mit.
Im Car der Firma Eurobus sassen nach Angaben des EDA 16 Passagiere – alle mit Schweizer Pass – sowie der Chauffeur. Die meisten Passagiere waren nach Angaben Ravlos zwischen 60 und 70 Jahre alt.
Der Car befand sich auf der Rückfahrt von einer zweiwöchigen Reise durch Norwegen. Er kam aus noch ungeklärter Ursache von der Strasse ab und landete im Strassengraben, eingequetscht zwischen der Strasse und einem Felsen, wie Aufnahmen der Bildagentur EPA zeigen. Der Car wurde dabei schwer beschädigt.
Mehrere Ermittler seien derzeit mit der Untersuchung beschäftigt, sagte Ravlo. «Wir ermitteln, ob es technische Gründe, zum Beispiel beim Bus, gab, oder ob der Unfall auf menschliches Versagen zurückzuführen ist, oder ob es ein Mix aus beidem war».
Zum Zeitpunkt des Unfalls habe gutes Wetter geherrscht. «Die Sonne hat geschienen.» Erste Erkenntnisse zur Unfallursache würden frühestens am Donnerstag vorliegen, sagte Ravlo weiter.
Der Unglücksbus wurde inzwischen abgeschleppt und von Experten untersucht. Nach Angaben des Bereichsleiters der Unfalluntersuchungsstelle, Rolf Mellum, ist die technische Untersuchung des Busses noch nicht abgeschlossen. Die Ermittler hoffen, dass sie neben dem Chauffeur am Mittwoch noch weitere Personen zum Unfallhergang befragen können, wie er gegenüber dem Onlineportal der norwegischen Zeitung «Verdens Gang» (VG) sagte.
Eine der möglichen Unfallursachen könnte gemäss Mellum der neue Asphaltbelag der Strasse sein. Norwegische Medien hatten zuvor berichtet, dass die Strasse im Ruf stehe, gefährlich zu sein. Der Leiter der Untersuchung, Ravlo, sagte dazu nur, dass auch der Zustand der Strasse Gegenstand der Untersuchung sei. (rar/aeg/sda)